Starbucks in der Analyse

Stephan Heibel
Veröffentlicht von Stephan Heibel am 01.08.2013
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Heibel-Ticker Börsenbrief

Highflyer vs. Bottom-Fishing: Meine Vorschlagsliste für diese Wunschanalyse wurde von ein paar Sharewise-Mitgliedern kritisiert: Warum ich nun die Aktien besprechen wolle, die schon angestiegen sind. Warum nicht diejenigen vorstellen, die als nächstes abheben, wie beispielsweise, so der Kommentar, Brennstoffzellenanbieter.


INNOVATIONEN LOCKEN KUNDEN, GUTE ZAHLEN FOLGEN AUTOMATISCH

Meine Antwort: Die Brennstoffzelle wird kommen, entsprechende Aktien werden irgendwann mal abheben. Aber nicht heute und nicht diesen Monat und auch nicht in diesem Jahr. Ich habe bewusst Highflyer ausgewählt, weil wir auf den Herbst zulaufen. Im Herbst schauen institutionelle Anleger regelmäßig auf die Aktien, die bislang am besten gelaufen sind. Ende Oktober werden Fonds ihre Fondszusammensetzung veröffentlichen, Hedgefonds ebenso, und ihren Anlegern Rede und Antwort stehen, warum sie diesen „Looser" im Portfolio haben und warum sie jenen „Highflyer" eben nicht drin haben.

So schaut man sich im Sommer um, welche Aktien am besten gelaufen sind und kauft sie eben vor dem so wichtigen Termin 31. Oktober. Es ist daher häufig so, dass die Highflyer der ersten Jahreshälfte gerade im Herbst nochmals einen neuen Schub bekommen. Diesen Schub möchte ich mitnehmen, und dieser Schub ist viel leichter mitzunehmen als ein Turnaround oder eben ein Bottom-Fishing (Never catch a falling knife).
 

MEHR ALS EINFACH NUR DIE BESTEN ZAHLEN

CEO Howard Schultz trimmt das Unternehmen auf neue Innovationen und steigert durch hartes Kostenmanagement die Profitabilität. Kaffeehäuser werden es schwer haben, das rundum-Wohlfühlpaket von Starbucks anzubieten, und so rechtfertigt das Unternehmen mehr und mehr die hohen Kaffeepreise. Ein Wachstumsunternehmen mit steigendem Umsatzwachstum, steigender Gewinnmarge und entsprechend exponentiell steigendem Aktienkurs – doch ein Ende ist noch nicht in Sicht.

Klassenbester wird man nicht einfach, indem man härter arbeitet als alle anderen. In der Regel ist der Klassenbeste auch ein bisschen intelligenter als die meisten anderen. Er kennt ein paar mehr Hintergründe und hat häufig Betrachtungsweisen, für die es keine Noten gibt, die aber dennoch sehr hilfreich sind.

Starbucks hat am vergangenen Freitag die besten Zahlen der Branche vorgelegt. Der Quartalsgewinn lag mit 0,55 USD je Aktie um 28% höher als vor einem Jahr, Analysten hatten lediglich 0,53 USD/Aktie erwartet. Der Umsatz stieg um 13% auf 3,74 Mrd. USD, auch das lag über den Erwartungen der Analysten.

Die Zahl, die jedoch für positive Aufregung sorgte, war das Umsatzwachstum der bestehenden Filialen (same store growth). In der Restaurantbranche gelten 2-4% als erstrebenswert. Für Starbucks hatten Analysten die Messlatte sogar auf 6,1% Wachstum gelegt. Mit einem tatsächlichen Wachstum von 8% (in den USA sogar 9%) hat Starbucks gezeigt, dass die verschiedenen Initiativen der vergangenen Quartale nun endlich reichlich Früchte tragen.

Früchte, die nun geerntet werden können, ohne exorbitant hohe Investitionen stemmen zu müssen. Dies zeigt sich an der Gewinnmarge (EBIT), die auf 16,4% angestiegen ist. 5-8% Gewinnmarge sind üblich in der Branche, Starbucks hat hier erneut die Nase vorn. Und, was Analysten stets besonders freut, die Gewinnmarge wächst, während gleichzeitig der Umsatz wächst. Genau das definiert ein Wachstumsunternehmen und lässt auch für die folgenden Quartale gute Zahlen erwarten.

CEO Howard Schultz wünschte sich in der anschließenden Analystenkonferenz, dass man den Fokus stärker auf die inhaltlichen Änderungen in seinem Unternehmen werfe, anstatt bloß auf die Zahlen. Die Zahlen seien die logische Konsequenz der Initiativen, die in den vergangenen Quartalen gestartet wurden.
 

