Agrarmärkte und gesunde Ernährung als Anlagemöglichkeit

Stephan Heibel
Veröffentlicht von Stephan Heibel am 08.10.2009
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Heibel-Ticker Börsenbrief

Mit Indien und China als Schwellenländer steigen die Ansprüche der zwei am stärksten bevölkerten Länder unserer Erde an ihrer Ernährung. Wo gestern noch eine Schale Reis reichte, muss morgen ein Schnitzel oder eine Hähnchenkeule auf den Tisch. Und bis aus Reis eine Hähnchenkeule wird, braucht man viele Schälchen.


So einfach ist die Argumentation, der zufolge die Agrarwirtschaft vor einem fulminanten Aufschwung stehen soll.
Und nun, nachdem die Weltwirtschaftskrise abgewendet wurde, stehen die Vorzeichen für ansteigenden Wohlstand in den Schwellenländern wieder auf grün. Ich habe mir also die Quartalsergebnisse von Monsanto und Mosaic angesehen, um daraus Rückschlüsse auf das einzig international vertretene deutsche Unternehmen in diesem Segment ziehen zu können: K+S.

Doch je tiefer ich mich in diese Branche einarbeite, desto ferner rücken die Gewinnaussichten. Im Gegenteil, welches Unternehmen auch immer ich mir angesehen habe, ich halte ein Investment derzeit nicht für sinnvoll.

Hier kurz gefasst die Schlussfolgerungen, die ich aus den stichprobenartigen Informationen gezogen habe, die ich finden
konnte:

GETREIDE

Beginnen wir an der Basis: Die Getreidepreise befinden sich auf mehrjährigen Tiefstpreisen. Der Weizenpreis betrug im Frühjahr
2008 beispielsweise 13,00 USD/Scheffel, heute steht der Preis noch bei 4,70 USD/Scheffel. Ist nun ein Anstieg des Weizenpreises unabdingbar?

Nein, für die Preisentwicklung bei Getreide gelten ganz andere Gesetze als für die Preisentwicklung bei Aktien. Wurde zum Beispiel aufgrund der Ethanolverordnung in den USA vorübergehend nur noch Soja und Mais angebaut, so hat der dadurch gestiegene Weizenpreis viele Bauern wieder zurück zum Weizen geholt. Die Felder können recht einfach von einem zum anderen Getreide umgestellt werden und schups, schon ist Angebot und Nachfrage wieder im Gleichgewicht.

Bleibt das Problem, den ansteigenden Nahrungsmittelbedarf unserer Welt zu befriedigen. Aber ich habe den Eindruck, dass es sich bei Hungerproblemen eher um ein Allokationsproblem handelt, als um ein Produktionsproblem. Nur ein extremer Eingriff wie die Ethanolverordnung Präsident Bushs kann zu Preissprüngen auf den Getreidemärkten führen, die zu einer Preisverdreifachung führen.

Nicht einmal Dürreperioden oder Unwetterschäden haben jemals einen solchen preistreibenden Einfluss gehabt. Und so ist es kaum möglich auf künftige Preisentwicklungen auf den Getreidemärkten zu spekulieren – es sei denn man spekuliert anhand der Wetterentwicklung für einen kurzen Zeitraum weniger Wochen. Für meinen Geschmack ist der Getreidepreis daher für einen Anleger unattraktiv.


MONSANTO

Am Problem der Produktion arbeiten Monsanto, Syngenta und DuPont. Diese drei Giganten stellen weltweit Saatgut für Mais, Soja etc. zur Verfügung, mit dem die nächste Ernte vorbereitet wird. Das große Geschäft lockt für diese Unternehmen beim genmanipulierten Saatgut, das besonders widerstandsfähig gegen Unwetter und Ungeziefer ist. Darüber hinaus werden Pflanzenschutzmittel verkauft, die eine stabile Ernteerwartung sichern sollen.

Ich habe mir also Monsanto einmal angeschaut, denn Monsanto ist im Bereich der genmanipulierten Getreide führend. Das Quartalsergebnis von Monsanto, gestern vermeldet, war alles andere als gut: Der Gewinn betrug 2 Cents je Aktie, immerhin besser als der von Analysten erwartete Gewinn von einem Cent je Aktie. Doch unter Berücksichtigung von Restrukturierungsaufwendungen verzeichnete das Unternehmen einen Verlust von 43 Cents je Aktie. Vor einem Jahr betrug der Verlust 31 Cents je Aktie.

Der Umsatz ging von 2,05 auf 1,88 Mrd. USD zurück. Insbesondere der Umsatz mit Pflanzenschutzmitteln fiel heftig: Von 936 auf
778 Mio. USD.

Ready-Up heißt das Pflanzenschutzmittel von Monsanto. Ein Wundermittel, denn das Monsanto-Saatgut wird damit sehr wirksam gegen jegliches Ungeziefer geschützt. Eine stabile Ernte scheint damit gesichert zu sein und Landwirte zahlen einen hohen Preis dafür. Doch warum ist dann gerade der Umsatz bei diesem Pflanzenschutzmittel zurück gegangen?

