Mediaset S.p.A. - Berlusconis Medienmacht

Stephan Heibel
Veröffentlicht von Stephan Heibel am 09.07.2015
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Heibel-Ticker Börsenbrief

Silvio Berlusconi hat seinen Konzern an seinen ältestsen Sohn Pier Silvio Berlusconi weitergegeben. Gleichzeitig kommt Italien aus schweren Konjunkturzeiten heraus und bietet dem Konzern rosige Wachstumsaussichten. Gelingt die Verjüngungskur des größten italienischen privaten Medienkonzerns, so dürfte die Aktie Freude in einem wertorientierten Portfolio bereiten. Doch die Branche ist im Ubruch und jeder Umbruch bringt Risiken mit sich.


BERLUSCONIS MEDIENMACHT

In der Welt vor Tsipras gab es eine andere Reizfigur in Europa: Silvio Berlusconi. Auch Berlusconi spielte nach Belieben mit europäischen und italienischen Regeln, landete jedoch am Ende im Knast. Ihm gehört Italiens größter privater Medienkonzern Mediaset, erst im Frühjahr hat er seine Beteiligung von 40% auf 33,5% reduziert.

Es kamen umgehend Übernahmespekulationen auf, die französische Vivendi habe Interesse an Mediaset, hieß es. Übernahmespekulationen blühen in der Branche immer wieder auf, diese Woche wurde sogar ein Zusammenschluss von ProSiebenSat.1 Media und Axel Springer ins Gespräch gebracht.

Doch Medien sind ein sensibles Thema, bei dem auch immer wieder die Politik mitspricht, um eine Monopolbildung zu vermeiden. Derzeit ist Mediaset also nach wie vor allein und sucht nach strategischen Partnern.

Silvio Berlustconi (78) selbst ist seit diesem Frühjahr nicht mehr aktiv. Er hat die Macht an seinen ältesten Sohn Pier Silvio Berlusconi (46) weitergegeben. Dieser hat sich zuvor im Konzern bereits seine ersten Sporen verdient und gilt als verhandlungs- und kompromißbereiter als sein Vater.


VERJÜNGUNGSKUR

Pier Silvio löste gleichzeitig auch den Vorstandschef Adreani (72) ab, der das Unternehmen seit 2000 geführt hat. Wenn wir uns die Altersstruktur des alten Managements anschauen, ist es nicht schwer nachzuvollziehen, dass Mediaset noch nicht in der heutigen digitalen Welt angekommen ist. Pier Silvio muss an dieser Stelle ansetzen.

Doch die Ausgangsposition ist gut, im Wesentlichen muss Mediaset nur einen Platz neben Sky Italia, dem Pay-TV Sender von Rupert Murdoch, behaupten. Gegen den staatlichen Giganten RAI tritt der private TVG-Betreiber gar nicht direkt an. Dank der guten Bilanzstruktur war Mediaset in der Lage, sich für Italien die Rechte an der Championsleague von 2015 bis 2018 für 700 Mio. Euro zu sichern. Nun sucht der Konzern nach Möglichkeiten, diese Rechte in der neuen Welt der unzähligen Plattformen, von TV über Internet bis zum Smartphone, zu Geld zu machen.


Im Bereich des angestammten Geschäftes der Game-Shows und Talent-Shows setzt Pier Silvio den Rotstift an und verschafft auch dadurch Handlungsspielraum für neue Investitionen.

Gestern wurde nun eine Kooperation zwischen Vodafone und Mediaset verkündet: für 39€ können Vodafone-Kunden ein umfangreiches Medienpaket inklusive Championsleague, Kinofilmen und TV-Serien erwerben und über das Vodafone-Netz auf's Smartphone streamen.

Auch in der Finanzwelt gibt es die 100-Tage-Regel: Der neue CEO Pier Silvio Berlusconi wurde am 30. April ins Amt befördert. Entsprechend erwarten Anleger Anfang August, also nach 100 Tagen, ein klares Statement von ihm, wie er sich die Zukunft des Konzerns vorstellt. Die Kooperation mit Vodafone gibt schon einen wichtigen Hinweis auf die Richtung. Doch ein moderner Medienkonzern muss solche plattformübergreifenden Synergien noch viel stärker nutzen, auch durch Internet-Angebote und plattformübergreifende Marketingkampagnen für die Kunden.

Dabei muss er das Rad nicht neu erfinden. Murdochs News Corp., Vivendi und ProSiebenSat.1 Media haben es bereits vorgemacht und erfreuen sich nun einer sehr hohen Ertragskraft.


