Nordex - Der weltweit fünftgrößter Windradanbieter

Stephan Heibel
Veröffentlicht von Stephan Heibel am 07.04.2016
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Heibel-Ticker Börsenbrief

Die Übernahme der spanischen Acciona Windpower wurde zunächst von Anlegern begrüßt, inzwischen herrscht jedoch große Verunsicherung, die den Kurs drückt. In der vorliegenden Analyse durchleuchte ich das Unternehmen auf mögliche Risiken und komme zu dem Schluss, dass die Verunsicherung nicht gerechtfertigt ist.


KONZENTRATION AUF STANDARDGRÖSSE FÜR WINDTURBINEN

Der geniale Schachzug des Konzerns wurde bereits im Jahr 2011 beschlossen: Windräder werden nicht mehr individuell konfiguriert, sondern in wenigen Standardgrößen gefertigt und angeboten. Den Wettlauf um immer größere Turbinen machte Nordex nicht mehr mit, auch die individuellen Anforderungen je nach Gelände und Windverhältnissen schlug der Vorstand in den Wind. Fortan wurde nur eine Turbinengröße angeboten, die speziell für Schwachwindgegenden ausgelegt war und nach allen Regeln der Kunst optimiert wurde: Energieeffizienz, Kosten, Produktionszeit, Geräuschentwicklung, Wartung, ... und schon anderthalb Jahre später pustete Nordex mit seinem Windrad die Konkurrenz um.

Es folgte ein Siegeszug des Konzerns. Der Konzernumsatz sprang von 921 Mio. Euro im Jahr 2011 auf 2.430 Mio. Euro im abgelaufenen Jahr 2015. Die Mitarbeiterzahl ist in diesem Zeitraum lediglich um 19% angewachsen. 70% der Windanlagen werden exportiert, größter Einzelmarkt ist nach wie vor Deutschland. Inzwischen wurde das Turbinenangebot auf ein halbes Dutzend erweitert.
 

ÜBERNAHME DER SPANISCHEN ACCIONA WINDPOWER


In diesen Tagen wird die im Oktober vergangenen Jahres verkündete Übernahme des spanischen Wettbewerbers Acciona Windpower vollzogen. Die Wettbewerbsbehörden haben ihr Okay gegeben, und so floss nun der vereinbarte Kaufpreis.

Dieser bestand aus 366,4 Mio. Euro (abzgl. der aktuellen Netto-Finanzverbindlichkeiten) sowie 16.100.000 neuen Aktien zu einem rechnerischen Wert von 26 Euro das Stück, also 418,6 Mio. Euro. Insgesamt legt Nordex also 785 Mio. Euro auf den Tisch, im Gegenzug erhält die Muttergesellschaft von Acciona Windpower, die spanische Acciona S.A., 16,6% Anteile an Nordex. Nordex steigt durch die Übernahme zum weltweit fünftgrößten Windradanbieter auf.

Großaktionärin Susanne Klatten (von BMW bekannt) reduziert gleichzeitig ihren Anteil an Nordex und verkauft an Acciona, sodass Acciona am Ende mit 29,9% größter Anteilseigner an Nordex ist. Ich gehe davon aus, dass auch diese Transaktion zu einem Aktienkurs von um die 26 Euro vereinbart wurde.

Nordex wird also spanisch. Dennoch bleibt der Einfluss der Spanier begrenzt, in den kommenden fünf Jahren darf der Anteil nicht über 30% steigen, und es müssen stets mindestens zwei Drittel der Aufsichtsräte unabhängig von den Spaniern sein. Damit hat Nordex einen neuen Ankeraktionär, ohne jedoch das Ruder aus der Hand geben zu müssen. Zudem halte ich den für diese Transaktion zugrunde gelegten Aktienkurs für interessant (26 Euro), der Anlegern ein Hinweis darauf sein sollte, auf welchen Kurs sich die M&A-Expteren beider Seiten einigen konnten. Aktuell notiert die Aktie um 11% tiefer.
 

PERSONALKARUSSELL: NEUER CEO UND NEUER CFO


CEO Lars Bondo Krogsgaard ist noch nicht einmal ein Jahr im Amt. Die Übernahme der Acciona trägt seine Handschrift und katapultiert Nordex auf dem internationalen Markt deutlich nach vorn. Krogsgaard stammt aus Dänemark und arbeitete bis 2010 bei Siemens, bevor er zu Nordex wechselte. Seinem Vorgänger Jürgen Zeschky wird die fulminante Aufholjagd der vergangenen Jahre zugeschrieben, die auf Basis der Standardisierung und Vereinfachung der Produktpalette erfolgen konnte. Krogsgaard hingegen ist vertriebsorientiert und sucht nun neue Absatzmärkte und –kanäle, die er dem Unternehmen auch durch Übernahmen erschließt.

Zum Ende des laufenden Jahres hat CFO Bernard Schäferbarthold gekündigt, der erst 45-Jährige ist bereits neun Jahre aus diesem Posten, hat nun jedoch ein Angebot von Hella angenommen. Konsequent, würde ich sagen, denn wenn meine Vermutung stimmt, das Krogsgaard stärker auf dem M&A-Markt aktiv sein möchte, dann braucht Nordex einen CFO mit Erfahrung in diesem Bereich. Die Suche läuft.
 

KONSERVATIVE UNTERNEHMENSPROGNOSE ENTTÄUSCHT DIE ANLEGER


2015 haben Nordex und Acciona in Summe 3,4 Mrd. Euro umgesetzt. Bis 2018 solle der Umsatz auf 4,2-4,5 Mrd. ansteigen, also jährlich um 7-10%. Der Umsatz von Nordex ist nun vier Jahre in Folge mit über 20% angewachsen, im Jahr 2015 sogar um 40%. Da erscheint diese Prognose doch sehr konservativ.

