Wunschanalyse: IVG Immobilien

Stephan Heibel
Veröffentlicht von Stephan Heibel am 07.03.2013
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Heibel-Ticker Börsenbrief

Mit „The Squaire", dem Bahnhof / Shopping-Zentrum und Bürogebäude vor dem Frankfurter Flughafen hat IVG Immobilien ein Prestige-Objekt, das ihr die Haare vom Kopf frisst. Zudem schlummern noch immer Altlasten von 2006 bis 2008 in der Bilanz, ein schlechtes Zeichen für das Management. Die Aktie entwickelt sich sprunghaft in beide Richtungen, das Risiko ist jedoch nach wie vor für mich zu groß bei diesem Unternehmen.


FUTURISTISCHE IMMOBILIE AM FRANKFURTER FLUGHAFEN


„The Squaire" heißt das Bahnhofsgebäude vor dem Frankfurter Flughafen, in dem neben unzähligen Büros auch ein Shopping-Zentrum sowie ein Hilton Hotel untergebracht ist. So richtig angebissen hat die Wirtschaft noch nicht, das Projekt kann seine Kosten kaum erwirtschaften. Daher möchte IVG Immobilien das Objekt für rund 800 Mio. Euro verkaufen.

Es ist der Elefant im Portfolio von IVG Immobilien. Vielleicht sind Sie ja schon einmal mit dem ICE am Frankfurter Flughafen angekommen. Man fühlt sich wie in der Zukunft, denn das in Stahl gekleidete Glasgebäude ohne Ecken erinnert an ein Raumschiff, das ganz selbstverständlich am Frankfurter Flughafen gelandet ist.

Es ist schwer, solche Mega-Projekte profitabel auszugestalten. Schauen Sie sich Stuttgart 21, die Elbphilharmonie oder den Berliner Flughafen an, wo jeweils die Finanzen aus dem Ruder laufen. Klar, es handelt sich um ein gutes Konzept und irgendwann könnte die Sache sich auch mal rechnen, doch in der Regel sind die Anlaufkosten viel höher als ursprünglich geplant, weil man erst nach vielen Jahren zu einer verlässlichen Auslastung kommt, die in Relation zu den Baukosten vernünftige Zahlen liefert.

The Squaire ist für IVG Immobilien ein Prestige-Objekt. Ein teures Prestige-Objekt. Und so harren Analysten bereits seit 2011 darauf, dass dieses Objekt endlich verkauft wird, damit man das eigentliche Geschäft von IVG bewerten kann, das unterm Strich zu einem höheren Bewertungsniveau führen könnte...

Doch zunächst sieht es nicht danach aus, als werde das bald geschehen, denn ...
 

KURSEINBRUCH VON 20% NACH KATASTROPHALEN ZAHLEN DIESE WOCHE


... denn am Mittwoch hat IVG ihre vorläufigen Zahlen für das Jahr 2012 bekanntgegeben. Noch vor wenigen Monaten war nach mehreren Verlustjahren ein zumindest ausgeglichenes Ergebnis in Aussicht gestellt worden. Völlig überraschend hat das Unternehmen nun Sonderaufwendungen in Höhe von 98,7 Mio. Euro geltend gemacht. Auf dem Unternehmen lasten noch immer Bewertungsprobleme aus den Jahren 2006 bis 2008, als im Rahmen der Immobilienblase in wertlose Projekte investiert wurde. Zudem hat das Unternehmen Anleihen ausgegeben, die eine Put-Option enthalten (Anleger können die Anleihe zu einem hohen Preis verkaufen). Daraus entstehen ebenfalls Verluste.

Die Bedienung der Anleihe werde ausgesetzt, sagt das Unternehmen weiter. Auf deutsch: Keine Zinszahlung für die Gläubiger im Jahr 2013. Wenn alles gut läuft wird das im Jahr 2014 nachgeholt.

Die Unternehmensmeldung spricht von einer planmäßigen Geschäftsentwicklung und stellt die angelaufenen Verluste als Einmalbelastung dar. 2013 werde das Geschäft nun aber wirklich auf Basis der bereinigten Bilanz ordentlich verlaufen können. Na, wollen wir's hoffen.

Die Anleger sind das Hoffen leid und trennen sich von der Aktie, der Kurs brach am heutigen Mittwoch um 20% ein.
 

HOHES RISIKO, GERINGE GLAUBWÜRDIGKEIT


Insgesamt hält IVG Immobilien im Wert von rund 5,7 Mrd. Euro, für einen viermal so großen Bestand wird die Verwaltung und Betreuung übernommen. Der Immobilienbestand wird mit derzeit 4,3 Mrd. Euro an Krediten finanziert, in meinen Augen eine zu hohe Finanzierungsquote. Diese hohe Finanzierungsquote führt dazu, dass Auf- und Abwertungen zu extremen Kurssprüngen führen.