GEWINNMARGE HAT LUFT NACH OBEN

Ich habe Ihnen einige solide Unternehmen aus den Club-Med Ländern für die Wunschanalyse vorgeschlagen, Sie haben sich für Mediaset entschieden. Der Grund für meine Vorschlagsliste war, dass ich in diesen Ländern günstige Bewertungsniveaus vermutete, die sich im Rahmen einer abklingenden europäischen Krise erholen sollten.

So ist es auch bei Mediaset. Der Umsatz ging im Rahmen der europäischen Krisen seit 2010 von 4,3 Mrd. Euro auf 3,4 Mrd. Euro im vergangenen Jahr zurück. Im gleichen Zeitraum sank der Aktienkurs von 6 Euro auf 1,17 Euro Ende 2012 ab und erholte sich auf nun 4,50 Euro. Auch der Gewinn ist in diesem Zeitraum stark eingebrochen. Die Gewinnmarge (EBIT) betrug 2014 nur ncoh 7%.

Eine wie auch immer geartete Lösung des Griechenland-Dramas vor Augen und eine erfolgreiche Verjküngungskur lassen die aktuelle Bewertung jedoch als extrem geünstig erscheinen. Dabei schaue ich nicht auf das KGV 2014, das bei 164 steht. Auch das erwartete KGV für das laufende Jahr ist mit 58 jenseits von Gut und Böse.

Mediaset ist eine etablierte Größe in der italienischen Medienlandschaft und kann sich seinen Platz dort sichern. Sollte es Pier Silvio gelingen, seinen Konzern in eine Struktur zu bewegen, die den heutigen Ansprüchen der modernen Welt genügt, so ist auch eine Gewinnmarge denkbar, die dem Branchendurchschnitt entspricht. Und der Branchendurchschnitt liegt bei 20-25%.

Für 2015 wird eine Gewinnmarge von 8% erwartet, für 2016 dann 12%. Sollte es Pier Silvio gelingen, die Gewinnmarge in den kommenden Jahren auf 20% zu erhöhen, so gibt das dem Unternehmen die Möglichkeit, die Dividende zu erhöhen (aktuell 1,33%), das KGV würde sich nochmals halbieren (unter Einberechnung des erwarteten Umsatzwachstums).


BEWERTUNG FAIR MIT GUTEN AUSSICHTEN

Schauen wir uns den Konzern einmal von der anderen Seite an: Mediaset setzt ähnlich viel um wie ProSiebenSat.1, wird aber nur mit der Hälfte der Marktkapitalisierung bewertet. Gelingt es Pier Silvio, seinem Konzern eine moderne Struktur wie ProSiebenSat.1 zu verpassen, kann sich der Aktienkurs durchaus verdoppeln. Das würde dann zu einem KGV um 20 führen, allerdings erst in der fernen Zukunft. Ob das schon 2017 oder 2018 sein kann, werden wir hoffentlich Anfang August von Pier Silvio erfahen, wenn er seinen Fahrplan bekannt gibt.

Ein solcher Fahrplan ist jedoch stets mit großen Risiken behaftet. So ist das aktuelle KGV von 58 als Warnung zu verstehen, dass bei den kleinsten Problemen auf dem Weg zu einer höheren Gewinnmarge sehr schnell ein heftiger Ausverkauf der Aktie erfolgen kann. Auch die im branchenvergleich niedrige Dividendenrendite gibt der Aktie kaum Unterstützung nach unten.


FAZIT:

So ist Mediaset genau das, was ich von einer soliden Aktie aus einem Club-Med Land derzeit erwarte: Eine Spekulation auf eine Konjunkturerholung, die durch den Wechsel an der Konzernspitze noch einen zusätzlichen Trigger erhalten hat. Die Aktie ist eine Chance auf eine Kursverdopplung in den kommenden Jahren sowie einer deutlichen Dividendenanhebung bei hohen Risiken hinsichtlich der Gestaltung und Umsetzung einer neuen Strategie, die wir derzeit noch nicht einmal kennen.

Seit vergangenem Herbst ist die Aktie von 2,70 Euro auf 4,50 Euro empor geschossen. Da wurden schon eine Menge Vorschusslorbeeren für eine Verjüngungskur sowie ein Ende der Eurokrise vergeben. Vor dem Hintergrund des Wechsels auf dem Chefsessel sowie der vielfältigen Herausforderungen für Pier Silvio würde ich mit einem Einstieg in die Aktie auf einen Rückschlag auf 4 Euro oder aber auch die Verkündung seines Fahrplans Anfang August warten.
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