Jahresbilanz & Konjunktureinschätzung

Stephan Heibel
Veröffentlicht von Stephan Heibel am 07.01.2010
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Heibel-Ticker Börsenbrief

Bild über konjunkturelle Verfassung Stellen Sie sich einmal vor, ein Containerschiff verlässt hier in Hamburg den Hafen, nimmt nach dem Ärmelkanal so richtig Fahrt auf und rauscht dann um Europa herum an der afrikanischen Küste Richtung Südafrika. Mensch, was der für ein Tempo kriegt! Und dann, am Kap der Wilden Stürme, heute heißt es Kap der Guten Hoffnung, dreht der Kapitän hart nach Backbord und kratzt die Kurve ... etwas zu eng. Das Containerschiff läuft auf Grund und schlägt Leck. Die Fahrt stoppt abrupt. Das war die Situation der Weltfinanzmärkte im September 2008. Lehman Brothers war Pleite gegangen während Immobilienderivate mit höchster Geschwindigkeit die Eigentümer wechselten. Das Weltfinanzsystem war Leck geschlagen. Umgehend wurden Rettungsmaßnahmen eingeleitet. Das Leck wurde geflickt, einige Großbanken und der weltgrößte Versicherer AIG wurden gerettet. Anschließend wurde das Containerschiff durch eine extrem aufwendige Hilfsaktion wieder flott gemacht, neu betankt, die Schiffsschraube wurde repariert und das Schiff wurde wieder in tiefere Gewässer gezogen. TARP-Hilfen, Generalgarantien und Leitzinssenkungen waren willkommene Hilfen für die Finanzmärkte. Wenngleich die Konjunktur noch still stand so halfen diese Hilfen doch, wenigstens das Finanzsystem am Laufen zu halten. Und schließlich wurde in einem dritten Schritt das Containerschiff durch eine konzertierte Aktion vieler kleiner Schiffe angeschoben, damit es schneller wieder an Fahrt gewann als aus eigener Kraft möglich. Hier kommen die Konjunkturhilfen ins Spiel. Alle Industriestaaten der Erde haben ihre Staatsverschuldung nach oben geschraubt und eine künstliche Nachfrage geschaffen, die zu einem Konjunkturaufschwung führte. (Ich habe gestern auf meiner Blog-Seite einen Artikel zur Staatsverschuldung geschrieben.


Nun kommen die Bären wieder zu Wort: „Um Gottes Willen, eine künstlich geschaffene Nachfrage kann niemals nachhaltig sein!“ wird da gerufen und man bereitet die Anleger auf den nächsten Crash vor, der genau dann auftreten soll, wenn die Konjunkturprogramme auslaufen. Ich kann diese unverbesserlichen Pessimisten nur auf’s schärfste Kritisieren: Der Crash liegt HINTER uns, nicht VOR uns! Das Containerschiff hat wieder Fahrt aufgenommen und wenn die Schlepper sich abnabeln, dann wird es relativ normal bis an seinen Zielhafen weiterfahren. Und es wird mit dem flicken am Schiffsrumpf noch einige male hin und her fahren können, bevor es außer Dienst gestellt werden muss, weil der Flicken vielleicht nicht mehr instand zu halten ist. Und so hat auch die Konjunktur an Fahrt gewonnen und wird nicht zum Stillstand kommen, wenn die Konjunkturprogramme, die übrigens auf einige Jahre ausgelegt sind, auslaufen. Die Privatwirtschaft wird nahtlos in solche Programme einsteigen und sie fortführen. Die Konjunktur ist viel abhängiger von der Stimmung der Privatwirtschaft als dies Statistiker zeigen können. Und ein angelaufener Aufschwung schafft sich seine Nachfrage, nährt sich selbst, bis wieder ein Zenit erreicht ist. Und bis dahin ist es noch eine Weile hin. Viele Unternehmen haben die Krise nutzen können und haben sich von überflüssigem Bauchspeck getrennt. Diese Unternehmen sind nun in der Lage, mit wesentlich weniger Umsatz schon Gewinne einzufahren als dies vor der Krise der Fall war. Und diese Unternehmen werden noch immer auf einem niedrigen Niveau bewertet, weil sie ja heute viel weniger „Umsatz“ machen als vor der Krise. Doch Umsatz macht Arbeit, Gewinn macht Freude heißt eine Unternehmerweisheit und im Jahr 2010 werden Analysten überrascht feststellen, dass viele Unternehmen mit wesentlich weniger Umsatz den gleichen Gewinn erzielen können wie vor der Krise. Und für die Bewertung einer Aktie ist der Gewinn maßgeblich, nicht der Umsatz. Im Jahr 2010 werden wir also erleben, wie Aktienkurse überproportional zur Konjunkturentwicklung ansteigen. Im Jahr 2009 hatte ich noch den einen oder anderen ETF im Portfolio, denn das Risiko von Pleiten bei Einzelwerten war groß. Im Jahr 2010 werde ich nunmehr nur noch auf Einzeltitel setzen, denn gerade dort sind immer wieder eklatante Unterbewertungen zu finden, die sich im Laufe der nächsten Monate durch Kursanstiege aufheben sollten. Das Risiko von Pleiten hingegen ist nunmehr sehr gering. Wir befinden uns in einem Bullenmarkt und je heißer die Spekulation, desto größer die Kurschancen bei vergleichsweise geringem Risiko. Es lohnt sich also, wieder etwas spekulativer vorzugehen. Ich widerspreche hier übrigens William Gross, dem Manager des weltweit größten Anleihenfonds, der im weiteren Jahresverlauf ein böses Erwachen fürchtet. Seiner Einschätzung nach wird das Auslaufen der Staatshilfen, der Konjunkturprogramme und der Notenbanksubventionen nicht von der Privatwirtschaft aufgefangen werden können. Sie können seine Einschätzung (auf Englisch) hier lesen: http://www.pimco.com/LeftNav/Featured+Market+Commentary/IO/2010 /Let%E2%80%99s+Get+Fisical+January+2010.htm Ich habe mich aber bewusst für das Bild des Containerschiffs entschieden, denn immer wieder hat die Privatwirtschaft mit ihrer Kreativität überrascht. Und meine Analyse diverser Einzeltitel zeigt mir einfach, wie gesund diese Unternehmen dastehen und wie leicht es ihnen im Jahr 2010 fallen wird, die Gewinnerwartungen zu übertreffen. Ein wenig meiner Euphorie war bereits in den ersten Tagen dieses Jahres an den Börsen zu sehen.
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