Whole Foods Market Bio-Supermarkt durch strenge Lieferantenvorschriften
Veröffentlicht von
Stephan Heibel
am
05.12.2012
Fantastische Produkte, fantastisches Unternehmen, fantastisches Bewertungsniveau. So kann man die Situation kurz zusammenfassen. Doch aufgrund der Fiskalklippe ist die Aktie in den vergangenen Wochen um 11% niedergeprügelt worden. In meinen Augen ist das eine Kaufgelegenheit, jedoch nur für spekulativ eingestellte Anleger.
MEGATREND: GESUNDE ERNÄHRUNG
Im Land der Big Macs und Hot Dogs ist der Bedarf nach gesunder Ernährung zu einem Megatrend geworden. Organische Lebensmittel ohne chemische Zusätze werden zu einem deutlich höheren Preis verkauft als herkömmliche Lebensmittel. Auch bei uns in Deutschland können Sie diesen Megatrand leicht aufspüren: Ein Dinkel-Vollkornbrötchen bei meinem Bäcker kostet das dreifache eines „normalen" Brötchens. Jeder Supermarkt hat seine eigene Bio-Marke, und selbst Maggie und Knorr Fertigsuppen kommen inzwischen teilweise ohne Glutamat oder Geschmacksverstärker aus.
Während in Deutschland vorgeschrieben wird, wer welchen grünen Stempel erhalten darf, ist es in den USA zu einem großen Teil dem Marketing eines Unternehmens zuzuschreiben, wenn die eigenen Produkte als „gesund" betrachtet werden. Whole Foods Markets gibt immer wieder ausführliche Berichte über die eigenen Herstellungsmethoden und über die strengen Auswahlkriterien, denen sich die Lieferanten unterwerfen müssen und listet die Inhaltsstoffe der Produkte wesentlich detaillierter auf als die Konkurrenz. Das Konzept funktioniert; im abgelaufenen Geschäftsjahr hat Whole Foods 11,7 Mrd. USD umgesetzt und 466 Mio. USD Gewinn daran gemacht. Eine ordentliche Gewinnmarge (4%) für einen Supermarkt, wo doch eigentlich die Margen hauchdünn sind (1-2%).
WACHSTUM IN ALLEN KENNZIFFERN
Das Wachstum wird nicht nur durch die aggressive Expansionspolitik erzielt, auch die Umsätze der bestehenden Läden wachsen an – und das mit zunehmender Geschwindigkeit. Gerade einmal 300 Whole Foods Markets gibt es in den USA, das Management hat vorgerechnet, dass auch mit 1.000 Märkten noch keine Sättigung auf dem US-Kontinent erreicht würde. Es gibt also noch genug Raum für Wachstum auf dem Heimatmarkt bevor Whole Foods das Abenteuer einer Auslandsexpansion eingehen müsste.Während der Umsatz im jüngsten Geschäftsjahr mit 23,6% angewachsen war, stieg der Gewinn sogar um 49,4%. Nennenswerte Schulden gibt es nicht, stattdessen liegen 1,2 Mrd. USD in bar auf der hohen Kante. So eine makellose Bilanz hat ihren Preis: Das KGV steht bei stolzen 36, auf Basis der Erwartungen für das laufende Geschäftsjahr (bis Sept. 2013) ergibt sich ein KGV 13e von 27. Die PEG-Ratio (also KGV im Verhältnis zum Wachstum) liegt bei 1,9, was meiner Erfahrung nach selbst für ein Wachstumsunternehmen den oberen Rand der Bewertung darstellt.
