Lenzing: faseriges erstes Halbjahr
Veröffentlicht von
Weimer Media Group GmbH
am
29.08.2009
Der österreichische Faserspezialist bekam im ersten Halbjahr 2009 die Wirtschaftskrise deutlich zu spüren. Nachdem im Vorjahreszeitraum noch Rekorde verzeichnet wurden, gab es nun eine äußerst volatile Entwicklung in den ersten beiden Quartalen. Vor allem zum Jahresauftakt brach das Geschäft merklich ein, konnte sich im Zeitraum April bis Juni aber wieder erholen.
Lenzing berichtete über eine Belebung der Nachfrage im Kerngeschäft. Zudem verbuchte der Konzern im zweiten Quartal mit 11,3 Mio. Euro wieder einen Gewinn, nachdem im ersten Jahresviertel noch ein Verlust von 4,5 Mio. Euro angefallen war. Er besserte somit seine Halbjahresbilanz deutlich auf und konnte in den ersten sechs Monaten insgesamt einen Profit von 5,9 Mio. Euro erzielen. Allerdings lag er deutlich unter dem Vorjahreswert von 46,8 Mio. Euro. Einen Einbruch gab es auch beim Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT), das von 72,1 auf 15,4 Mio. Euro fiel. Das Unternehmen konnte aber auch hier nach einem Verlust von 1,9 Mio. Euro im ersten, im zweiten Quartal wieder deutlich ins Plus drehen und verdiente 17,3 Mio. Euro. Beim Umsatz erzielte der Konzern im Zeitraum Januar bis Juni 589,9 Mio. Euro und damit 14,4% weniger als ein Jahr zuvor. Als Gründe für die rückläufigen Ergebnisse nannte die Gesellschaft geringere Faserproduktionsmengen und insgesamt deutlich niedrigere Preise während des ersten Quartals im Kerngeschäft sowie geringere Umsätze im Segment Plastics.
Faserspezialist
Das Kerngeschäft von Lenzing sind Fasern, vor allem aus Zellulose. Sie werden zu 100% aus dem natürlichen Rohstoff Holz gewonnen. Dazu gehört die erste Zellulosefasergeneration „Viscose“, die der Konzern seit mehr als 70 Jahren herstellt, die in der gesamten Textilindustrie genutzt wird. Zum Sortiment gehören ferner die Marken „Modal“, eine weiche Faser vor allem zum Einsatz in Bettwäsche und Handtüchern, und eine spezielle, flammenhemmende Viscose- Faser („Lenzing FR“), die Schutz vor Hitzequellen wie Feuer, Strahlungshitze, elektrischen Störlichtbögen, flüssigen Metallen und brennbaren Flüssigkeiten bietet. Sie wird vor allem in Schutzkleidung von Feuerwehr, Aluminium- und Stahlwerkern, Polizei, Militär und Transport eingesetzt. Relativ neu im Portfolio ist die Marke „Tencel“, die sich der Konzern 2004 durch den Kauf der gleichnamigen Firmengruppe einverleibte. Er baute damit das Geschäft mit Lyocell-Fasern aus, die sich dadurch auszeichnen, dass sie sehr gut Feuchtigkeit absorbieren. Die mit Nanofibrillen ausgestatteten Zellulosefasern können überschüssige Feuchtigkeit aufnehmen und rasch wieder an die Umwelt abgeben. Die Einsatzmöglichkeiten sind äußerst vielfältig, so werden „Tencel“-Fasern für die Herstellung von Jeansstoffen, Funktionstextilien im Sportbereich, für Arbeitsbekleidung, Unterwäsche und Bettartikel sowie als Vliesstoff für Hygieneund Kosmetikartikel eingesetzt. Weitere Anwendungen finden sich im medizinischen Bereich und für Industrieprodukte. Mit Fasern erwirtschaftete der Konzern 2008 mehr als 82% der Umsätze. Unterteilt wird das Segment in zwei Sparten. Zum einen werden hier Textilfasern für Bekleidung, Heimtextilien, aber auch für technische Anwendungen hergestellt, die 69% der Erlöse beisteuern. Rund 31% entfallen auf Vliesstoffe aus Zellulose. Diese nicht gewebten Stoffe („nonwovens“) werden vor allem in sensiblen Bereichen wie Hygiene, Medizin und Kosmetik eingesetzt. Zum Bereich Fasern gehört auch die Produktion von Zellstoff und Chemikalien, die als Nebenprodukte anfallen.
