Weise oder unverschämt?

Veröffentlicht am 25.06.2010

Diese Woche war nicht nur von der Fußball-WM geprägt, sondern auch von einigen leicht irritierenden Aussagen von jenseits des Atlantiks. Aussagen, die bei einigen, sonst ergeben katzbukkelnden deutschen Politikern, Verwunderung, ja sogar verschämten Widerspruch auslösten! US-Präsident Obama fordert von den G20 neue Schulden, um die Weltwirtschaft nicht erneut abzuwürgen.


Im Duett dazu teilte Nobelpreisträger Paul Krugman aus und bezeichnete Bundesbankpräsident Weber als Risiko für die Weltwirtschaft, sollte der neuer EZB-Präsident werden. Hinzu gesellt sich noch George Soros, ein skrupelloser Spekulant, der sich gern als Mäzen gibt, mit der Aussage, Deutschland gefährde mit seiner Sparpolitik die Währungsunion. Sind diese Leute jetzt völlig abgehoben oder steckt gar mehr dahinter? Der Reihe nach und zunächst zu Obama. Die USA finden sich in der Situation, quasi unbegrenzt Neugeld schöpfen zu können, das ihnen in Form von Anleihen vom Ausland oder ihrer ZB zur Verfügung gestellt wird. Sie zehren vom Status als Reservewährung, jedes andere Land wäre bei dieser Art Schuldenwirtschaft schon zur Bananenrepublik herabgesunken. Sparen bräche ihrer finanzlastigen Wirtschaft sofort das Genick. Wir kommen darauf noch zurück. Also Obama kann überhaupt nicht sparen ohne abzustürzen! Im Gegenteil, da die Privatpersonen als „verschuldbare“ Masse im wesentlichen ausfallen und deren Insolvenzen sogar die Forderungen und damit Geldmengen vernichten, muss der US-Bundesstaat mit AAA-Rating massiv aufschulden. Zur Zeit hilft ihnen noch die Euro-Krise und die Angst vor einem Konjunkturabsturz, was den US-Bond- Absatz nicht hat völlig einbrechen lassen, wir wissen aber, dass die FED massiv US-Bonds aufkauft und falsche Nachfrage vorgaukelt. In Deutschland sieht es noch anders aus, auch wegen der PIGSKrise reißen sich alle um Bundesanleihen, die Renditen sinken immer weiter, während die der PIGS ansteigen, als gäbe es keinen Rettungsschirm. Deutschland wird als Buhmann hingestellt, doch die Fakten sehen anders aus. Bis 2014 sollen 80 Mrd. € „eingespart“ werden, also durchschnittlich 20 Mrd. pro Jahr. Man wird etwas am Elterngeld und am Heizkostenzuschuss streichen, 10.000 Stellen beim Bund abbauen, einige Subventionen vermindern, eine Luftverkehrsabgabe einführen, die Stromkonzerne mit einer Brennelementesteuer belegen etc. Die ohnehin schwache Binnenkonjunktur wird damit einen weiteren, leichten Dämpfer erhalten. Beschlossen ist das Paket längst nicht, schon haben diverse Gegner, von SPD, Linken bis zu den Gewerkschaften Widerstand angekündigt. Selbst wenn es beschlossen würde, ist die Bezeichnung „Sparprogramm“ ein Witz, denn es wird ja nur die Neuverschuldung etwas gesenkt! Krugmans Aussage, „wenn die Deutschen 80 Mrd. Euro weniger ausgeben, spürt man das auch in den Nachbarländern“ entlarvt sich sofort als barer Unsinn. Höchstens der Konsum wird erneut etwas nachlassen, damit auch die Importe. Da die USA ohnehin kaum etwas exportieren, kann das nicht der Grund für Krugmans Gerede sein. Nein, das Problem ist viel grundsätzlicher, der Welt gehen nämlich die guten Schuldner aus. Der Kapitalismus als Kettenbrief, der nur mit immer mehr neuen Schulden funktioniert, stößt an seine Grenze, weil nicht mehr schrankenlos weiter aufgeschuldet werden kann. Vergessen Sie die Ratings der Agenturen, echtes Vertrauen genießen noch Deutschland und einige Länder ringsherum, Kanada und natürlich China, die jetzt langsam ihr Geld aufwerten. Nur das sind noch GUTE Großschuldner. Die Ironie ist, dass gute potentielle Schuldner leider eher Gläubiger sind aufgrund ihrer Handelsüberschüsse! Die Eskapaden des angelsächsischen Lagers sind also pure Verzweiflung. China ist nicht stark genug, um seine Einwohner „ausreichend“ zu verschulden, um den Westen vom Haken zu holen, seine Währung nicht frei konvertierbar. Vom Ausland brauchen sie aufgrund des Handels eh keine Kredite. Die Schweiz, Niederlande, Luxemburg, Österreich und selbst Kanada sind zu klein, um beizutragen. Bleibt nur Deutschland, das auch traditionell immer vieles bezahlt hat. Da der Michel sich als begrenzt verschuldungsfreudig erwiesen hat (er ist so verrückt, sein Eigenheim wirklich abzuzahlen), muss also der Staat her, doch der ziert sich! Als allerletzter Rettungsanker bleiben die Notenbanken, die natürlich beliebig viel Geld „herstellen“ können, FED und BOE tun das schon länger, die EZB hat damit begonnen. Erneut gegen die lernresistenten Teutonen. Worauf wird es jetzt hinauslaufen? Man wird vermutlich weltweit die Medienkampagnen der angeblich „brutalen“ Sparmaßnahmen fortsetzen (bestes Beispiel jetzt in England), tatsächlich aber nicht oder nur marginal sparen und die Notenbanken immer stärker zur Monetisierung heranziehen. Echtes Sparen gänge nur, wenn man den Gläubigern einen Kapitalverzicht abringt. Rein pragmatisch gesehen wird sich Merkel entscheiden müssen, entweder selber mehr Schulden zu machen und damit hier die Wirtschaft anzukurbeln und so die Schuldenlast der Wirtschaft zu mindern (wie die oben Genannten fordern) oder weitere Transfers Richtung Mittelmeer umzuleiten oder zumindest weiteren Ankäufen von PIGS-Anleihen durch die EZB zuzustimmen. Die Defizite müssen so oder so finanziert werden und am einfachsten wird sich Nr. 3 erweisen. Um auf die Überschrift zurückzukommen: Aus Sicht der Verteidiger des Fiat-Geldsystems sind die frech vorgetragenen Forderungen absolut legitim und dienen der vorübergehenden Stabilisierung des Systems unter Inkaufnahme der Vernichtung des Geldwertes. Der Markt hat das längst begriffen und reflektiert dies mit dem Goldpreis.

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