Intelligente Stromnetze sind eine der großen Herausforderungen der Zukunft

Hans A. Bernecker Börsenbriefe GmbH
Veröffentlicht von Hans A. Bernecker Börsenbriefe GmbH am 16.01.2013
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Aktionärsbrief

Der Energiewandel mischt die gesamte Branche gehörig durcheinander. Zusätzliche Dynamik bringt der deutsche Ausstieg aus der Atomenergie bis 2022 sowie der massive Zubau von Solar-und Windkraftwerken. Das stellt hohe Anforderungen an das auf der Angebotsseite bisher eher zentral organisierte Stromnetz. Physikalisch bedingt müssen in einem Stromnetz Angebot und Nachfrage immer zum Ausgleich gebracht werden, weil es ansonsten zusammenbrechen würde. Die Nachfrage kann bisher kaum geregelt werden. Zwar gibt es Verbrauchsschwankungen, die je nach Tageszeit, Wochentag oder Jahreszeit einkalkuliert werden können, aber eine exakte Prognose ist nicht möglich. Es obliegt also der Regelung des Stromangebots, um das Netz im Gleichgewicht zu halten. Das Problem: Wetter-und tageszeitabhängig schwankt die Stromproduktion aus Wind- und Sonnenenergie stark. In Deutschland greifen täglich die großen Versorger und Netzbetreiber ein, indem sie Reserven in Form von Kohle- oder Gaskraftwerken zuschalten. In Extremfällen erklären sich auch energieintensive Unternehmen vorübergehend bereit, ihre Nachfrage so lange zu drosseln, bis die Netzstabilität wieder hergestellt ist. Das alles ist sehr aufwändig und mit hohen Kosten verbunden.


Der Stellenwert von Nachfragern und Verbrauchern, die schnell ihr Angebot oder ihren Verbrauch anpassen können, wird in Zukunft deutlich steigen. Auf der Angebotsseite spielen hier insbesondere Pumpspeicher- und Gaskraftwerke eine Rolle. Bisher können diese als Reserve aber nicht profitabel betrieben werden, weil sie oft lange stillstehen und in ihren kurzen Betriebslaufzeiten nur einen kleinen Teil ihrer fixen und kaum ihre variablen Kosten verdienen können. In Deutschland werden solche Lösungen zudem frühestens dann rentabel sein, wenn die letzten Kernkraftwerke abgeschaltet worden sind, die bis heute ebenfalls noch als kostenintensive Kaltreserve vorgehalten werden.

Die intelligente Kopplung von Stromproduktion und -verbrauch ist die wichtigste Problemstellung für die Herausforderungen des Energiewandels. Hierzu gibt es bereits viele innovative Lösungsansätze. So haben z. B. die Stadtwerke Flensburg einen 30 MW-Elektrodenheizkessel gebaut, der in das Fernwärmenetz integriert worden ist. Gibt es von den im Umland reichlich vorhandenen Windkraftturbinen ein Überangebot von Strom aus Windenergie, wird damit der Kessel aufgeheizt. Ein damit gekoppeltes Heizkraftwerk kann währenddessen mit reduzierter Kraft gefahren werden, was natürlich Brennstoff spart. Gibt es dagegen ein Unterangebot von Windenergie und eine hohe Stromnachfrage, kann das Heizkraftwerk als Reserve genutzt werden.

Auch virtuelle Kraftwerke sind ein Lösungsansatz. Dabei handelt es sich um dezentral organisierte Stromhersteller und -abnehmer, die über eine Software zentral gesteuert und zusammengefasst werden, so, als handelte es sich um ein einziges großes Kraftwerk. Solche virtuellen Kraftwerke erfordern einen erheblichen IT-Aufwand, denn es müssen nicht nur angebotene und nachgefragte Strommengen zum Ausgleich gebracht, sondern auch Preis- und Steuerungsinformationen ausgetauscht werden. Solche innovativen Stromnetze werden „Smart Grids“ genannt.

Leider gibt es keine börsengehandelten Unternehmen, die sich ausschließlich im wachstumsträchtigen „Smart Grid“-Bereich tummeln. Bei allen ist es lediglich einer von mehreren Geschäftsbereichen. Eines der führenden Unternehmen rund um die Thematik moderne Stromnetze ist ABB. Die Schweizer hatten sich bezüglich Smart Grid im Jahr 2010 durch den Kauf des cashflowstarken Softwareherstellers Ventyx entscheidend verstärkt. Nicht allzu kurzfristig orientierten Anlegern hatten wir in den vergangenen Monaten ABB wegen der guten Marktstellung wiederholt zum Kauf empfohlen. Dabei bleibt es.

Andere große Unternehmen, die umfassende Lösungen im Bereich virtuelle Kraftwerke und Nachfragesteuerung anbieten, sind SIEMENS, SCHNEIDER ELECTRIC sowie HONEYWELL. WHIRLPOOL hingegen bietet Haushaltsgeräte an, die Smart-Grid-fähig sind. Das Schweizer Unternehmen HUBER & SUHNER liefert Glasfaseroptik-Lösungen zur Steuerung von intelligenten Stromnetzen. 

Auch Telekommunikationsunternehmen sind dafür prädestiniert, den Auf-und Ausbau von Smart Grids mit ihrer Technologie voranzutreiben. SWISSCOM z. B. will mit ihrer Tochter Swisscom Energy Solutions Wärmepumpen über ihr Telekomnetz zusammenschalten und steuern, um so ein virtuelles Kraftwerk aufzubauen. Die DEUTSCHE TELEKOM indes hat den gesamten Themenkomplex als richtungsweisend auf die Fahnen geschrieben. Unter anderem will man mit dem Kooperationspartner Itron Stromkunden-Lösungen zur Optimierung ihres Stromverbrauchs anbieten. 

Auch IT-Unternehmen haben vielfältige Berührungspunkte mit den intelligenten Stromnetzen der Zukunft. INFINEON etwa stellt spezielle Chips für dieses Einsatzgebiet her. CISCO produziert Router und Switches für Smart Grids, hat aber auch eine Energiemanagementplattform in seiner Produktpalette. Zur Steuerung von Smart Grids müssen große Datenmengen in Echtzeit verarbeitet werden. Hier kommen Datenbankspezialisten wie SAP und ORACLE ins Spiel. Steuersoftware für das Energiemanagement bieten aber auch so Schwergewichte wie MICROSOFT oder IBM an. Deutlich kleiner und sehr viel spezialisierter ist das US-Unternehmen DIGI INTERNATIONAL. Ebenfalls aus den USA kommt ENERNOC. Die Firma hat sich ganz dem Strom-Nachfragemanagement verschrieben. Bereits heute verwaltet man ein Portfolio von 85 Gigawatt Stromnachfrage, die sich auf 13.500 Verbrauchsorte verteilt. 

Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Aktionärsbrief

Lettertest Newsletter

Gratis Probeabos, Rabatt Couponaktionen
Newsletter Umschlag