Salzgitter - Vorsicht: Rosa Brille, Verkaufen
Gestern hat Salzgitter vorläufige Halbjahreszahlen veröffentlicht. Die Zahlen sind eine positive Bestätigung des Turnaround-Kurses von Salzgitter. Trotz schwachem Absatzmarkt schafft es der Konzern, wieder Profitabel zu sein. Selbst der schwache Ergebnisbeitrag der 25%-Beteiligung Aurubis sowie Sonderbelastungen in Höhe von 33 Mio. Euro können das Bild nicht trüben. Mit 80,2 Mio. Euro Gewinn (EBIT) (Vorjahr -4,2 Mio. Euro) und konstantem Umsatzniveau bei 4,53 Mrd. EUR wurde der Aufwärtstrend eindrucksvoll fortgesetzt.
Die Zahlen liegen im Rahmen der Erwartungen, die Aktie reagierte gestern kaum auf die Veröffentlichung
Das Management erinnerte bei der Gelegenheit nochmals daran, dass im zweiten Halbjahr ein Großhochofen im Hüttenwerk Salzgitter neu zugestellt wird, was, wie ich älteren Veröffentlichungen entnehme, zu einer Belastung von 80 Mio. Euro führen wird. Zudem wird die entsprechende Anlage ca. 90 Tage stillstehen.
Ich möchte diese Meldung zum Anlass nehmen, unsere spekulative Position in Salzgitter aufzulösen. Die Position befindet sich mit 38% im Plus und mein Kursziel von 40 euro ist noch in weiter Ferne. Dennoch sehe ich derzeit mehr Risiken als Chancen.
Die Chance auf einen Aktienkurs von 40 euro leite ich aus der niedrigen Bewertung des Konzerns ab. Dabei spielt insbesondere die 25%-Beteiligung an Aurubis eine große Rolle, die ein Drittel des Börsenwertes von Salzgitter ausmacht. rechnet man diese Beteiligung heraus, so ist das Stahlgeschäft von Salzgitter extrem günstig bewertet.
Doch Salzgitter lebt vom Stahlgeschäft. Steigt der Stahlpreis, macht Salzgitter mehr Gewinn, und umgekehrt. Aktuell fürchte ich eher den umgekehrten Weg für die kommenden Monate: Es könnte nochmals schwer werden. Denn die beiden Hauptabsatzmärkte von Salzgitter, die Energiebranche sowie der Automobilmarkt, laufen auf Probleme zu.
Der Ölpreis ist wieder auf dem Weg zu 43 USD/Fass WTI
Die Gründe für den niedrigen Ölpreis sind vielfältig: Russland produziert so viel es kann, um die wirtschaftlichen Probleme nach den Sanktionen in den Griff zu bekommen. Der Iran darf künftig auch wieder Öl auf den Weltmärkten verkaufen. Saudi Arabien pumpt ebenfalls am maximalen Limit, um den uS-Ölboom abzuwürgen ...
... mit Erfolg
Die neu erschlossenen Öl- und Gasfelder in den USA werden im ersten Jahr ihrer Nutzung um über 50% ausgesogen, danach sinkt die tägliche Produktion auf 40% des Anfangsvolumens, um dann binnen 3-5 Jahre vollständig zu versiegen. Schätzungen zufolge wird die Ölproduktion der USA von derzeit 10,5 Mio. Fässern pro Tag zum Jahresende auf 10 und bis Ende 2016 unter 9,5 Mio. Fässer fallen. Der Grund: Bei dem niedrigen Ölpreis ist die Erschließungstätigkeit einfach nicht mehr so groß wie bislang.
Daraus folgt, dass auch der Ölpreis, für den ich in den kommenden Wochen nochmals einen Test der 43 USD/Fass befürchte (das war das Tief im März) im weiteren Jahresverlauf doch wieder ansteigen kann. Einen Einbruch unter 40 USD/Fass fürchte ich also nicht.
der andere Markt Salzgitters ist der Stahl für die Automobilkarosserien. Nachdem nun in China immer mehr Probleme zu Tage treten, ist das ordentliche Wachstum der deutschen Autobauer für die kommenden Monate schwer zu halten. Eine Abschwächung der Konjunktur Chinas führt zu einer schwächeren Automobilnachfrage, was negativ auf VW, BMW und Daimler zurückführen wird. Diese werden die Wachstumsraten nicht halten und folglich weniger Stahl bei Salzgitter bestellen.
Salzgitter hatten wir als Spekulation ins Portfolio geholt. Wenngleich ich die fundamentale Bewertung für günstig halte, fürchte ich in den kommenden Wochen und Monaten eher negative Meldungen, die den Kurs belasten könnten. Ich würde daher unseren Buchgewinn von 38% seit Jahresbeginn versilbern und die Position verkaufen.
Aktuell notiert die Aktie bei 32,11 Euro (Xetra 14:38 Uhr), ich würde zu Kuren über 32 Euro verkaufen.
In diesem Artikel erwähnt:
DE0006202005 | SZG |