Der Schulterschluss zwischen Netzwerkausrüstern eröffnet neue Potenziale

Hans A. Bernecker Börsenbriefe GmbH
Veröffentlicht von Hans A. Bernecker Börsenbriefe GmbH am 05.06.2013
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Aktionärsbrief

Bei Telekommunikationsunternehmen ist es gängige Praxis, die Aufträge für die benötigte technische Infrastruktur an mehrere Ausrüster zu vergeben. Die Vorteile liegen auf der Hand: Durch den Wettbewerb der Ausrüster untereinander befinden sich die „TelKos“ in einer besseren Verhandlungsposition und erhalten bessere Konditionen. Zudem ist es für den Fall von Lieferproblemen immer vorteilhaft, nicht auf einen einzigen Anbieter angewiesen zu sein, sondern auf andere ausweichen zu können. Nachteil: Die technische Infrastruktur der unterschiedlichen Hersteller muss untereinander vollständig kompatibel zu sein, um zuverlässig funktionieren zu können.


Mit der Standardisierungsinitiative einiger Netzwerkausrüster hat sich das Gefüge zuletzt aber signifikant verschoben. Ericsson, Huawei und Nokia Siemens Networks wollen zukünftig zusammenarbeiten, um die Technologie für den Einsatz bei Telekommunikationskonzernen zu vereinheitlichen und somit zu vereinfachen. Der Ansatzpunkt ist insbesondere die Software, die zur Unterstützung der Netze dient. Früher haben die TelKos diese Leistung selbst erbracht. Dem Vernehmen nach überlegen auch Alcatel-Lucent und ZTE, dem neuen Bündnis beizutreten. Sicherlich ist die Initiative der Ausrüster nicht nur aus Gründen der Kostensenkung und technischen Zuverlässigkeit erstrebenswert, sondern auch, weil der Einfl uss des Internets auch in Bereichen wie Telefonie und Fernsehen zunimmt und die technische Komplexität durch das sprunghaft ansteigende Datenvolumen ebenfalls steigt.


Die Standardisierungsinitiative der großen Netzwerkausrüster bietet auch kleineren Spezialisten neue Chancen. Diese standen nämlich bei der Abstimmung ihrer Produkte auf die bestehenden Systeme immer vor einer besonderen Herausforderung, weil viele Schnittstellen Eigenentwicklungen der Ausrüster sind. Bieten die großen Player aber nun auch kleineren Drittparteien eine Lizenzierung an, wird das den Markt insgesamt beleben.
 

Die Telekomkonzerne hätten indes einen Grund weniger, vor dem dringend notwendigen Ausbau der Breitbandnetze zurückzuschrecken. Natürlich sind die benötigten Investitionen in Netz und Technologie kostspielig, so dass die Zurückhaltung teilweise verständlich ist. Einen anderen Grund liefert aber nun auch eine Studie von A.T. Kearney, wo prognostiziert wird, dass der freie (und damit für Investitionen verfügbare) Cashflow der europäischen Telekommunikationsbranche von 44 Mrd. € im Jahre 2011 auf 23 Mrd. € im Jahre 2020 fallen könnte, und das, obwohl die Betreiber ständig um mehr Effizienz und neue Dienstleistungen in ihren Hochgeschwindigkeitsnetzen bemüht sind. Tatsächlich werden die Rahmenbedingungen für die Netzanbieter trotz des Siegeszuges des Internets immer schwieriger. Zum einen gibt es wachsende Konkurrenz durch Online-Gratisdienste. Zum anderen aber auch staatlich vorgegebene Tarifkürzungen in der EU sowie hohe Kosten für die Erneuerung von Lizenzen für die Nutzung von Frequenzen. Ein weiteres Problem ist die starke Fragmentierung des Marktes in Europa. Amerikanische oder asiatische Netzbetreiber haben es da sehr viel einfacher. 

Sicherlich wird der steigende Druck auf die Netzbetreiber den Ausrüstern in die Hände spielen. Insbesondere durch den steigenden Kostendruck wäre zunehmendes Outsourcing eine Option. Wenn nämlich Anbieter ihren Netzwerkbetrieb in separate Gesellschaften auslagern, dürften auch die Ausrüster ihren Stück vom Kuchen abbekommen. Welche Unternehmen könnten die Profiteure sein?
 

• ERICSSON (850 001; 9,16 €) ist einer der Aspiranten, die zuerst genannt werden müssen. Durch die enge Verbandelung mit dem Mobilfunkgeschäft hat man insbesondere in diesem Bereich technologische Vorteile. Die Schweden sind gut ins Jahr 2013 gestartet, wobei aber das Umsatzwachstum teilweise durch Währungseffekte und Restrukturierungskosten abgeschwächt wurde. Positiv ist auch, dass im Frühjahr die Trennung von dem defizitären Joint-Venture mit ST Microelectronics beschlossen wurde. Ericsson hat zudem die technologische als auch fi nanzielle Kapazität, sowohl der steigenden Konkurrenz durch die IT-Industrie als auch aus China etwas entgegenzusetzen. Einziges, aber nicht unwichtiges Manko für den Anleger: Mit einem KGV von 19 ist die Aktie mittlerweile recht teuer.
 

• CISCO SYSTEMS (878 841; 24,38 $) gehört ebenfalls zu den größten potenziellen Profiteuren. Die Kalifornier haben ihre Präsenz im Telekomsektor deutlich verstärkt. Zuletzt konnte man Aufträge von Telefónica, T-Mobile in Tschechien sowie Vodafone Hutchison einsammeln. Die technologische Kompetenz hat Cisco auch durch den Kauf der britischen Ubiquisys ausgebaut. Das Unternehmen ist im Geschäft mit „Femtozellen“ aktiv, mittels derer die Telekom-Konzerne hohe Datenvolumina in Mobilfunknetzen bewältigen können. Die Aktie ist mit einem KGV von 13 (um Barmittel bereinigt sogar nur 8,5) deutlich günstiger als die von Ericsson.

• ASCOM (885 933; 12,10 CHF) ist ein unabhängiger Anbieter von Lösungen für Mobilfunknetze. Hier erholt sich das Geschäft seit einiger Zeit wieder. Die Sparte Network Testing hatte unter einer Investitionszurückhaltung der Kunden gelitten. Die größere Sparte Wireless Solutions konnte dagegen wieder zulegen. Im gesamten Jahr 2013 rechnet man mit einem Wachstum des Konzernumsatzes von 5 %. Die Aktie hat in diesem Jahr bereits über 40 % zugelegt, aber dennoch ist das KGV mit 12 noch verhältnismäßig moderat.


• ALCATEL-LUCENT (873 102; 1,36 €) hat es weiter schwer. Im 1. Quartal haben die Franzosen erneut rote Zahlen geschrieben. Das Unternehmen wird durch Mittelabflüsse und den laufenden Konzernumbau belastet. Im Frühsommer soll eine neue Strategie vorgestellt werden. Kein Kauf!

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