Zahlenflut und Managemententscheidungen

Stephan Heibel
Veröffentlicht von Stephan Heibel am 19.07.2012
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Heibel-Ticker Börsenbrief

Über die abgelaufene Woche müsste man ein Buch herausgeben, um alles Wesentliche kurz aufzulisten. Wir müssen uns daher auf ein paar exemplarische Beispiele konzentrieren, die den allgemeinen Trend am besten wiedergeben. Heidelberger Druckmaschinen und EMC haben die Reihen ihres Managements neu sortiert. In Kapitel 05 finden Sie alles Wichtige dazu. Zudem hat Yahoo! einen neuen CEO verpflichtet: Marissa Mayer.


YAHOO! ERHÄLT NEUEN CEO: MARISSA MAYER


Mayer ist eine 37-jährige Frau und im siebten Monat schwanger. In den USA ist das kein Hindernis, ich erinnere mich an meine Zeit in den USA, damals erschien eine frisch gebackene Mutter selbstverständlich fünf Tage nach der Geburt wieder am Arbeitsplatz, an dem sie bis zum Tag der Geburt die Stellung gehalten hatte. Solche Dinge gehen leider nicht in die Auswertungen ein, wenn Statistiker das Land mit den "besten Lebensbedingungen" suchen.

Am Montag wurde bekanntgegeben, dass Mayer ab Dienstag den CEO-Posten übernehme. Nicht viel Zeit für Anleger, sich mit der Frau vertraut zu machen. Doch die Informationen, die verfügbar waren, reichen aus, um Vertrauen zu schaffen: Mayer hat nach ihrem Studium in Stanford 13 Jahre bei Google gearbeitet, Mitarbeiterin Nr. 20, und war dort verantwortlich für schlichte Gestaltung der Suchmaske von Google sowie in weiten Teilen für Google Maps.

Yahoo! hat noch immer hervorragende Inhalte und eine große, treue Kundschaft. Ihr Autor verlässt sich noch immer weitgehend auf Yahoo! Finance, wenn es um die Analyse von US-Unternehmen geht. Und das, obwohl Yahoo! Finance in seiner Struktur in den letzten 10 Jahren kaum verändert wurde. In dieser Zeit haben unzählige andere Dienste versucht, Yahoo! das Wasser abzugraben, erfolglos.

Doch trotz des hervorragenden Angebots gelingt es Yahoo! immer weniger, die treue Kundschaft in Geld umzuwandeln. Dicke Banner auf der Seite schrecken die Leser ab und mindern die Performance.

Performance und Informationsgehalt bestimmen über den Erfolg, Werbung ist sodann das notwendige Übel zum Geld verdienen. Marissa Mayer hat sich insbesondere damit einen Namen gemacht, sich auf das Wesentliche konzentrieren zu können. Ich gebe ihr gute Chancen, auch bei Yahoo! mit entsprechenden Änderungen einen positiven Erfolg zu erzielen.
 

GOOGLE ERZIELT REKORDGEWINN MIT WENIGER KLICKS


Gestern Abend berichtete Google Quartalszahlen. Umsatz stieg, bereinigt um die Motorola-Zahlen, um 21% und der Gewinn sprang gar um 30% an. Grund für den Gewinnanstieg sind nicht etwas höhere Klickpreise aufgrund der hohen Nachfrage, sondern im Gegenteil, niedrigere Klickpreise (-16%) bei einer extrem angestiegenen Klickrate (+42%). Ihr Autor hat nach dieser Meldung sein Google-Adwords-Budget sofort hochgesetzt :-) Mehr Reichweite für weniger Geld.

Aus der Sicht von Google ist das jedoch nicht so prickelnd. Der "Wert" eines Klicks kann im Internet ziemlich genau berechnet werden. Mit Hilfe von Tracking lässt sich über einen längeren Zeitraum zeigen, ob sich die Werbung lohnt oder nicht.

Bei AdWords war dies stets eine einfache, lineare Rechnung. Bei Bannerwerbung, die zunehmend einen größeren Anteil an den Einnahmen von Google einnehmen, gilt stets auch noch ein wenig Imagewerbung als zugehörig, was den Preis über die linear berechenbare Größe schnellen lässt. Hier zeigt es sich derzeit, dass Werbende nicht mehr bereit sind, so hohe Aufschläge zu zahlen.

Davon abgesehen, gehe ich davon aus, dass weniger als die Hälfte der Werbetreibenden ihre Auswertungen im Griff haben. Ihr Autor verwendet viel Zeit darauf, seinen kleinen Laden im Blick zu behalten, und ich weiß aus Gesprächen mit befreundeten Wettbewerbern, dass ich damit eine Ausnahme bin. Auch Online wird trotz der theoretischen Berechenbarkeit meist die Entscheidung aus dem Bauch heraus getroffen.

