Vor uns liegt eine Nebelwand.
Klar ist, dass die Nervosität an den Finanzmärkten wieder steigt. Aus technischer und fundamentaler Sicht ist die Lage eigentlich wenig bedrohlich. Die Unternehmenszahlen zum ersten Quartal und die Ausblicke waren gut und die Bewertungen der Aktienmärkte sind historisch niedrig. Und dennoch gibt es einige Indizien, die dafür sprechen, dass es Richtung Sommer ruppiger werden könnte.
1. Die „sicheren Häfen“ werden wieder angesteuert. Der Bund Future eilt von einem Hoch zum nächsten, nachdem es zu Jahresbeginn nach einer Umkehrformation ausgesehen hatte. Das bedeutet auf der anderen Seite neue Rekordtiefs bei den Renditen. 10-jährige deutsche Anleihen bringen nur noch 1,48 %. In den USA verläuft die Entwicklung analog. Eigentlich ist das paradox, bei einer Inflation von über 2 % resultieren daraus auf Endfäl- ligkeit negative Renditen.
2. Der schwache Euro gegen den Dollar signalisiert Kapitalabflüsse aus Europa in die USA. Die USA werden insgesamt als sicherer Hafen gesehen. Der US-Bankensektor ist stabil, auch wenn J. P. Morgan eine Schieflage zu verzeichnen hat. Die Konjunktur der Amerikaner ist nicht überschäumend, aber immerhin auf Wachstumskurs. Sämtliche Einkaufsmanager- indizes der Eurozone signalisieren im Gegensatz zu den USA eine schrumpfende Wirtschaft. Vor diesem Hintergrund wird es für die europäischen Börsen schwer, eine nachhaltige Wende auf ́s Parkett zu legen.
3. Die Ratingagenturen melden sich wieder zu Wort. Die Abstufungsorgie aus dem letzten Halbjahr 2011 geht in die nächste Runde. Die Rating-Agentur Moody‘s hat nun in einem Rund- umschlag insgesamt 26 italienische Banken herabgestuft. Der Ausblick für alle Betroffenen ist negativ, das heißt, es droht eine weitere Herabstufung. Die spanischen Banken müssen sich hohe Summen (April 263 Mrd. €) bei der EZB leihen, um liquide zu bleiben. Das bringt den Euro weiter unter Druck und sorgt für steigende Credit-Spreads.
4. Implodiert Griechenland? Die von Deutschland erzwungenen harten Sparmaßnahmen gegen Athen schlagen nun mit voller Wucht zurück. In Griechenland geht nichts mehr. Eine Regierungsbildungistkaumnochmöglich.Linksradikale,KommunistenundTrotzkisten sorgen für ein Tollhaus im Parlament. Die Wahrscheinlichkeit eines Defaults oder sogar eines Euro- Austritts ist signifikant gestiegen und niemand (auch wir nicht) weiß, wie die Märkte darauf reagieren werden und ob es analog dazu zu einer ähnlichen Entwicklung in der Peripherie kommen wird. Und schließlich fragen wir uns auch:
Was veranlasst einen Hedge-Fonds-Manager wie John Paulson, gegen Deutschland zu spekulieren? Er wettet darauf, dass sich die Bonität Deutschlands, dessen Staatsanleihen bisher als sicherer Hafen in der Finanzkrise gelten, verschlechtern wird. Möglicherweise gibt es einen Auslöser, den die Märkte so noch gar nicht auf der Rechnung haben.
Fazit: Wir stochern im Nebel. Im Nebel fährt man immer auf Sichtweite. Eine erhöhte Liquidität oder alternativ eine Absicherungsstrategie sind angebracht.