Der verheerende Brand am Düsseldorfer Flughafen, bei dem vor 15 Jahren 17 Menschen starben, lenkte den Fokus von Öffentlichkeit und Behörden mit einem Schlag auf einen Bereich, der zuvor sträflich vernachlässigt wurde: den Flammschutz in Gebäuden und anderen geschlossenen Räumen. Ein Problem, das durch den weltweiten Siegeszug des Kunststoffs seit Jahrzehnten an Dringlichkeit gewinnt. So etwa ist durch den gestiegenen Anteil leicht brennbarer Stoffe die Fluchtzeit in Flugzeugen oder Zügen auf einen Bruchteil des Wertes aus den 1970er Jahren gesunken. Neue Materialinnovationen können hier Abhilfe schaffen, und die Schwandorfer Gesellschaft Nabaltec zählt dabei zu den weltweit führenden Anbietern.
Spezialist für Aluminiumhydroxid
Der Konzern ist in den neunziger Jahren aus der VAW Aluminium AG hervorgegangen und hat sich im Anschluss zu einem Hersteller von Spezialprodukten auf Basis von Aluminiumhydroxid, Aluminiumoxid und anderen mineralischen Rohstoffen entwickelt. Der heutige Vorstand ist seit 1996 – auch als Anteilseigner – an Bord und führte das Unternehmen vor vier Jahren an die Börse. Mittlerweile beschäftigt Nabaltec an drei Standorten 349 Mitarbeiter, die Produktion erfolgt in Deutschland sowie in Corpus Christi in den USA, wo seit 2005 mit dem US-Aluminiumoxidhersteller Sherwin Alumina ein Joint-Venture unterhalten wird.
Im Kerngeschäft weltweit die Nummer 1
Ein Kernprodukt der Bayern sind halogenfreie, flammhemmende Füllstoffe auf Basis von Aluminiumhydroxid, hier sieht sich das Unternehmen als Nummer 1 auf dem Weltmarkt. Die Erzeugnisse werden beispielsweise von der Kunststoff- und der Kabelindustrie verwendet, um in einem Brandfall die Hitzeentwicklung sowie die Materialzerstörung stark einzudämmen. Die Nachfrage nach innovativen Lösungen ist hier sehr groß, zumal zahlreiche Länder inzwischen den Einsatz umweltfreundlicher Flammschutzmittel vorschreiben. Marktforscher von Frost & Sullivan schätzen daher das Wachstum für das halogenfreie Segment auf 8,1 % p.a. bis 2014. Ähnlich dynamisch könnte sich der Absatz von Böhmit entwickeln (Böhmit ist eine Modifikation von Aluminiumhydroxid), dessen Verwendungsmöglichkeiten von Nabaltec in jüngster Zeit deutlich ausgeweitet wurden. Stand bisher vor allem der Einsatz in Katalysatoren im Vordergrund, hat das Unternehmen nun als weltweit erster Anbieter einen Weg gefunden, das Mineral als Flammschutz in Leiterplatten zu nutzen, und dürfte damit auch hier von dem Trend zu umweltfreundlichen, halogenfreien Materialien profitieren.
Starke Position auch bei technischer Keramik
Beeindruckende Innovationen prägen auch das Sortiment des kleineren Geschäftsbereichs Technische Keramik, der 2009 etwa ein Drittel des Konzernumsatzes erwirtschaftete. Hier liefert das Unternehmen u.a. keramische Massen auf Basis von Spezial-Aluminiumoxiden, die extremen Temperaturen standhalten und deswegen beispielsweise in der Feuerfestindustrie zum Einsatz kommen. Die Gesellschaft beansprucht in diesem Bereich nicht nur die Qualitätsführerschaft, sondern sieht sich ebenfalls in der Spitzenposition auf dem Weltmarkt.
Potenzialträchtiges neues Standbein
Selbige wird auch in dem neuen Produktbereich Additive angestrebt. Diese werden Kunststoffen beigemischt, um damit die Beständigkeit gegen Witterungseinflüsse oder Licht zu verbessern. Hierzu wurde im letzten Jahr mit einem Investitionsvolumen von 20 Mio. Euro eine neue Fabrik errichtet und in Betrieb genommen, in der zunächst Calcium-Aluminium-Hydrat-Carbonat produziert wird, ein Mittel zur Stabilisierung von PVC. Da sich die Industrie in einer freiwilligen Selbstverpflichtung darauf festgelegt hat, auf schwermetallhaltige Additive zu verzichten, rechnet das Management von Nabaltec mit einer hohen Nachfrage nach der von ihr angebotenen Alternative.
Turnaround in 2010 wahrscheinlich
In Summe schätzen wir die Wachstumsperspektiven der Schwandorfer Gesellschaft als hervorragend ein, auch wenn das die Geschäftszahlen für 2009 nicht unbedingt widerspiegeln. Das Unternehmen musste einen Umsatzrückgang von fast einem Viertel auf 73,1 Mio. Euro hinnehmen, das EBIT fiel mit -2,7 Mio. Euro deutlich negativ aus, nach 4,1 Mio. Euro im Vorjahr. Ursächlich dafür war der infolge der globalen Rezession rückläufige Weltmarkt in fast allen Segmenten. Im zweiten Halbjahr zeigte sich allerdings bereits eine deutliche Geschäftsbelebung, die im ersten Quartal 2010 mit einem Umsatzwachstum von beeindruckenden 49,7 % auf 24,4 Mio. Euro sogar noch an Dynamik gewonnen hat. Im Zuge dessen drehte auch das operative Ergebnis mit 0,9 Mio. Euro (Vorjahr -1,8 Mio. Euro) wieder in den positiven Bereich.
Fazit
Mit zahlreichen Innovationen hat Nabaltec in den Bereichen halogenfreier Flammschutz und technische Keramik eine weltweit führende Stellung erobert. Nachdem das letzte Jahr von hohen Investitionen in eine neue Fabrik und dem globalen Abschwung geprägt waren, dürften in den kommenden Jahren nun sukzessive die Früchte der geleisteten Vorarbeit geerntet werden. Einziger Wermutstropfen ist die aktuell hohe Nettoverschuldung in Höhe von 91,3 Mio. Euro, die aber dank eines starken Cashflows nach dem Abschluss der Großinvestitionen nun zügig abgebaut werden dürfte. Daher spricht alles für ein Investment, das wir am Mittwoch im Langfristdepot bereits umgesetzt haben.