INNOVATIONEN: EVOLUTION FRESH, TEAVANA, LA BOULANGE



Als Kaffeehaus wurde Starbucks bekannt, doch das obige Umsatzwachstum lässt sich allein durch Kaffee nicht erzielen. Starbucks hat neue Produktkategorien für seine Shops entwickelt, die von den Kunden gut angenommen werden. La Boulange bietet frische Kuchen und Backwaren an, Teavana lockt auch Nicht-Kaffeetrinker in die Shops, indem stylisch aufbereitet verschiedene Teesorten angeboten werden. Und Evolution Fresh bietet eine Reihe frischer Säfte und Obst-Joghurt-Variationen an, die innovativ zusammengemischt werden.

Evolution Fresh Produkte werden bereits über Supermärkte verkauft. Da bei frischen Produkten die Logistik eine besonders kritische Rolle spielt lässt sich die Frische in großem Stil nur über die Masse kostengünstig umsetzen. Und so wird der Absatz dieser Produkte über Supermärkte gesteigert. Sollte dieses Pilotprojekt erfolgreich verlaufen, so sind auch weitere Kooperationen mit Supermärkten möglich, so CEO Schultz.
 

STRIKTES KOSTENMANAGEMENT

Starbucks Gründer und CEO Howard Schultz ist bekannt für seine effiziente Arbeitsweise, die er in den Konzern überträgt. So gibt es kurze Entscheidungswege und ein hartes Kostenmanagement. Der Kaffeepreis, der in den vergangenen Monaten kräftig gefallen ist, wurde laut Unternehmens nun für fast das gesamte Jahr 2014 festgeschrieben Das heißt, dass Starbucks heute schon feste Preise mit den Lieferanten für die Lieferungen bis fast Ende 2014 vereinbart oder aber sich entsprechend an der Terminbörse abgesichert hat.
 

PROBLEMREGIONEN EUROPA UND CHINA IM FOKUS

Berlin Zehlendorf, Teltower Damm: Die Starbucks-Filiale wird Anfang August geschlossen, so die kürzlich erschienene Hiobsbotschaft für junge Eltern und Jugendliche desjenigen Ortskerns, wo Ihr Autor aufgewachsen ist. Ich kann die Entscheidung nachvollziehen: „Sag mal, Onkel Stephan," sagte mir meine Nichte vor wenigen Jahren, als ich vorübergehend nochmals für ein Jahr dort wohnte, „hier sind ja nur alte Leute. Also wirklich nur!" Wir schoben uns gerade vor meiner Haustür an zwei Rollatoren vorbei.

„Europa hat im Q2 ein enttäuschendes Umsatzwachstum mit enttäuschender Gewinnmarge geliefert", sagte Howard Schultz in der Analystenkonferenz, „Du ich werde das Problem lösen." Ich selbst warte bei Zehlendorf schon seit zwanzig Jahren darauf, dass junge Leute diesen Ortsteil Berlins bevölkern ... vergeblich. Für Starbucks mag die Entscheidung, dort eine Filiale zu eröffnen, ebenfalls mit ein wenig Zukunftsvision verbunden gewesen sein. Nach den nunmehr schwachen Zahlen in Europa werden gescheiterte Visionen jedoch schnell korrigiert, die Filiale wird in den nächsten Tagen schließen.

CEO Howard Schultz hat diese Aussage auch anschließend im Fernsehen wiederholt. So lange ich ihn als CEO von Starbucks verfolge, hat er stets Wort gehalten. Wenn er explizit sagt, er werde das Problem in Europa lösen, dann dürfen wir spätestens zum Jahresende deutlich bessere Zahlen aus Europa erwarten. Wie schnell der Konzern agiert, können wir an diesem Beispiel sehen: Am Freitag machte Schultz seine Aussage, am heutigen Mittwoch sickerte die Entscheidung über die Schließung der Filiale Teltower Damm durch.

Ähnlich wird er sicherlich auch in China vorgehen, wobei dort weniger mit einer überalterten Bevölkerung zu kämpfen ist, als vielmehr mit den richtigen Wachstumsregionen. Doch bei der Geschwindigkeit, mit der unprofitable Geschäfte geschlossen werden, erwarte ich auch für China schon bald wieder eine positive Entwicklung. Es ist ja nicht so, dass China kein Potential hat oder kein Wachstum ausweist. China wird im Jahr 2014 mehr Starbucks-Filialen haben als die USA und ist damit noch lange nicht gesättigt.
 