Angefangen mit Papier
Neben dem Kerngeschäft gehören weitere Geschäftszweige zum Konzern, die teilweise historisch gewachsen sind. Lenzing hat 1892 mit der Papierherstellung angefangen und stellte bis zuletzt Recycling-, Plakat- und Briefumschlagpapiere her. Dieser kleinste Geschäftsbereich wurde 2008 aber zum Großteil (60%) an eine Investorengruppe veräußert. Mit diesem Schritt führte der Konzern die strategische Ausrichtung auf die Wachstumsbereiche innovative Zellulosefaserprodukte sowie hochwertige Synthesespezialfasern und Thermoplaste konsequent fort. Nach dem Kerngeschäft Fasern ist das Segment Plastics die nach Umsatz zweitgrößte Konzernsäule (13,6%). Sie ist aus der Notwendigkeit entstanden, Faserballen mit Kunststofffolie zu verpacken. Durch sukzessive Forschung und Entwicklung, aber auch Zukäufe, wurde das Sortiment nach und nach aufgestockt, und Lenzing Plastics gehört heute eigenen Angaben zufolge zu den weltweit führenden Herstellern von Folien, Fäden, Fasern, Garnen und sogenannten Verbunden mit sehr hohen Festigkeiten. Sie kommen bei Verpackungen, im Bau, für Abdichtungen, als Borsten sowie als Ausgangsmaterial für die Produktion von Carbonfasern oder in der Filtration heißer, aggressiver Gase zum Einsatz. Das dritte Geschäftsfeld, Technik (Umsatzanteil: 3,9%), entstand aus der Kernkompetenz im Bereich Viscoseherstellung. Lenzing bietet hier Maschinen und Anlagen für die Bereiche Zellstoff & Fasertechnologie, Filtration & Separation sowie Umwelttechnik.
Vorstand sieht Bodenbildung
Nach dem scharfen Einbruch zum Jahreswechsel 2008/09 hat Lenzing nach Aussagen von Firmenchef Peter Untersperger zuletzt eine gewisse Bodenbildung am Weltfasermarkt ausgemacht. Er sprach von einer wieder angezogenen Mengennachfrage, betonte jedoch, dass die Preise trotz Anpassungen noch immer unbefriedigend und weit entfernt von dem Niveau des vergangenen Rekordjahres sind. Mit Blick auf die Ergebnisverbesserungen vom ersten zum zweiten Quartal erläuterte der Vorstand, dass Lenzing einmal mehr von seiner Spezialitätenstrategie und dem Umstand, im ersten Quartal selbst in den schwierigsten Zeiten seine Kunden verlässlich mit Fasern versorgt zu haben, profitierte. Beides ermöglichte es, im zweiten Quartal die Zellulosefaserkapazitäten voll hochzufahren, sodass die Produktionsanlagen zu Jahresmitte nahezu komplett ausgelastet waren. Für das zweite Halbjahr erwartet Lenzing eine vorsichtige Stabilisierung der Umsatz- und Ertragsentwicklung, dank einer positiveren Nachfrage im Bereich Zellulosefasern sowie positiver Effekte aus laufenden Kosteneinsparungen, die bereits im zweiten Quartal zu den Ergebnisverbesserungen beitrugen. Unbefriedigende Preise sowohl bei Fasern als auch bei Plastics werden allerdings zum Vorjahr deutliche Rückgänge bei Umsatz und Ergebnis zur Folge haben. 2008 hatte der Konzern bei Umsätzen von 1,33 Mrd. Euro ein EBIT von 130,3 Mio. Euro sowie einen Nachsteuergewinn von 78,7 Mio. Euro erwirtschaftet.