Wenn wir uns dann noch den Erfolg, na besser gesagt Misserfolg von Facebook anschauen, dann wird offensichtlich, dass die Preise für Online-Werbung vielleicht ihren Zenit überschritten haben. Yahoo! kann sich nicht mehr durch seine Domain, die Bannerwerbung, finanzieren. Google leidet unter Preisverfall bei seiner Textwerbung AdWords und Facebook findet keinen Weg, die mobilen Plattformen zu Geld zu machen.

Mein Fazit: Facebook war die größte Betrügerei der Wallstreet in den vergangenen 10 Jahren, da würde ich nicht einsteigen. Google notiert heute mit 3% im Plus, das ist eine Gelegenheit, um sich dort zu verabschieden. Allerdings ist die Aktie bereinigt um ihre Barposition mit einem KGV 12e von 11 extrem günstig bewertet, so dass es keine Dringlichkeit für einen Verkauf gibt. Yahoo! ist am Boden und hat neue Hoffnung durch Marissa Mayer. Es ist mir jedoch zu früh für eine Spekulation, da die neue CEO noch keine Referenzen in Sachen Unternehmensleitung aufweisen kann. Derzeit gibt es attraktivere Aktien.
 

COCA-COLA BESTICHT DURCH GUTES MANAGEMENT


Während Pepsi über gestiegene Rohstoffkosten und schwächelndes Wachstum in den BRICs klagt, während gleichzeitig Währungseffekte dem Gewinn zusetzen (vor dem Hintergrund des starken US-Dollars sind die im US-Ausland erzielten Gewinne gerechnet in US-Dollar kleiner), hat Coca-Cola gezeigt, dass man durch gutes Management solche Probleme umgehen kann.

Es wäre schon herausragend gewesen, wenn Coca-Cola Quartalszahlen gemeldet hätte, die im Rahmen der Erwartungen liegen. Doch Umsatz und Gewinn überstiegen die Erwartungen und den eigenen Plan. Im Einzelnen wurden die Problembereiche angesprochen:

In den vergangenen Wochen mehren sich die Anzeichen, dass das fulminante Wachstum der BRICs (die Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien und China) nachlasse. Coca-Cola gab bekannt, dass gerade die BRICs mit den größten Wachstumsraten aufwarten konnten.

Deutschland und Japan, zwei reife Märkte, in denen es nur noch Verteilungskämpfe über Preiswettbewerb gibt und die vor dem Hintergrund der aktuell dunklen Konjunkturwolken Grund zur Sorge waren, wiesen ebenfalls überraschend gute Zahlen aus, sodass man hier nur von Problemen des Wettbewerbers Pepsi ausgehen kann. Coca-Cola erkämpft sich also aggressiv Marktanteile.

Der starke US-Dollar wird gehedged, also abgesichert. Große Konzerne haben ein Budget für Währungsabsicherungen, damit die Gewinnentwicklung verlässlicher kalkulierbar ist. Für diese Verlässlichkeit wird bezahlt, denn Absicherungsgeschäfte kosten Geld (es sei denn man ist eine Bank und zockt). Coca-Cola hat die Kosten der Absicherungsgeschäfte frühzeitig kommuniziert, und so ist es nun eine Erleichterung, dass die Absicherungen aufgegangen sind. Viele andere Firmen versuchen die Kosten gering zu halten und sind dann überrascht, wenn dennoch Währungsverluste auftreten.

Rohstoffkosten: Getreide und Öl sind die Hauptrohstoffe für Coca-Cola in der Produktion und der Logistik. Der Rückgang der Rohstoffpreise im zweiten Quartal führte zu einem Gewinnsprung, der zwar zu erwarten war, den aber dennoch die wenigsten Analysten eingerechnet hatten. Aus Vorsicht? Oder waren die Analysten durch die makroökonomischen Vorgänge abgelenkt, Vorgänge wie die Euro-Schuldenkrise oder das US-Defizit und ähnliches?

Die Zahlen von Coca-Cola zeigen, dass man Unternehmen und ihre Aktien falsch einschätzt, wenn man sich nur auf die Schuldenkrise, eine mögliche harte Landung in China und die US-Präsidentschaftswahlen kümmert. Es lohnt sich, ab und zu die Unternehmen selbst anzuschauen.
 

