Mit der Wahl von Francois Hollande zum ersten sozialistischen Präsidenten Frank- reichs seit 17 Jahren ist die Kröte vorerst geschluckt.

Hans A. Bernecker Börsenbriefe GmbH
Veröffentlicht von Hans A. Bernecker Börsenbriefe GmbH am 09.05.2012
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An den Aktienmärkten wurde dieses Ereignis zu einem großen Teil vorweggenommen. Zwar begann auch die Börsenwoche nach der Wahl schwach, aber eine nachhaltige Abwärtsdynamik wollte sich nicht einstellen. 1981, als Francois Mitterrand in den Elysée-Palast einzog, hatte sein Wahlsieg noch dramatische Kurseinbrüche in Paris ausgelöst.


 

Bis die Märkte den Umschwung in Frankreich vollends einschätzen kön- nen, werden Wochen vergehen. Dann wird sich der Pulverdampf des Wahlkamp- fes verzogen haben und langsam sichtbar werden, was von Hollandes markigen Versprechen übrigbleibt. Einiges spricht dafür, dass seine Ankündigungen nur zum Teil in die Tat umgesetzt werden können. Denn auch Hollande dürfte klar sein, dass der Fiskalpakt nicht mehr rückgängig zu machen und auch ein zusätzlicher Wachs- tumspakt in verbindlicher Form nur sehr schwer durchzusetzen ist.

Hollande ist zwar Sozialist, aber einer mit einem veritablen wirtschaftspolitischen Hintergrund. Immerhin hat er an der Wirtschaftshochschule HEC und der Kaderschmiede ENA studiert. Zudem hat der Wahlsieger bei seiner Rede in Tulle betont, dass für ihn die Wiederankurbelung der Wirtschaft und die Rückkehr auf den Wachstumspfad, aber eben auch die Bekämpfung des Haushaltsdefizits oberste Priorität habe. Auch bezüglich der Personalfragen scheint sich herauszukristallisieren, dass Hollande letztlich doch keinen kompromisslosen Konfrontationskurs fährt wie zunächst befürchtet. Mit Jean-Marc Ayrault und Manuel Valls dürften zwei moderate Sozialdemokraten wichtige Posten in der Regie- rung übernehmen, so dass der befürchtete harte Linksruck wohl ausbleiben wird. Zudem wäre die Berufung des ehemaligen Deutschlehrers Ayrault ein wichtiges Signal in Richtung Deutschland, das eher einen Kompromiss- als einen Konfrontationskurs erwarten lässt.

Hollande weiß nur zu gut, dass das eine (Wachstum) nicht ohne das andere (Sparen) durchzusetzen sein wird. Für die Märkte wird letztlich entscheidend sein, wo der Schwerpunkt liegt und auf welche Art die Ziele erreicht werden sollen. Grundsätzlich könnte die Börse schon Nektar daraus saugen, dass zukünftig in Europa generell wieder mehr Wert auf Wachstum gelegt wird, nachdem in den vergangenen zwei Jahren „Sparen“ die alles beherrschende Vokabel gewesen ist. Aber soweit sind wir noch lange nicht.

Der Prozess, den der französische Wahlausgang in Europa auslöst, wird eher einer tektonischen Plattenverschiebung als einer Revolution gleichen. Die Veränderungen geschehen langsam und stetig, aber vorübergehend können Spannungen auch schon mal in Form eines Bebens abgebaut werden. Genauso wird es in den kommenden Wochen auch an den Märkten ablaufen. Wenn sich aber herauskristallisiert hat, wohin der Kurs in Frankreich letztlich geht, wird sich auch die Börse für eine Richtung entscheiden. Bis dahin müssen die Anleger mit einer volatilen Seitwärtsbewegung leben. 

 

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