Klar, wenn sich die Immobilienlandschaft verbessert, dann geht IVG Immobilien durch die Decke. Doch wenn ich mir die Immobilienlandschaft in meiner Umgebung (Hamburg) anschaue, dann weiß ich nicht, wie gut das noch werden muss, damit IVG endlich davon profitiert. Oder anders ausgedrückt: Fünf Jahre nach der Immobilienkrise hat es IVG noch immer nicht geschafft, die Altlasten abzuschütteln. Das spricht nicht gerade für ein gutes Management.

Aktionäre werden mit Versprechungen wie „Jetzt ist die Katze aber endgültig aus dem Sack" bei Laune gehalten, doch das wurde schon häufiger gesagt. Stimmt es dieses Mal? Ende 2011 gab es eine ähnlich kritische Situation für das Unternehmen, und es wurde ein Plan zur Profitabilität bis Ende 2012 vorgestellt, sowie die Rückführung der Schulden vorgerechnet. Weder wurde die schwarze Null erreicht, noch wurden die Schulden auch nur ansatzweise in dem Rahmen zurückgeführt, wie damals in Aussicht gestellt.

CEO Dr. Wolfgang Schäfers ist seit 2009 an Bord. Ausreichend Zeit, um das Ruder herumzureißen, würde ich sagen. Ende 2011 durfte er sich seine beiden Vorstandskollegen neu besetzen. Diese hatten nun ebenfalls ausreichend Zeit, die Ende 2011 aufgestellte vollmundige Versprechung der schwarzen Null für 2012 zu relativieren. Man wird nicht als Vorstand ins Unternehmen geholt, um sich langsam einzuarbeiten, sondern in diesen Positionen wird jemand geholt, der das Geschäft kennt und nach den berühmten 100 Tagen seine Linie durchsetzt.

Die Linie des aktuellen Managements gefällt mir nicht.
 

IST DER BODEN JETZT ERREICHT?


Wenn eine Aktie mit diesem Profil die Abstimmung zur Wunschanalyse gewinnt, dann nicht weil sie so toll ist und Sie darin einen Himmelsstürmer vermuten. Nein, vielmehr weiß ich aus der Korrespondenz, dass viele Anleger in dieser Aktie investiert sind und verunsichert nach einer neuen Verhaltensempfehlung suchen: Dabei bleiben und auf die Auferstehung hoffen oder einen schmerzhaften Schlussstrich ziehen?

Nun, die offiziellen 5,7 Mrd. Euro Immobilienbestand abzüglich der 4,3 Mrd. Euro an Krediten machen 1,4 Mrd. Euro. Weitere 400 Mio. Euro müssen wir von der Unternehmensanleihe abziehen, bleibt 1 Mrd. Euro. Die Marktkapitalisierung beträgt nur noch 380 Mio. Euro. Nach dieser Faustrechnung bleibt doch noch ein ganz schöner Gewinn, oder?

Nein, es ist bei Weitem nicht gegeben, dass die 5,7 Mrd. Euro an Immobilienwert auch erzielt werden können. Schon der sich hinziehende Verkauf von „The Squaire" zeigt, wie schwer es ist, diesen Wert zu realisieren. In dieser Situation kommt es nun auf das Management an: Wird es in der Lage sein, das Geschäft profitabel auszugestalten?

Nun, nach den bisherigen Leistungen habe ich meine Zweifel daran. Refinanzierungen sind notwendig. Je schlechter die Eigenkapitalausstattung, desto höher ist der Zins, der gezahlt werden muss. Die Verzögerung beim Verkauf von „The Squaire" führt also zusätzlich noch dazu, dass Refinanzierungen zu schlechteren Konditionen abgeschlossen werden müssen.

Und diese schwache Entwicklung vor dem Hintergrund des Niedrigzinses an den Märkten, der festen Immobilienpreise in Deutschland, der guten wirtschaftlichen Verfassung, ... ? Wenn das nicht reicht, um das Geschäftsmodell profitabel zu machen, dann weiß ich nicht, auf welches Wunder das Management noch wartet.
 

FAZIT: WENN SCHON BESTE RAHMENBEDINGUNGEN NICHT REICHEN, WAS DANN?


IVG Immobilien ist stark gehebelt und wirkt wie eine Option auf den Immobilienmarkt, das Zinsumfeld und insbesondere auf die geschäftliche Entwicklung bei IVG. Allerdings sind die Rahmenbedingungen bereits recht gut für IVG, sodass ich für die Zukunft mehr Risiken als Chancen sehe. Ich würde nicht in das Unternehmen investieren.
 
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