Trend der Quartalszahlen: Profitabilitätssteigerung


Wenn wir uns die weiteren Quartalsergebnisse anschauen, IBM, Honeywell, Alcoa, ..., dann zeichnet sich ein eindeutiger Trend ab: Unternehmen kämpfen mit Umsatzrückgängen, weisen aber gleichzeitig Rekordgewinne aus. Sie haben ihre Kosten im Griff. Wenig Personal, daher die nach wie vor hohe Arbeitslosenquote in den USA, und gutes Management. Trotz aller Turbulenzen und Krisen oder gerade wegen? bleiben Aktien von gut geführten Unternehmen eine der besten Anlagemöglichkeiten für Ihr Geld.

WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES


Mit einem Wochenplus von 5,3% schießt der DAX den Vogel ab! Es gibt kein Halten mehr, insbesondere nachdem auch hierzulande einige positive Quartalszahlen, z.B. SAP in der Vorwoche, für Vertrauen gesorgt haben. Zudem verliefen die jüngsten Anleiheauktionen in Italien und Spanien relativ glimpflich, und mit der gestern beschlossenen Geldspritze für die spanischen Banken ist der baldige Kollaps des Euro-Systems wieder ein kleines bisschen unwahrscheinlicher geworden.

Die Credit Suisse hat sich 15 Mrd. Euro frisches Eigenkapital über die Märkte besorgt. Zu einem hohen Preis für die Altaktionäre, doch immerhin konnte das notwendige Kapital eingesammelt werden, und der Vorgang zeigt, dass die Kapitalmärkte alles andere als ausgetrocknet sind. Für den richtigen Weg aus der Krise, Stärkung des Eigenkapitals, gibt es offensichtlich ausreichend Geld.

Bernanke hat diese Woche wiederholt, dass er bereit stehe, die Kapitalmärkte mit liquiden Mitteln zu versorgen, sofern dies nötig werde. Das ist eine altbekannte Formulierung, die nichts aussagt. Doch im aktuellen Umfeld hatte man befürchtet, dass Bernanke die Gefahren einer abflauenden Wirtschaft in den USA übersehen könnte und daher eben nicht bereit sei, mehr Geld in die Hand zu nehmen. So führten seine Aussagen vor dem US-Kongress zu einer Rallye an den Börsen.

Insbesondere auch die Rohstoffmärkte zogen wieder an, das Öl stieg um knapp 7% und der Kupferpreis um 3%. Schauen wir einmal, wie sich diese Entwicklung auf die Stimmung bei den Anlegern auswirkt:\n

SENTIMENTDATEN


Analysten
Empfehlungen (Anzahl Empfehlungen):

Kaufen / Verkaufen
29.06.- 06.07. (189): 49% / 15%
06.07.- 13.07. (214): 47% / 18%
13.07.- 20.07. (256): 54% / 21%

Kaufempfehlungen der Analysten
Ericsson, BASF, Rio Tinto

Verkaufsempfehlungen der Analysten
Nokia, Statoil AstraZeneca

Privatanleger
27. KW: 54% Bullen (166 Stimmen)
28. KW: 54% Bullen (135 Stimmen)
29. KW: 57% Bullen (151 Stimmen)

Kaufempfehlungen der Privatanleger
Alcatel-Lucent, BNP Paribas, BMW

Verkaufsempfehlungen der Privatanleger
Centrotherm, Technicolor, SMA Solar

Die Sentiment-Daten wurden in Zusammenarbeit mit Sharewise erstellt: 
http://www.sharewise.com?heibel 

 

TOP ANALYSTENZIELE

Sie wollen wissen, was die Analysten im Einzelnen für Aussagen treffen und wo sie die größten Chancen sehen? Ich habe für Sie ab sofort jede Woche eine Übersicht der Analysen mit den höchsten Kurszielen ausgearbeitet. Die Liste zeigt ganz einfach an, wo das aktuelle Kursziel des Analysten prozentual am meisten über dem aktuellen Kurs liegt:



Es handelt sich um Analysen aus dieser Woche. Bitte genießen Sie diese Übersicht mit Vorsicht. Sie wissen ja, dass häufig auch ein Eigeninteresse des Analysten für eine rosa Brille sorgen kann, weshalb Analysteneinschätzungen tendenziell optimistischer ausfallen als es die Realität anschließend erlauben würde. Aber die Übersicht gibt einen Eindruck darüber, wo die Erwartungen mit dem aktuellen Kurs am weitesten auseinander liegen. Wer letztlich Recht haben wird, der Analyst oder die Anleger, die den Kurs machen, ist in jedem Einzelfall individuell zu beurteilen.


Im nächsten Kapitel bespreche ich zwei weitere Unternehmen, die Schuldenkrise, China-Schwäche und US-Defizitproblemen widerstehen können. Es gibt sie, die Unternehmen, die den Krisen zum Trotz ihren Anlegern Freude machen.
 
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