„The Great Rotation“: Beginnt nun an den Aktienmärkten eine strukturelle Hausse?

Hans A. Bernecker Börsenbriefe GmbH
Veröffentlicht von Hans A. Bernecker Börsenbriefe GmbH am 06.02.2013
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Aktionärsbrief

Einiges spricht dafür, dass sich der Trend der letzten Jahre bald in die Gegenrichtung verkehrt: Vor dem Hintergrund einer befürchteten Wachstumsverlangsamung und einer Fiskalklippe in den USA, der Sorge vor einer harten Landung in China sowie der Eurokrise flüchteten Anleger aus Aktien in vermeintlich sichere Anlagealternativen wie Staatsanleihen. Seit einigen Monaten mehren sich allerdings die Anzeichen, dass nun eine Umschichtung erfolgen könnte: „The Great Rotation“.


Bereits seit einigen Wochen fließt wieder vermehrt Geld in die Aktienmärkte. Laut dem Fondsdatenanbieter EPFR konnten Aktienfonds in der ersten Woche des Jahres die höchsten Zuflüsse seit fünf Jahren verzeichnen. In den ersten vier Wochen des Jahres sind über 20 Mrd. $ in die Aktienmärkte geflossen. So eine Entwicklung in einem Vierwochen- Zeitraum gab es zuletzt im April 2000. Es gibt konkrete Muster, die auf eine baldige Umschichtung in die Aktienmärkte hindeuten:


1.) Der Renditezyklus am Bondmarkt. Die Renditen zehnjähriger US-Staatsanleihen vollziehen einen der stabilsten Zyklen, die an den Finanzmärkten überhaupt zu beobachten sind. Seit 1800 wechseln sich Renditehochs und -tiefs ungefähr in einem Rhythmus von 30 Jahren ab. Die Renditen von Anleihen der als sicher eingestuften Staaten sind seit 1981 stetig auf dem Rückzug. Trifft das Muster auch dieses Mal wieder zu, dürfte das Zinstief also bald erreicht sein.


2.) Auch Aktienmärkte bewegen sich in strukturellen Zyklen. Hausse- und Baissephasen dauern in der Regel 15 bis 20 Jahre. Demzufolge dürfte sich die seit dem Jahrtausendwechsel anhaltende Baisse mittlerweile in einem reiferen Stadium befi nden.


3.) Baissephasen an den Aktienmärkten werden von zurückgehenden Handelsvolumina begleitet. In der letzten Haussephase in den achtziger und neunziger Jahren sind die Volumina stetig angestiegen. Selbst als die Aktienindizes von ihren Allzeithochs Anfang des neuen Jahretausends schon wieder deutlich zurückgekommen waren, waren die Volumina noch weiter gestiegen. Erst 2006/2007 kamen sie nicht mehr weiter und gingen dann in einen Abwärtstrend über, der sich immer weiter beschleunigte. Untersuchungen der wichtigsten Wendepunkte an den Aktienmärkten im vergangenen Jahrhundert haben ergeben, dass die Volumina von ihren Höchstständen bis zum Ende einer strukturellen Baisse um bis zu 90 % einbrechen. Im aktuellen Zyklus hat das durchschnittliche Handelsvolumen an der NYSE seit 2007 um ca. 60 % nachgegeben.


4.) Die Stimmungslage verschlechtert sich in einer Baissephase stetig. Diese bestätigt im aktuellen Zyklus auch der „State Street Investor Confidence“-Index, der seit dem Jahrtausendwechsel per Saldo immer weiter verloren hat. Der Index erfasst die Transaktionen Tausender institutioneller Anleger wie Versicherungen, Pensionskassen und Investmentfonds. Seit dem Beginn der Baisse im Jahr 2000 haben die institutionellen Investoren ihre Portfolios immer defensiver ausgerichtet. Zudem haben Lebensversicherer ihre Aktienquote in diesem Zeitraum ständig reduziert.


Eigentlich eine perfekte Ausgangssituation, gäbe es da nicht auch einige Warnzeichen:


1.) Bisher ging jeder struktureller Hausse am Aktienmarkt ein zyklischer Bärenmarkt voraus, in dem die Handelsumsätze letztlich komplett ausgetrocknet sind, sozusagen als Signal des totalen Desinteresses der Anleger. Zwar sind die Volumina mittlerweile schon deutlich gesunken, allerdings steht die finale Kapitulation noch aus.


2.) Der US-Präsidentschafts-und Dekadenzyklus spricht gegen eine massive Erholung der Aktienkurse. Aktienmärkte zeigen sowohl vor und nach US-Präsidentschaftswahlen als auch innerhalb eines Jahrzehnts klare Muster. So liegt die statistische Wahrscheinlichkeit einer Korrektur von über 20 % in den beiden Jahren nach einer US-Präsidentschaftswahl bei bemerkenswerten 73 %. Zudem neigen Aktienmärkte in den ersten Jahren eines neuen Jahrzehnts zur Schwäche, während sie in der zweiten Hälfte einer Dekade eher haussieren.


3.) Die Aktienbewertung. Bisher fiel am US-Aktienmarkt das zyklisch adjustierte KGV vor wichtigen Trendwenden stets in den einstelligen Bereich. Gegenwärtig allerdings liegt es bei stolzen 21.


4.) Die optimistische Stimmung bei Privatanlegern. Laut der letzten Umfrage der „American Association of Individual Investors“ bezeichneten sich 53,7 % der Anleger als bullish. Eine so hohe Optimistenquote gab es zuletzt vor zwei Jahren.


5.) Überkaufte Marktsituation. Derzeit rangieren von sämtlichen an der NYSE gehandelten Aktien 80 % über ihrem 200-Tage-Durchschnitt, also so viele wie zuletzt Anfang 2011.


6.) Die US-Makrodaten. Der „Economic Surprise“-Index der Citibank, der die Zahl der positiven und negativen Überraschungen bei den US-Konjunkturdaten abbildet, ist kürzlich von einem hohen Niveau auf unter 0 gefallen. Die letzten Male ist das Ende April 2012 und Anfang Mai 2011 passiert. Danach hatten die Aktienmärkte jeweils heftige Abgaben zu verzeichnen.

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