Wunschanalyse: Magna Intl. kauft Opel

Stephan Heibel
Veröffentlicht von Stephan Heibel am 15.06.2009
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Heibel-Ticker Börsenbrief

Die Bundesregierung hat dem kanadisch-österreichischen Zulieferer Magna den Zuschlag für Opel gegeben. Bis Ende Juli müssen nun die Einzelheiten ausgearbeitet werden, erst dann ist die Übernahme perfekt. Bis dahin kann es also noch passieren, dass plötzlich ein anderer Bieter mit einem attraktiveren Gebot den Zuschlag erhält.


Derzeit jedoch sieht es informierten Kreisen zufolge danach aus, als werde Magna die Vertragsverhandlungen erfolgreich zum Abschluss bringen. Ich frage mich jedoch, warum hier immer wieder Magna als Käufer genannt wird, denn den Löwenanteil wird die russische Sberbank kaufen. Diese würde 35% der Opel-Anteile erhalten. Magna erhält nur 20%, weitere 35% verbleiben in der Hand von General Motors und die verbleibenden 10% würden an die Bundesregierung fallen.

Da haben wir nun also unterschiedlichste Interessen, die unter einen Hut gebracht werden müssen. Magna hat eine Idee, Sberbank hat Geld und einen Markt, die Bundesregierung stellt Auflagen und letztlich entscheiden wird General Motors, denn der insolventen US-Firma gehört Opel noch immer.

AUFLAGEN DER BUNDESREGIERUNG

Die Bundesregierung, hier vor allem Wirtschaftsminister zu Guttenberg und unsere Kanzlerin, sowie auch Müntefering, wollen in erster Linie Arbeitsplätze retten. Im Herbst sind Bundestagswahlen und eine empor schießende Arbeitslosenquote käme den regierenden Parteien sehr ungelegen.

Lassen Sie mich ein paar Worte über die Auseinandersetzung um zu Guttenbergs Drohung, Opel auch in die Insolvenz zu schicken, sagen: Wenn jemand „verhandeln“ möchte, so braucht er eine gute Verhandlungsposition. Die Verhandlungsposition der Bundesregierung war denkbar schlecht, da es offensichtlich ist, dass die 25.000 Arbeitsplätze von Opel gerettet werden sollten, wenn irgend möglich. Eine Insolvenz würde nicht nur diese Arbeitsplätze gefährden, sondern auch eine ganze Reihe von Zulieferern, die von Opel abhängen. Es war also ein Leichtes für die Bieter, der Bundesregierung finanzielle Unterstützung abzuverlangen, wenn nach der Übernahme Arbeitsplätze erhalten bleiben sollten.

Also musste zu Guttenberg für die Verhandlungen glaubhaft vertreten, dass auch eine Insolvenz möglich ist. Andernfalls würden die Bieter ihre Forderungen in die Höhe jubeln und wir Steuerzahler würden am Ende die Zeche zahlen. In meinen Augen war also die Kritik an zu Guttenberg und selbst von der Kanzlerin reiner Wahlkampf.

Nun, dem aktuellen Konzept zufolge werden die Standorte von Opel in Deutschland erhalten bleiben, um ein paar Stellenstreichungen kommt Opel aber nicht herum.

MAGNAS IDEE VON DER FLEXIBLEN PRODUKTION

Magna beschäftigt weltweit 75.000 Mitarbeiter und produziert als Automobilzulieferer eine ganze Reihe von Komponenten: Sitze, Innenverkleidungen, Chassis, Elektronikteile wie Fensterheber, Schiebedächer, Scheiben und vieles mehr. In ihren Fabriken kann Magna in kurzer Zeit von Zubehör für General Motors auf Zubehörteile für Ford umstellen. Die Fabriken sind flexibel und können die unterschiedlichsten Autohersteller bedienen.

Darüber hinaus baut Manga auch heute schon ganze Autos: Bei Graz wird das G-Modell von Mercedes Benz gebaut. Die G-Klasse ist so ziemlich das Edelste was es aus dem Hause Daimler gibt und die Auslagerung der Fertigung an einen Dienstleister ist in meinen Augen schon ein großer Vertrauensbeweis.

So hat Magna die Idee, die Fabriken von Opel dahingehend flexibler zu gestalten, dass auch andere Autos darin gebaut werden können. Auftragsarbeiten sollen also die eigenen Absatzprobleme überbrücken helfen. Dadurch könnten Kosten gesenkt und eine bessere Wettbewerbsfähigkeit erzielt werden.

In Kanada hat Magna gemeinsam mit Ford ein Elektroauto entwickelt. Nun hat Magna vor, in drei Jahren ein eigenes Elektroauto auf den Markt zu bringen, produziert in Kanada. Das Know-how von Opel wird bei diesem Projekt sicherlich eine wichtige Rolle spielen.

ERSCHLIEßUNG DES OSTENS DURCH SBERBANK

Die russische Sberbank hält 60% der Einlagen der Russen und ist damit sicherlich eine der größten Banken im Land. Russland hat seit vielen Jahren immer wieder die Wichtigkeit von drei Märkten in den Vordergrund gestellt: Öl, Gas und Autos! Beim Öl und Gas ist Russland inzwischen weltweit führend vertreten. Mit den Autos hat es bislang noch nicht so gut geklappt.

