Der griechische Tritt vor das europäische Schienbein schafft erneut und überraschend einen veränderten Rahmen für die Kapitalmärkte.

CURT L. SCHMITT Informationsdienste
Veröffentlicht von CURT L. SCHMITT Informationsdienste am 03.11.2011
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Frankfurter Börsenbrief

Der griechische Ministerpräsident Papandreou will das Schicksal Griechenlands in die Hände seines Volkes legen. Nun ist ein griechisches Referendum noch keine ausgemachte Sache, denn mit größerer Wahrscheinlichkeit kippt die Regierung Papandreou schon vorher, und es kommt zu Neuwahlen und letztlich einer Einheitsregierung.


 

Die griechische Opposition (die konservative Nea Dimokratia indes ist definitiv gegen den Volksentscheid). Dann wäre das Thema vom Tisch. Sollte es aber doch auf ein Referendum hinauslaufen, dann wäre die Gefahr hoch, dass das europäische Rettungsangebot ins Leere läuft und es letztlich doch zu einer ungeordenten Insolvenz Griechenlands kommt. Viele Aspekte sind damit verbunden, nicht nur die wahrscheinliche Insolvenzwelle bei griechischen Banken, ein zusätzlicher Abschreibungsbedarf bei privaten Banken und ein entsprechend höheres Misstrauen in der Bankenbranche sowie auch mögliche Verluste bei der EZB. Immerhin hat die EZB Forderungen gegenüber Athen und den griechischen Banken im Volumen von grob 140 Mrd. €, was gegen ein Eigenkapital der EZB von ca. 81 Mrd. € steht. Schlimmer:

Das private Kapital wird erneut auf Abstand geschickt.

Märkte brauchen ein gewisses Maß an Visibilität und Berechenbarkeit. Die mühsam errungenen Brüsseler Beschlüsse hätten zumindest eine Basis geliefert, auf die man hätte aufbauen können, auch wenn die Abarbeitung des Rettungsmechanismus‘ sicher ein mühsamer Prozess gewesen wäre. Nun aber ist dem Markt signalisiert worden, dass auch bei Ertrinkenden nicht voreilig unterstellt werden sollte, dass der gebotene Rettungsring auch ergriffen wird. Die natürliche Folge der Banken dürfte nun sein, die Umsetzung des Umtausches alter Anleihen in neue Papiere (inkl. des 50 %-igen Haircuts) nach hinten zu schieben und auch neues Kapital für die Problemländer insgesamt bestenfalls zurückhaltend und selektiv zur Verfügung zu stellen. Der Kickstart-Effekt durch die jüngsten BrüsselBeschlüsse wäre damit verpufft, bevor er wirklich zum Tragen hätte kommen können. Besonders brisant ist dies für den eigentlich schwierigen Fall in der Eurozone: Italien.

Italien kann sich einen Aufschub um 2 bis 3 Monate bis zu einem griechischen Referendum nicht leisten. 5-jährige italienische Staatsanleihen liegen nun mit über 6 % im Zinsniveau oberhalb der Hochs von Juli/ August. 10-jährige Papiere blicken mit aktuell etwa 6,25 % schon in Richtung der 7-%-Schwelle. Aus dem Markt war zu vernehmen, dass sich Käufer komplett verweigerten und der Markt damit (ohne Käufe der EZB) wohl mehr oder weniger illiquide geworden wäre. Für den mit einem Volumen von etwa 1.900 Mrd. € immerhin drittgrößten Anleihenmarkt auf unserem Planeten ist das eine höchst brisante Sensation. Natürlich ist die italienische Verschuldung in den Laufzeiten und dem jeweiligen Zinsniveau breit gefächert, und ein steigendes Zinsniveau betrifft die Neuverschuldung, wirkt somit also nur graduell. Jedoch wird die Finanzierung des Landes mit jedem höheren Punkt im Zinsniveau immer schwieriger und die Chance für frisches privates Kapitals damit auch immer niedriger. Ähnlich wie in Griechenland ist auch die italienische Politik überhaupt nicht zu greifen und einzuschätzen. Papandreou hat also nicht nur sein eigenes Land in Gefahr gebracht, sondern auch das Risiko erhöht, dass Italien zum eigentlichen Stolperstein der Eurokrise wird. Dann wäre letztlich wohl auch der gehebelte EFSF-Stützungsfonds nicht groß genug. 

 

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