WTI vs. Brent: Wetten, dass?

Weimer Media Group GmbH
Veröffentlicht von Weimer Media Group GmbH am 15.03.2011
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

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An den internationalen Ölmärkten ging es zuletzt turbulent zu. Die Unruhen in Nordafrika und dem Nahen Osten sorgten teilweise für Preiskapriolen. Im Januar und Februar verstärkte sich zudem ein eher untypisches Phänomen bei den wichtigen Referenzölen WTI und Brent: Letzteres baute seinen Preisaufschlag gegenüber WTI deutlich aus. Für Spekulanten eine interessante Situation, die getreu dem Motto „Wetten, dass sich der Spread wieder merklich verkleinert?“ Begehrlichkeiten weckte. Eine deutliche Verkleinerung des Preisabstandes scheint ausge- machte Sache zu sein, offen ist jedoch der Zeitpunkt. Entsprechend spekulativ ist eine solche Wette.


 

Die Preise der beiden wichtigen Referenzöle West Texas Intermediate (WTI) aus den USA und dem aus der Nordsee stammenden Brent (Mischung verschiedener Ölsorten der Nordsee), entwickeln sich tendenziell gleich. Das US-Öl kostet dabei normalerweise mehr als Brent, weil es etwas schwefelärmer, daher leichter zu verarbeiten und somit lukrativer ist, wie der Blick in die Vergangenheit zeigt (siehe Grafik: WTI vs. Brent seit 2000). Allerdings fiel die Differenz (Spread) nicht immer gleich groß aus, manchmal notierte WTI sogar unter dem Kurs von Brent. Fundamentale Gründe, vor allem das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage bei den jeweiligen Ölsorten, sind dafür verantwortlich. Die Situation bei WTI hängt dabei maßgeblich von der Entwicklung der US-Konjunktur und somit der heimischen Nachfrage ab. Bei Brent spielt indes die weltweite konjunkturelle Lage die Hauptrolle. In den vergangenen fünf Jahren schlug das Pendel beim Spread dabei immer häufiger zu Gunsten von Brent aus. Ein besonders großer Aufschlag gegenüber WTI zeigte sich im Februar 2009. In absoluten Zahlen kostete Brent seinerzeit fast 12 US-Dollar oder rund 26% mehr. Die riesige Differenz, die aus einer deutlichen Übertreibung nach unten bei WTI herrührte, wurde aber binnen zwei Wochen schnell wieder abgebaut. Anschließend wechselten sich die beiden Ölsorten dann bezüglich eines Aufschlages zur jeweils anderen Sorte munter ab.

Volle US-Läger

Seit April 2010 ist Brent jedoch kontinuierlich teurer als WTI (siehe Grafik: WTI vs. Brent seit 2010), was eine ungewöhnlich lange Zeit ist. Seit Ende 2010 zeigte sich dabei eine sich ausweitende Tendenz mit dem vorläufigen Höhepunkt im Februar 2011. Hier kostete Brent in der Spitze rund 19 US-Dollar oder über 18% mehr. Die Gründe heute wie 2009 sind ähnlich. 2009 waren die Öl-Läger in den USA prall gefüllt, weil viele Ölraffinerien ihre Produktion wegen der Konjunkturflaute in den USA deutlich drosselten. In Europa stiegen die Vorräte indes weniger stark, weil die weltweite Nachfrage vergleichsweise weniger kräftig einbrach als in den USA. Heute, 2011, sind die Läger in den USA ebenfalls voll. Vor allem am wichtigen Öl-Umschlagplatz und Auslieferungsort für WTI, der Kleinstadt Cushing im US-Bundesstaat Oklahoma. Hier lagen die Vorräte Mitte Februar nur knapp unter dem Rekordwert von Ende Januar. In Cushing, wo mehrere Pipelines aufeinander treffen, verstärkt zudem eine neue Ölleitung das Überangebot. Hinzu kamen saisonale Wartungsarbeiten in den Raffinerien des Mittleren Westens der USA, was den Bedarf schmälerte. Um das Öl loszuwerden, akzeptierten die Verkäufer daher niedrige Preise, was WTI somit drückte. Bei Brent schürten indes die anhaltenden politischen Unruhen in Nordafrika und im Nahen Osten Sorgen vor Lieferbeeinträchtigungen. Insbesondere im Blick stand die Lage in Ägypten, die Befürchtungen nährte, dass der Suezkanal als wichtige Verkehrsader für Öl aus dem arabischen Raum geschlossen werden könnte.

Terminkurven

Ende Februar kamen dann die Unruhen in Libyen hinzu. Die beiden Ölsorten bekamen Rückenwind, und WTI holte zum Brent etwas auf. Aktuell (Ende Februar) liegt der Spread bei etwa 14 US-Dollar oder 12,5%. Damit ist der Preisunterschied nach wie vor hoch, was allerdings nicht dauerhaft der Fall sein dürfte. Entsprechend bieten sich hier eventuell Investmentansätze auf eine Annäherung an. Dafür sprechen könnten auch die Terminkurven (siehe Grafik: Terminkurven WTI und Brent). Hier zeigt sich bei WTI eine steigende Tendenz (Contango). Bei Brent ist unterdessen eine fallende Kurve (Backwardation) zu sehen, wenngleich sie deutlich weniger stark abfällt als die von WTI steigt.

Fazit:

Eine Spekulation auf eine Spread-Einengung angesichts des derzeit so hohen Aufschlags von Brent gegenüber WTI scheint plausibel. Der Haken ist, dass nur schwer abzuschätzen ist, wann sich die Preise wieder annähern. Entsprechend spekulativ ist eine solche Wette. Investoren, die es dennoch wagen und auf eine baldige Annäherung setzen, können dabei einerseits auf Alphaoder SpreadZertifikate zurückgreifen. Hierbei zu beachten sind die jeweils zugrunde liegenden Fälligkeitsmonate, eventuelle Knock-outBarrieren und auch relativ magere maximale Renditen. Denkbar ist andererseits, bei WTI long und gleichzeitig bei Brent short zu gehen. Zur Verfügung stehen dem Anleger bei dieser Strategie unbegrenzt laufende Zertifikate und Exchange Traded Commodities. Aber Achtung: Dauert die Einengung des Spreads länger, sind bei Long-Produkten auf WTI wegen der aktuellen Contango-Situation sowie bei Short-Produkten auf Brent wegen der Backwardation-Situation Rollverluste möglich. Gegebenenfalls sind daher Zertifikate mit Laufzeitbegrenzung in Erwägung zu ziehen, die einen festen Futures-Kontrakt als Basiswert haben. Allerdings muss dann die Wette bis zur Fälligkeit aufgehen. 

 

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