VERNETZT & MOBIL

10% aller Bestellungen in den USA werden inzwischen über das Handy getätigt. Twitter und Facebook werden aktiv betreut, so dass sich Starbucks-Kunden als Fan gut informiert und als Teil eines elitären Clubs fühlen.

An den Tischen werden künftig Ladestationen für Handys integriert. Gemeinsam mit Google wird Starbucks seine Shops mit viel besseren WLAN-Zugängen ausrüsten als bisher.

Okay, der Kaffee bei Starbucks ist auch in meinen Augen nach wie vor unverschämt teuer. Der Preis steht in keinem Verhältnis zum Wasser, das mal kurz an Kaffeepulver vorbeigeführt wird. Aber wenn Sie einen gemütlichen Ort suchen, wo Sie mit Freunden oder Geschäftspartnern Plauschen können, während die Kinder spielen, Daddeln können, während ihr Handy auflädt, was gesundes zu Essen bekommen oder auch mal einen Teetrinker einladen können, dann müssen Sie schon eine Weile suchen, bis Sie etwas Vergleichbares finden.
 

BEWERTUNGSNIVEAU WIE KAFFEEPREIS: ZU TEUER, ABER JEDEN CENT WERT

Gleiches gilt für die Aktie, die derzeit auf einem KGV 14e von 27 notiert. Ein KGV von 27 für einen Kaffeeshop ist schon denkbar hoch, doch wenn wir uns das Umsatzwachstum von 13% anschauen, dann sieht das Bewertungsniveau schon fair aus. Sie wissen ja, dass ich bei Wachstumsunternehmen bereit bin, bis zu dem zweifachen der Wachstumsrate als KGV anzulegen.

Doch in der Regel nimmt man die Wachstumsrate des Gewinns, und der ist mit 28% deutlich schneller angestiegen als der Umsatz. Analysten wurden überrascht, und ich will hier keine Prognose riskieren, wie lange dieses überproportionale Gewinnwachstum gehalten werden kann. Schauen wir auf die Erwartungen der Analysten für die nächsten fünf Jahre, so sehen wir ein erwartetes Gewinnwachstum von 20% pro Jahr! Damit wäre also ein KGV von bis zu 40 in meinen Augen möglich.

In den vergangenen fünf Jahren hat Starbucks den Gewinn jährlich um durchschnittlich 31,5% gesteigert. Mit den hier vorgestellten Innovationen sowie den Wachstumsperspektiven in China und auch in den USA (dort hat Starbucks ebenfalls die Expansionsgeschwindigkeit angehoben) traue ich es CEO Schultz durchaus zu, die erwarteten 20% Gewinnwachstum noch das eine oder andere Mal zu übertreffen.
 

KURSENTWICKLUNG: TURBO GEZÜNDET

Seit März 2009 ist die Aktie von 8 auf 54 EUR gesprungen. Es gab eine Wachstumsdelle im vergangenen Jahr. Damals war das Wachstum der bestehenden Shops zum Erliegen gekommen, die Innovationen fraßen in den Gewinn und die Aktie fiel von 45 auf 35 Euro. Doch seit dem vergangenen Herbst hat die Aktie wieder angezogen und befindet sich nun wieder auf dem Wachstumspfad, der 2009 begonnen hatte.

Legen wir einmal ein KGV von 40 für den 2014 erwarteten Gewinn von 2,00 EUR/Aktie an, so ergibt sich ein maximaler Kurs (nicht Kursziel, da für den Anstieg zu diesem maximalen Kurs noch weitere makroökonomische Rahmenbedingungen passen müssen) von 80 Euro. Das sind immerhin noch 48% vom aktuellen Kursniveau.
 

FAZIT: Spekulation auf CEO Howard Schultz, Kursrücksetzer zum Kauf nutzen

Gründer und CEO Howard Schultz ist 60 Jahre alt. Das Unternehmen steht und fällt mit seiner Person, ähnlich wie Apple an Steve Jobs hing. Schultz ist noch jung genug und bringt ausreichend Begeisterung für sein Unternehmen mit, um es noch viele Jahre zu führen. Ich traue ihm durchaus zu, die hier angesprochenen Innovationen sowie auch „Problemlösungen" zur Freude der Investoren fortzuführen.

Nach den Quartalszahlen ist die Aktie von 51 auf 55 Euro gesprungen. Ich würde mit einem Kauf auf einen Rücksetzer unter 52 Euro warten. Als Kursziel würde ich nicht den maximalen Kurs (80 €, s.o.) ansetzen, sondern erst einmal auf einen Anstieg in Richtung 65 Euro bis zum nächsten Frühjahr setzen. Sollte Howard Schultz amtsmüde werden, so würde ich die Aktie sofort verkaufen.
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