Wenn Sie die Berichte über das Quartalsergebnis durchforsten, dann wird der Preiswettbewerb dafür verantwortlich gemacht.
Billige Konkurrenzprodukte würden in diesen Markt drängen und Marktanteil sowie Gewinnmarge von Ready-Up schmälern. Ich würde meinen, Monsanto ist groß genug, um einen ruinösen Wettbewerb durchzustehen. Doch es steckt noch etwas anderes dahinter:

Wenn Sie im Internet suchen werden Sie nicht wenige Seiten finden, die Ready-Up als Teufelszeug verfluchen. Insbesondere die Kombination von Monsanto Saatgut, und auch hier gibt es jede Menge Kritik, und Ready-Up ist in einer Weise erfolgt, die es anderen Marktteilnehmern fast unmöglich macht, in den Wettbewerb zu treten. Über Patente wird ein effektiver Wettbewerb ausgeschlossen, so der Vorwurf.

Der Vorwurf ist schon alt, doch inzwischen hat die amerikanische Wettbewerbsbehörde ein Auge auf diese Branche geworfen und für Anfang 2010 eine umfangreiche Untersuchung angekündigt. Wird hier etwa in der Landwirtschaft mit Wettbewerbsmethoden gespielt, die wir bislang nur von Microsoft kannten? Nun, bis ich hierzu eine verlässliche Antwort von der US-Wettbewerbsbehörde bekommen habe, werde ich die Finger von Monsanto lassen.


MOSAIC

Bereits am Dienstag hat der Düngemittelhersteller Mosaic seine Quartalszahlen vermeldet. Umsatzeinbruch von 66% im Jahresvergleich, der Gewinn fiel mit 0,23 USD/Aktie dramatisch geringer aus, als die von Analysten erwarteten 0,35 USD/Aktie.
Und wie schon beim Pflanzenschutz ist der Düngemittelumsatz auf einem absteigenden Ast. Wenn ich mir die Branche so anschaue dann beschleicht mich der Verdacht, dass die explosiven Kursentwicklungen vor zwei Jahren aufgrund der Ethanol- Verordnung und der anschließend hoch kochenden weltweiten Hungersnot (aufgrund von Allokationsproblemen!) ein einmaliges Ereignis waren.

Wie wir alle aus der Feuerzangenbowle wissen, war es Friedrich der Große, der sagte: „Wer es fertigbringt, zwei Halme wachsen zu lassen, wo bisher nur ein Halm wächst, ist größer als der größte Feldherr.“ Doch heute finden wir die Feldherren auf dem Acker und statt Liebe zur Natur kommen immer fragwürdigere Waffen – ähem Methoden zur Anwendung. Vielleicht erleben wir hier eine Trendwende im Ackerbau, eine Gegenbewegung, auf die ich weiter unten noch eingehen werde.

Doch zunächst schauen wir uns einmal das andere Ende der Nahrungskette an:


YUM BRANDS

Kentucky schreit (xxx)icken (KFC) ist jedem ein Begriff. Auch die Pizza Hut ist in Deutschland weit verbreitet. Yum Brands hat diese Woche ebenfalls sein Quartalsergebnis verkündet und mit 0,70 USD/Aktie Gewinn die Erwartungen der Analysten um 12 Cents übertroffen. Gigantisch, würde ich sagen!

Wachstum findet das Unternehmen in China, dort werden nun auch Kleinstädte mit Pizza Huts und KFCs ausgestattet. Zusätzlich möchte man die Fast-Food Ketten auch zum Verkauf von Frühstück ummodeln, und am liebsten würde man auch eine ausgiebige „tee-time“ an den Mann bringen. Wachstumsfantasie gibt es also genug.

Doch was glauben Sie, wie die Aktien von Mosaic auf den um 12 Cents schlechteren Gewinn und die Aktie von Yum auf den um 12 Cents besseren Gewinn als erwartet reagiert haben? Nun, Mosaic ist um 8% angestiegen, Yum brach um 2,5% ein.

Eigentlich würden wir das Gegenteil erwarten: Yum war besser als erwartet und sollte daher steigen, Mosaic hingegen hat enttäuscht und sollte deshalb fallen. Doch Anleger schauen in die Zukunft. Und da sehen Anleger, dass Yum zwar 12 Cents mehr verdient hat als erwartet, aber die Prognose für das Jahr nur um 8 Cents angehoben hat. Das heißt, dass es sich um einen einmaligen, außergewöhnlichen Gewinn handelt, der sich wohl nicht wiederholen lässt. Schade.

Bei Mosaic wurde hingegen auf erkennbare Stabilisierungstendenzen im Markt verwiesen, so dass man für das Jahr 2010 von steigenden Düngemittelpreisen ausgehe. Nun, da haben Anleger dem Unternehmen alles verziehen.