Fazit
Das Produktspektrum von Lenzing ist äußerst vielfältig. Der Konzern gehört dabei im Bereich Fasern zu den weltweit führenden Herstellern. Er setzt jedoch nicht nur auf Standardfasern, sondern forciert das Geschäft mit hochwertigen Spezialfasern und Nischenprodukten im Bereich Plastics. Dadurch lässt sich zumindest teilweise dem allgemeinen Preisdruck auf dem weltweiten Fasermarkt entgegenwirken. Dank der Belebung des Geschäfts im zweiten Quartal, sind auch die Aussichten für das Gesamtjahr, trotz der nach wie vor vorhandenen konjunkturellen Risiken, wieder deutlich besser. Mittel- bis langfristig werden zudem angesichts der auch in der Krise konsequent weitergeführten Investitionen in den Ausbau der Produktionskapazitäten (z. B. Indonesien, China), die Weichen für künftiges Wachstum im nächsten Aufschwung gestellt. Insgesamt betrachtet könnte die Aktie daher für langfristige Investoren interessant sein. Technisch betrachtet gelang ihr am Freitag der Sprung über die Hürde bei 215 Euro, was für weitere Zuwächse sprechen könnte.
Faserspezialist
Das Kerngeschäft von Lenzing sind Fasern, vor allem aus Zellulose. Sie werden zu 100% aus dem natürlichen Rohstoff Holz gewonnen. Dazu gehört die erste Zellulosefasergeneration „Viscose“, die der Konzern seit mehr als 70 Jahren herstellt, die in der gesamten Textilindustrie genutzt wird. Zum Sortiment gehören ferner die Marken „Modal“, eine weiche Faser vor allem zum Einsatz in Bettwäsche und Handtüchern, und eine spezielle, flammenhemmende Viscose- Faser („Lenzing FR“), die Schutz vor Hitzequellen wie Feuer, Strahlungshitze, elektrischen Störlichtbögen, flüssigen Metallen und brennbaren Flüssigkeiten bietet. Sie wird vor allem in Schutzkleidung von Feuerwehr, Aluminium- und Stahlwerkern, Polizei, Militär und Transport eingesetzt. Relativ neu im Portfolio ist die Marke „Tencel“, die sich der Konzern 2004 durch den Kauf der gleichnamigen Firmengruppe einverleibte. Er baute damit das Geschäft mit Lyocell-Fasern aus, die sich dadurch auszeichnen, dass sie sehr gut Feuchtigkeit absorbieren. Die mit Nanofibrillen ausgestatteten Zellulosefasern können überschüssige Feuchtigkeit aufnehmen und rasch wieder an die Umwelt abgeben. Die Einsatzmöglichkeiten sind äußerst vielfältig, so werden „Tencel“-Fasern für die Herstellung von Jeansstoffen, Funktionstextilien im Sportbereich, für Arbeitsbekleidung, Unterwäsche und Bettartikel sowie als Vliesstoff für Hygieneund Kosmetikartikel eingesetzt. Weitere Anwendungen finden sich im medizinischen Bereich und für Industrieprodukte. Mit Fasern erwirtschaftete der Konzern 2008 mehr als 82% der Umsätze. Unterteilt wird das Segment in zwei Sparten. Zum einen werden hier Textilfasern für Bekleidung, Heimtextilien, aber auch für technische Anwendungen hergestellt, die 69% der Erlöse beisteuern. Rund 31% entfallen auf Vliesstoffe aus Zellulose. Diese nicht gewebten Stoffe („nonwovens“) werden vor allem in sensiblen Bereichen wie Hygiene, Medizin und Kosmetik eingesetzt. Zum Bereich Fasern gehört auch die Produktion von Zellstoff und Chemikalien, die als Nebenprodukte anfallen.
