The bid unterneath

Stephan Heibel
Veröffentlicht von Stephan Heibel am 24.06.2010
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Heibel-Ticker Börsenbrief

The bid unterneath - Das Gebot darunter Lieber breche mich mir die Zunge ab, als den Heibel-Ticker mit Anglizismen zu durchtränken. Doch manchmal ist das Englisch, oder besser das Amerikanisch, einfach zu prägnant, als dass es sich so einfach übersetzen ließe. Also habe ich heute den Spruch, der mich seit einigen Wochen verfolgt, auf Englisch weitergegeben. „There is a bid underneath“ heißt übersetzt „es gibt ein Gebot darunter“. Damit sprechen Börsianer aus, was sie im täglichen Handel erleben. Wenn die Kurse im Rahmen eines Ausverkaufs unter eine bestimmte Grenze fallen, dann kommen plötzlich Kaufaufträge in den Markt. Ab einem bestimmten Kursniveau endet der Ausverkauf und die Kurse stabilisieren sich. Damit wird ein sehr komplexer Vorgang kurz und prägnant beschrieben.


Der Begriff „Bodenbildung“ passt nicht zu dieser Aussage, denn ein Boden bildet sich auch, wenn die Verkäufer fertig sind. The bid underneath sind jedoch Käufer, die aktiv werden, egal wie groß die Verkaufsorders sind, die noch in den Markt gegeben werden. Im DAX haben wir in den vergangenen Wochen erlebt, dass ab einem Niveau von 5.700 Punkten etwa plötzlich Kaufinteresse entsteht und ein weiterer Kursrutsch vermieden wird. Beim Dow Jones liegt dieses Niveau bei 9.700. Der amerikanische Ausdruck gefällt mir deshalb so gut, weil darin noch einige weitere Zusammenhänge beleuchtet werden. Ein bid, also ein Gebot, ist etwas anderes als abebbende Verkäufe. Und underneath, also darunter, zeigt, dass der Pessimismus bis dorthin überwiegt und die Kurse fallen. Derzeit haben wir eine Reihe von ungelösten Problemen. Ausufernde Staatsverschuldung, Sparzwang der Industrieländer mit der Gefahr des Abwürgens jeglichen Konjunkturaufschwungs. BPs Ölkathastrophe, inzwischen mit dem Risiko einer geregelten Insolvenz des größten britischen Steuerzahlers, sowie in den USA eine schwache Wirtschaft und schlechte Arbeitsmarktentwicklung aufgrund von Obamas Gesundheits- und Finanzmarktreformen. In China wird noch immer von restriktiven geldpolitischen Schritten gesprochen, die das dortige Wirtschaftswachstum beeinträchtigen könnten. Kurz gesagt, es gibt genügend Gründe, um jeden Tag erneut für einen Ausverkauf zu sorgen. Hiobsbotschaften können aus allen diesen Problembereichen täglich veröffentlicht werden. So ist es in den nächsten Wochen in meinen Augen kaum möglich, dass DAX und Dow Jones deutlich über ihre Jahreshöchststände steigen, wenn nicht diese Problembereiche gelöst sind. Nähert sich der DAX den 6.300 Punkten, so ist das Risiko einer Meldung aus den genannten Problembereichen sehr groß. Besser gesagt, die Meldung kommt so oder so, aber bei einem DAX-Stand von 6.300 wird sie negativ ausgelegt. Bei einem DAX-Stand von 5.700 hingegen werden Anleger sagen, das ist bereits in den Kursen enthalten. Der Problembereich ist bekannt und es handelt sich nur um einen weiteren Beweis, dass dieser Problembereich nun tatsächlich wahrgenommen und somit bald gelöst wird. Gleichzeitig haben wir in den vergangenen Monaten Quartalsergebnisse von Unternehmen gesehen, die durch die Bank weg (Doppelbedeutung beabsichtigt) wesentlich besser waren als erwartet. Und wenn ich mir die Nachrichtenlage zur Geschäftsentwicklung der von mir beobachteten Unternehmen anschaue, dann wird auch die im Juli beginnende Berichtssaison wieder überwiegend positiv ausfallen. An einen doppelten Boden der Finanzmarktkrise von 2008 / 2009 glauben Anleger also kaum noch, stattdessen greifen sie bei 5.700 beherzt zu, um die nächste Rallye, wann immer diese nun auch beginnen werde, mitzunehmen. Wir befinden uns also in einem Sommerloch, in einer Warteposition. Insbesondere Exportweltmeister Deutschland wird meines Erachtens gestärkt aus dieser Marktphase hervorgehen, das werfen uns unsere EU-Partner sowie die USA sogar vor. Die angesprochenen Problembereiche beobachte ich sehr eng und je näher wir uns an eine Lösung bewegen, desto wahrscheinlicher wird ein Ausbruch der Börsen nach oben. Im nächsten Kapitel werde ich den Stand der Dinge beleuchten.
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