Doch allein, mir fehlt der Glaube. Und wenn Sie sich die jüngsten Aktivitäten von K+S anschauen, dann werden auch Sie zweifeln:


K+S

Erinnern Sie sich: K+S war der Highflyer des Jahres 2007 und 2008. Das Unternehmen schaffte es sogar in den DAX! K steht für die Grundsubstanz von Düngemitteln: Kali. Und S steht für Salz. Mir ist keine Salz-Knappheit bekannt und so gehe ich davon aus, dass das Geschäft mit dem Salz stabil, lukrativ aber langweilig ist. Mehr Feuer gab’s beim Kali, denn das hat immerhin für den Kurssprung bei K+S gesorgt.

Das Geld, das K+S durch die Düngemittelhausse verdient hat, wurde inzwischen in den Ausbau des Geschäfts gesteckt: Es wurde ein Unternehmen zugekauft. Doch es wurde nicht etwa ein K-Unternehmen gekauft, sondern vielmehr ein S-Unternehmen: Mit Morton Salt wurde ein lukratives amerikanisches Salz-Unternehmen zugekauft und K+S ist dadurch von Platz drei auf Platz eins der Salz-Unternehmen aufgerückt.

Offensichtlich schätzt das Unternehmen, das sich bestens im Kali-Markt auskennen sollte, die Chancen im Salz-Markt als lukrativer ein. Doch das Bewertungsniveau von K+S beruht auf einer Wachstumsfantasie, die wir nur aus der Kali-Branche kennen. Das KGV beträgt aktuell 35, auch auf Basis der Schätzungen für das nächste Jahr beträgt das KGV noch 13. Gleichzeitig ist die Verschuldung des Unternehmens von fast Null auf knapp 1,5 Mrd. Euro gesprungen: Die Übernahme war teuer.

Wenn ich also auf den Bedarf von Düngemitteln für die Landwirtschaft spekulieren möchte, dann sollte ich mich nicht an K+S wenden.


GRUNDSÄTZLICHE ÜBERLEGUNG

Kann es sein, dass der ganze Markt an den Bedürfnissen der neuen, jüngeren Generation vorbei fährt? Schauen Sie sich einmal an den Unis um: Die Studenten essen nicht mehr tonnenweise Döner und Big Macs, immer häufiger sehen Sie kleine Schälchen mit Salat, mitgebrachte Vollkornbrote und ähnliches.

Oder achten Sie einmal im Supermarkt auf die wachsenden Stellflächen, die Bio-Produkte einnehmen: Sowohl Bio, als auch regionale Produkte haben Hochkonjunktur. Und es sind nicht die kaufkräftigen 50-60 Jährigen, die vor diesen Ständen stehen, sondern es sind die jungen Leute, die sich jeden Kauf
buchstäblich vom Munde absparen müssen.

Ich wohne in Hamburg direkt um die Ecke von einem der beiden berühmtesten Biomärkte in Deutschland: Dem Isemarkt. Jeden Dienstag und Freitag schieben sich Massen über diesen Markt mit braunen Äpfeln und faulen Bananen, kleinen Salatköpfen und kümmerlichen Zucchinis. Das soll jetzt nicht abwertend klingen, denn auch ich zahle inzwischen liebend gerne den hohen Preis für diese Produkte, bevor ich mir einen auf Hochglanz polierten Apfel oder eine knackgrüne Banane aus dem Supermarktregal hole.

Kann es also sein, dass eine Generation heran wächst, die viel bewusster auf die Dinge achtet, die sie zu sich nimmt? Und vor dem eingangs beschriebenen Hintergrund, dass wir weltweit genug Nahrung haben, jedoch das Allokationsproblem nicht in den Griff bekommen, ist der Anspruch dieser jungen Generation gar nicht ungerechtfertigt.

Die Lösung der Ernährungsprobleme liegt im sinnvollen Umgang mit der Nahrung, nicht jedoch im „immer mehr auf immer kleinerer Fläche“ produzieren.

Bislang kenne ich nur eine Aktie, die darauf abzielt: Whole Foods Markets. Ich hatte die Aktie vor Jahren schon einmal in meiner Beobachtungsliste. Das Unternehmen verfügt über eine gesunde Bilanz, wächst trotz Krise, notiert allerdings auf einem KGV von unglaublichen 48 – also leider zu teuer zum empfehlen.

Es fällt mir schwer auf den Schwenk zum Gesundheitsfutter bei McDonalds zu springen, obwohl das Unternehmen mit einem KGV von 14 günstig bewertet ist und die volle China-Fantasie mitbringt.

Marks & Spencers habe ich in London zu schätzen gelernt. Mit einem KGV von 13 ist auch dieses Unternehmen günstig und die Bilanz sieht ordentlich aus – der hohe Schuldenstand kann durch den hohen Cashflow locker bedient werden, stimmt mich aber nicht gerade glücklich. Immerhin bietet das Unternehmen eine Dividendenrendite von 4,3%.

Vielleicht kennen Sie ja noch entsprechende Unternehmen, die schon an der Börse gelistet sind. Ich freue mich auf Ihre Vorschläge.
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