SONDERDIVIDENDE WEGEN FISKALKLIPPE
Aktionäre, die am 10. Dezember die Whole Foods Aktie halten, werden mit einer Sonderdividende von 2 US-Dollar beglückt. Der Hintergrund dieser Sonderdividende ist ganz einfach: Zum Jahreswechsel werden die Steuern in den USA steigen. Je nachdem, ob sich die Regierung mit der Opposition noch wird einigen können, wird die Steigerung mild ausfallen oder nicht. Denn derzeit laufen noch diverse Steuererleichterungen, die Präsident Bush befristet eingeführt hatte. Diese Steuererleichterungen werden wegfallen, wenn es keine Einigung gibt. Und das bedeutet teilweise empfindlich höhere Steueren auf Einkommen und auch für Unternehmen.Um dieser absehbaren und mehr oder minder heftig ausfallenden Steuererhöhung zuvorzukommen, hat Whole Foods die Sonderdividende beschlossen. Sie wird noch unter den alten Bedingungen der Steuererleichterung Bushs ausgeschüttet und daher von Aktionären mit nur 15% versteuert werden. Sollte es keine Einigung geben, könnte diese Dividende im kommenden Jahr je nach individuellem Steuersatz mit über 30% versteuert werden müssen. Dann doch lieber heute 15%, oder?
Doch die Sonderdividende ist kein ganz uneigennütziges Geschenk. Mit einem Kursanstieg von 40% im laufenden Jahr gehört Whole Foods zu den besten Aktien des Jahres. Viele Anleger sitzen also auf hohen Buchgewinnen. Anleger, die ohnehin wankelmütig sind, wie lange sie die Aktie noch behalten wollen, werden ihre Entscheidung sicherlich noch in diesem Jahr treffen, denn auch der Kursgewinn wird in diesem Jahr noch pauschal mit 15% besteuert, während er im nächsten Jahr mit dem individuellen Steuersatz belegt wird.
Als die Fiskalklippe ins Gerede kam, gaben als erstes insbesondere die Aktien mit den größten Kursgewinnen im laufenden Jahr nach. Whole Foods fiel um 11% von 78,5 auf unter 70 Euro.
GUTES MANAGMENT
John Mackay heißt der Mitbegründer und Co-CEO des Unternehmens, und er gibt die Richtung an. Gemeinsam mit Co-CEO Walter Robb, CFO Glenda Flanagan und COO A.C. Gallo arbeitet er bereits seit vielen Jahren an der Strategie des Unternehmens. Alle vier sind 58 / 59 Jahre alt und kennen sich blind, das Management ist eingespielt und nachweislich erfolgreich. Das nenne ich solide.Und in dem Alter denkt man in den USA noch lange nicht ans Aufhören. Ich denke, dass dieses Team noch mindestens fünf Jahre unverändert weiterarbeiten wird. Kontinuität im Management ist inzwischen ein wichtiger Faktor bei der Bewertung von Unternehmen geworden, daher stelle ich diesen Punkt für Whole Foods hier so heraus.
FAZIT: TEURE AKTIE MIT GUTEN WACHSTUMSAUSSICHTEN
Ein Schnäppchen ist Whole Foods trotz des 11%igen Kursrutsches nicht, doch ich habe Whole Foods bei 20 Euro in meine Beobachtung genommen und warte seither darauf, dass diese Aktie einmal „günstig" zu haben ist - vergeblich. Gute Unternehmen werden immer eine hohe Bewertung haben. Die Aktie wird also nicht aufgrund irgendwelcher Sonderfaktoren nach oben ausbrechen, sondern solange das Geschäft so solide weiterwächst, ganz einfach ebenfalls mit zweistelligen Wachstumsraten mitwachsen.Es gibt in meinen Augen drei Risiken: Zum einen Managementfehler und zum anderen ein Ende des Megatrends der gesunden Ernährung. Aufgrund der Kontinuität im Management würde ich das Risiko von Fehlentscheidungen als gering bezeichnen. Und der Megatrend gesunde Ernähung ist ebenfalls in meinen Augen erst in den Kinderschuhen.
Das dritte Risiko ist natürlich der Aktienmarkt selbst. Heute wird für Wachstumsunternehmen eine PEG-Ration von nahezu 2 für angemessen betrachtet. In Krisenzeiten hingegen fällt so eine PEG-Ration schnell mal unter 1. Wenngleich Whole Foods gerade von den oberen Einkomensschichten genutzt wird, wo die Fiskalklippe und auch eine eventuelle Rezession nicht gleich zur Änderung der Einkaufsgewohnheiten für Lebensmittel führt, würde die Aktie jedoch selbstverständlich in schlechten Börsenzeiten besonders stark unter die Räder geraten.