Der Hersteller der früheren Staatsfahrzeuge, GAZ, hat sich inzwischen auf die Produktion von LKWs spezialisiert. Eine neue Fabrik, die in Zusammenarbeit mit Chrysler gebaut wurde und jährlich 180.000 Sebrings produzieren sollte, steht derzeit fast ungenutzt herum: Die russische Version des Sebring war ein Flop.

Wenn nun also die größte russische Bank 30% der Anteile an Opel erwirbt, dann geschieht dies mit Sicherheit unter dem wohlwollenden Blick Putins. Und wenngleich heute noch kein direkter Bezug zwischen GAZ und der Sberbank besteht, so ist doch absehbar, dass die moderne Fabrik einmal für den Bau russischer Opel genutzt wird. Opel hat heute schon eine gute Präsenz auf dem russischen Markt. Der Name ist bekannt und ein russischer Opel ließe sich leicht verkaufen.

DIE ENTSCHEIDUNG FÄLLT IN DEN USA

General Motors ist inzwischen insolvent, dennoch gehört Opel zu General Motors. Über einen Verkauf von Opel besteht zwar Einigkeit, den Zuschlag wird General Motors aber erst noch geben müssen. Da General Motors inzwischen dem Insolvenzrecht untersteht, wird eine solche Entscheidung aller Voraussicht nach von Obama getroffen werden.

Erste Auflagen sind schon bekannt geworden: Magna wird keinen Opel in den USA verkaufen dürfen! Das ist natürlich ein Schlag ins Gesicht für die Globalisierungsideen Magnas. Bleibt neben Europa wohl in erster Linie wirklich nur Russland.

MAGNA MIT SAUBERER BILANZ

Magna hat die Autokrise rechtzeitig kommen sehen und fuhr seine Schulden zurück. Dank der flexiblen Produktionsstätten kann Magna auch in diesen schweren Zeiten Aufträge zur Produktion annehmen, denn viele Hersteller sowie Zulieferer, die Kapazitätsprobleme haben, können die Fabriken von Magna nutzen. So kommt es, dass Magna 1,75 Mrd. USD Barmittel in der Bilanz ausweist, dem stehen lediglich Schulden in Höhe von 410 Mio. USD gegenüber.

Der Umsatz ist jedoch auch bei Magna eingebrochen: Mit -46% liegt Magna da durchaus im Branchentrend. 20 Mrd. USD Umsatz werden mit einer Marktkapitalisierung von nur 4,5 Mrd. USD bewertet. In Zeiten, in denen Verluste eingefahren werden, so wie derzeit, ist das natürlich wenig aussagekräftig. Wenn die Autoindustrie jedoch wieder anzieht und die Gewinnmarge auch nur ein ganz klein wenig steigt, dann wird sich dies sofort extrem positiv in der Bilanz von Magna auswirken.

Der Umsatzeinbruch ist nach Einschätzung von Analysten jedoch nur kurzfristig, schon im nächsten Jahr soll sich der Umsatz den Erwartungen nach wieder verdoppeln. Langfristig geht man von einem Wachstum von 10% p.a. aus. Hier spielt das Elektroauto von Magna noch gar keine Rolle, auch Opel ist in diesen Prognosen nicht enthalten.

In Krisenzeiten schaut man als erstes auf eine Kennziffer: Die frei verfügbare Liquidität. Bei Magna bleiben am Ende des Jahres 220 Mio. USD übrig, so dass auch etwaige Umstrukturierungen oder Übernahmekosten gut geschultert werden könnten.

Somit gehört Magna in meinen Augen zu den Gewinnern der Krise. Das Unternehmen hat ein sehr breit gefächertes Know-how, ein gutes Management und nunmehr die Möglichkeit mit der Opel-Übernahme zu einem Automobilhersteller zu avancieren. Die notwendigen finanziellen Mittel sind vorhanden und mit der Sberbank ist ein weiterer finanzkräftiger Partner gefunden, der zusätzlich sogar noch einen großen Absatzmarkt mitbringt.

KURSVERLAUF

Die Aktie ist von 100 USD vor anderthalb Jahren auf 20 USD im März eingebrochen. Die nun erfolgte Gegenbewegung auf 40 USD ist in meinen Augen nichts weiter als der Ausgleich der Übertreibung nach unten.

Bei einer Stabilisierung der Automärkte würde ich mit einer weiteren Erholung der Aktie bis auf ca. 55 USD rechnen, denn dort stand die Aktie im vergangenen Herbst kurz vor der Lehman Pleite, die zu der Übertreibung an den Aktienmärkten führte.

Opel werde, so das Magna-Management, in drei Jahren profitabel. Somit ist Magna keine langfristig solide und sichere Anlage. Kurzfristig würde ich es eher als eine Spekulation betrachten, die Opel-Übernahme wird einige positive Impulse geben.

FAZIT

Die Bilanz ist sauber, Magna verfügt über die notwendigen liquiden mittel, um die Opel-Eingliederung zu bewerkstelligen. Die neue Konzernstruktur ist in meinen Augen sehr sinnvoll, doch wird es einige Jahres dauern, bis Magna Geld verdienen kann. Bis dahin wird die Aktie sehr volatil bleiben. Langfristig wird sich jedoch erst noch zeigen müssen, ob die verschiedenen Kulturen unter einem Dach ein gutes Auto werden bauen können.

Ich sehe in Magna daher lediglich eine kurzfristige, dafür aber sehr chancenreiche, Spekulation.
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