Angefangen mit Papier
Neben dem Kerngeschäft gehören weitere Geschäftszweige zum Konzern, die teilweise historisch gewachsen sind. Lenzing hat 1892 mit der Papierherstellung angefangen und stellte bis zuletzt Recycling-, Plakat- und Briefumschlagpapiere her. Dieser kleinste Geschäftsbereich wurde 2008 aber zum Großteil (60%) an eine Investorengruppe veräußert. Mit diesem Schritt führte der Konzern die strategische Ausrichtung auf die Wachstumsbereiche innovative Zellulosefaserprodukte sowie hochwertige Synthesespezialfasern und Thermoplaste konsequent fort. Nach dem Kerngeschäft Fasern ist das Segment Plastics die nach Umsatz zweitgrößte Konzernsäule (13,6%). Sie ist aus der Notwendigkeit entstanden, Faserballen mit Kunststofffolie zu verpacken. Durch sukzessive Forschung und Entwicklung, aber auch Zukäufe, wurde das Sortiment nach und nach aufgestockt, und Lenzing Plastics gehört heute eigenen Angaben zufolge zu den weltweit führenden Herstellern von Folien, Fäden, Fasern, Garnen und sogenannten Verbunden mit sehr hohen Festigkeiten. Sie kommen bei Verpackungen, im Bau, für Abdichtungen, als Borsten sowie als Ausgangsmaterial für die Produktion von Carbonfasern oder in der Filtration heißer, aggressiver Gase zum Einsatz. Das dritte Geschäftsfeld, Technik (Umsatzanteil: 3,9%), entstand aus der Kernkompetenz im Bereich Viscoseherstellung. Lenzing bietet hier Maschinen und Anlagen für die Bereiche Zellstoff & Fasertechnologie, Filtration & Separation sowie Umwelttechnik.
Vorstand sieht Bodenbildung
Nach dem scharfen Einbruch zum Jahreswechsel 2008/09 hat Lenzing nach Aussagen von Firmenchef Peter Untersperger zuletzt eine gewisse Bodenbildung am Weltfasermarkt ausgemacht. Er sprach von einer wieder angezogenen Mengennachfrage, betonte jedoch, dass die Preise trotz Anpassungen noch immer unbefriedigend und weit entfernt von dem Niveau des vergangenen Rekordjahres sind. Mit Blick auf die Ergebnisverbesserungen vom ersten zum zweiten Quartal erläuterte der Vorstand, dass Lenzing einmal mehr von seiner Spezialitätenstrategie und dem Umstand, im ersten Quartal selbst in den schwierigsten Zeiten seine Kunden verlässlich mit Fasern versorgt zu haben, profitierte. Beides ermöglichte es, im zweiten Quartal die Zellulosefaserkapazitäten voll hochzufahren, sodass die Produktionsanlagen zu Jahresmitte nahezu komplett ausgelastet waren. Für das zweite Halbjahr erwartet Lenzing eine vorsichtige Stabilisierung der Umsatz- und Ertragsentwicklung, dank einer positiveren Nachfrage im Bereich Zellulosefasern sowie positiver Effekte aus laufenden Kosteneinsparungen, die bereits im zweiten Quartal zu den Ergebnisverbesserungen beitrugen. Unbefriedigende Preise sowohl bei Fasern als auch bei Plastics werden allerdings zum Vorjahr deutliche Rückgänge bei Umsatz und Ergebnis zur Folge haben. 2008 hatte der Konzern bei Umsätzen von 1,33 Mrd. Euro ein EBIT von 130,3 Mio. Euro sowie einen Nachsteuergewinn von 78,7 Mio. Euro erwirtschaftet.
Fazit
Das Produktspektrum von Lenzing ist äußerst vielfältig. Der Konzern gehört dabei im Bereich Fasern zu den weltweit führenden Herstellern. Er setzt jedoch nicht nur auf Standardfasern, sondern forciert das Geschäft mit hochwertigen Spezialfasern und Nischenprodukten im Bereich Plastics. Dadurch lässt sich zumindest teilweise dem allgemeinen Preisdruck auf dem weltweiten Fasermarkt entgegenwirken. Dank der Belebung des Geschäfts im zweiten Quartal, sind auch die Aussichten für das Gesamtjahr, trotz der nach wie vor vorhandenen konjunkturellen Risiken, wieder deutlich besser. Mittel- bis langfristig werden zudem angesichts der auch in der Krise konsequent weitergeführten Investitionen in den Ausbau der Produktionskapazitäten (z. B. Indonesien, China), die Weichen für künftiges Wachstum im nächsten Aufschwung gestellt. Insgesamt betrachtet könnte die Aktie daher für langfristige Investoren interessant sein. Technisch betrachtet gelang ihr am Freitag der Sprung über die Hürde bei 215 Euro, was für weitere Zuwächse sprechen könnte.
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