Rohstoff-Aktien - ein sehr mühsames Comeback

Hans A. Bernecker Börsenbriefe GmbH
Veröffentlicht von Hans A. Bernecker Börsenbriefe GmbH am 04.03.2015
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Aktionärsbrief

Der Kursverfall der Eisenerzpreise steht stellvertretend für viele andere Industriemetalle. Warum fallen die Preise weiter? Ein wichtiger Grund dafür ist sicherlich die abflachende Baukonjunktur in China. Jahrelang wurde am Bedarf vorbeigebaut. Außerdem limitierte die chinesische Regierung ihre Kredite an Stahlwerke, die nicht die gewünschte Leistung bringen. Das schränkt deren Fähigkeit ein, Eisenerz zu kaufen. Letztlich aber haben die Produzenten auch selber schuld. Massive Expansionen bestehender Minen vor allem durch die Flaggschiffe der Branche, BHP und Rio Tinto, haben zu einem inzwischen chronischen Überangebot geführt. Bis 2017 wird sich das Eisenerzangebot nochmals um 18 % gegenüber 2014 erhöhen. Auch im laufenden Jahr wird es somit noch keine Trendwende bei den Rohstoffpreisen geben.


Gleichwohl werden die großen Produzenten keine Probleme haben, die Durststrecke zu überstehen. UBS schätzt, dass Rio Tinto und BHP Billiton die Produktion einer Tonne Eisenerz etwa 35 bzw. 37 $ kostet. Damit haben sie deutlich geringere Produktionskosten als viele kleinere Konkurrenten.

Im Ergebnis reagieren die großen Bergbau-Multis exakt wie die Öl-Multis. Investitionen werden nun zusammengestrichen, während die Dividenden sogar erhöht werden. Bei den Bergbaukonzernen schlagen sich die Preisrückgänge in den Bilanzen nieder. So hat BHP im ersten Halbjahr 2014/15 (per Ende Dezember) 26 % weniger verdient. Bei Rio Tinto betrug der Gewinnrückgang im Gesamtjahr 2014 rd. 9 % und bei Anglo 19 %. Die Investitionen werden zwischen 10 und 20 % zurückgefahren. Konträr dazu sollen aber die Dividenden steigen. BHP plant eine Erhöhung der halbjährlichen Ausschüttung um 5 % auf 62 Cent pro Aktie. Rio Tinto beabsichtigt, die Jahresdividende um 12 % auf 215 Cent je Aktie zu steigern. Für die Aktionäre resultieren daraus stattliche Dividendenrenditen in der Nähe von 5 %. Rio Tinto kündigte zudem ein Aktienrückkaufprogramm in Höhe von 2 Mrd. $ an.

BHP BILLITON (WKN: 908 101; 1597 GBp) geht noch einen Schritt weiter. Das Unternehmen will ungefähr ein Drittel seiner Aktivitäten - besonders seine Nickelminen und Aluminiumschmelzen - in eine neue Gesellschaft namens South32 auslagern, die an der Börse Johannesburg gelistet werden soll. Bei BHP verbleiben dann noch die vier Bereiche Eisenerz, Kupfer, Kokskohle und Öl. Dadurch erhofft man sich einen höheren Bewertungsansatz, zumal die Ausschüttungsquote erhöht bzw. die Dividende stabil gehalten werden soll. Ob der Schritt so sinnvoll ist, sei aber dahingestellt. Denn die auszugliedernden Teile erzielten im abgelaufenen Halbjahr allesamt bessere Resultate als die bei BHP verbleibenden.

Strategisch geht RIO TINTO (WKN: 852 147; 3165 GBp) den besseren Weg. Der Bergbauriese ist der mit Abstand profitabelste Produzent von Eisenerz. Zudem hat man signalisiert, sich diversifizieren zu wollen. So sind Investitionen in ein breites Spektrum von Rohstoffen von Bauxit bis Kupfer geplant. Schließlich arbeitet nach Jahren von Abschreibungen auch der Aluminiumbereich von Rio wieder besser. Die Nachfrage zieht hier deutlich an. Die französische Großbank Société Générale hat das Kursziel für Rio Tinto jüngst von 3.550 auf 4.000 Pence angehoben und die Einstufung auf „Buy“ belassen. Die Analysten loben die geringere Verschuldung und den geringeren Investitionsaufwand. Die Fähigkeit des Bergbaukonzerns, freien Cashflow zu generieren, sieht man selbst bei tieferen Eisenerzpreisen. Den als am kostengünstigsten arbeitenden Minenkonzern sieht man als Kauf.

Fazit: RIO TINTO erhält den Vorzug vor BHP. Allerdings ist der Bodenbildungsprozess noch voll in Gang. Sie brauchen hier Geduld, die allerdings mit einer stattlichen Dividende belohnt wird. Zielkurs für Rio Tinto sind 4.000 Pence mit Sicht auf 18 bis 24 Monaten.

VALE (WKN: 897 998; 5,99 €) und ANGLO (WKN: A0M UKL; 1214 GBp) bleiben sehr problematisch. Bei Anglo dürften weitere hohe Abschreibungen auf Minenprojekte sowie Streiks in Südafrika die Bilanz verhageln. Rote Zahlen auch bei Vale. Vale, der weltweit größte Eisenerzproduzent, hat im vergangenen Quartal einen Verlust von 1,85 Mrd. $ eingefahren. Vale leidet unter dem schwachen Real, da die Bedienung von Verbindlichkeiten so immer teurer wird. Im Gesamtjahr 2014 schaffte Vale einen Umsatz von 37,5 Mrd. $, so wenig wie zuletzt im Jahr 2009. Wir gehen davon aus, dass sich der Negativtrend auch im ersten Quartal 2015 fortsetzen wird. Zudem rechnen wie bei Anglo American mit einer deutlichen Dividendenkürzung.

Fazit: Für die nächsten Quartale rechnen wir mit weiter schlechten News. Auch wenn die
Substanzbewertungen sehr niedrig sind, so kommt ein Einstieg hier noch zu früh.
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