Eine Dividende für das Rekordjahr 2015 möchte Nordex nicht ausschütten, sondern die liquiden Mittel lieber für die Finanzierung der Acciona-Übernahme verwenden. Grundsätzlich sei, so CFO Schäferbarthold, Nordex aber schon dividendenfähig. Eine erste Dividende stellte er dennoch erst für spätestens 2018 in Aussicht, sie soll dann 30-50% des freien Cashflows betragen.

Meine Einschätzung: Nordex ist heute schon dividendenfähig, will aber erst in drei Jahren erstmals eine Dividende ausschütten. Da ist dann aber eine Menge Sicherheitspolster in der Prognose vorhanden. So hält sich Nordex alle Optionen offen, sollte die Eingliederung der Spanier nicht so reibungslos vonstatten gehen, wie erhofft.

Dabei sind die Spanier heute schon sehr profitabel, die Gewinnmarge liegt bei 9%. Nordex wies 2015 nur eine Gewinnmarge von 7,5% aus, gedrückt durch eine Sonderbelastung für Qualitätsmängel bei Rotorblättern in Höhe von 40 Mio. Euro. Ohne diese Sonderbelastung läge die Gewinnmarge heute schon bei über 9%.
 

UNTERNEHMENSBEWERTUNG PASST SICH KONSERVATIVER PROGNOSE AN


Seit Bekanntgabe der Prognose ist die Aktie von Nordex von 27 auf 22 Euro eingebrochen. Analysten haben ihre Bewertungsmodelle angepasst und ein KGV 2017e von 14 erscheint für das in Aussicht gestellte Wachstum von 7-10% angemessen. Zudem gibt es noch keine Prognosen über Einsparungen bzw. Gewinnsteigerungen, die aus der Übernahme folgen sollen, womit sonst sollen Analysten also rechnen?

Aber schon an der Aussage des CFOs, Nordex sei heute schon „dividendenfähig", ist die gute Verfassung des Konzerns abzulesen. Entsprechend sehe ich seinen Hinweis, noch drei Jahre mit der Ausschüttung einer ersten Dividende zu warten, als eine Vorsichtsmaßnahme.

Das Auftragsbuch von Nordex ist gut gefüllt, auch die Auftragseingänge lassen keine besonders schweren Zeiten fürchten. Ich kann diese konservative Prognose des Unternehmens nicht nachvollziehen, außer eben mit der Begründung, ein Sicherheitspolster für die Ungewißheiten der Übernahme zu haben.

Sollte Nordex jedoch im laufenden Jahr keine besonderen Probleme bekommen und die vorhandenen Aufträge mit der verfügbaren Produktionskapazität regulär ausführen, so sollte das Wachstum auch 2016 wieder zweistellig ausfallen. Und dann sollte sich das aktuelle Bewertungsnvieau als zu niedrig herausstellen.

Sollte Nordex zudem noch ein paar Kosten einsparen können und somit die Gewinnmarge vielleicht in Richtung 10% bewegen, dann dürfte die Aktie durch die Decke gehen. Aber Vorsicht, bei diesem Punkt begeben wir uns auf dünnes Eis. Anders als für die zu erwartende Umsatzentwicklung, die wir aus dem Auftragsbuch ableiten können, gibt es für Einsparungen noch keine Hinweise.
 

KURSVERLAUF


Ich betrachte das Kursniveau von vor der konservativen Prognose als aussagekräftig, und das war bei 27 Euro. Alternativ können wir uns auch auf die Berechnungsgrundlage für die Übernahme beziehen, die lag bei 26 Euro. Nach der Bekanntgabe der Übernahme im vergangenen Oktober stieg die Aktie bis Dezember von 22 auf 33 Euro, am Markt wurde die Übernahme also zunächst freudig begrüßt.

Es folgte der Ausverkauf an den Finanzmärkten zum Jahresauftakt, die Aktie gab diese Gewinne wieder ab. Im Rahmen der Erholung seit Mitte Februar stieg Nordex wieder auf 27 Euro, um jedoch nach Veröffentlichung der Prognose erneut auf 22 Euro abzurutschen.

Diese Woche wurde nun die Übernahme vollzogen, es wurden 16,1 Mio. neue Aktien zu 26 Euro ausgegeben. Es würde mich wundern, wenn dieser Kurs am Markt nicht bald wieder erreicht wird.
 

FAZIT:


Da wird der Schalter auf Wachstum umgelegt, und Anleger begrüßen den Richtungswechsel zunächst freudig, um dann jedoch im Rahmen der konservativen Rhetorik verunsichert den Schwanz einzuziehen. Ich kann dieses Verhalten nicht ganz nachvollziehen. In meinen Augen haben wir hier eine gute Kaufgelegenheit, die vom Unternehmen selbst erzeugt wurde. Es gibt reichlich Luft für positive Überraschungen: bessere Umsatzentwicklung, Kosteneinsparungen und Margenverbesserung, frühere Dividende, ... doch die Aktie stürzt ab.

Spekulativ würde ich bei Nordex auf einen Kurs um 26 Euro binnen zwei bis drei Monaten setzen. Für den weiteren Verlauf dieses Jahres erwarte ich zusätzlich noch einige positive Überraschungen, die den Kurs auch wieder in Richtung 30 Euro drücken können. Das Risiko auf der anderen Seite sehe ich als überschaubar an, die Aktie ist nun bereits mehrfach bei 22 Euro aufgeprallt. Das Bewertungsvniveau ist fair und die Auftragsbücher gut gefüllt.
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