Investoren verschmähen Schwellenländer

kurs plus GmbH
Veröffentlicht von kurs plus GmbH am 15.02.2011
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

PortfolioJournal

Die politischen Unruhen in Nordafrika, der steigende Ölpreis und die zunehmende Inflation in den Schwellenländern verunsichern Anleger. Investoren zogen zuletzt massenhaft Kapital aus den Emerging Markets ab. Sie schichten das Geld nun in die etablierten Märkte der Industrienationen um.


Geldanlagen in Schwellenländern sind schon lange kein Geheimtipp mehr. In den letzten Jahren mauserten sich Emerging-Markets-Fonds zum Modethema, das nicht nur bei Experten Begehrlichkeiten weckte. Selbst Kleinanleger mischen flächendeckend bei dem Geschäft mit Aussicht auf vergleichsweise hohe Renditen mit. Wer etwas auf sich hält, der hat zumindest einen der viel gepriesenen BRIC-Fonds im Portfolio. Wem das nicht reichte, der setzte mit den Frontier Markets auf die Wachstumsmärkte von morgen. Doch an den Kapitalmärkten können sich Trends sehr schnell in das Gegenteil umkehren. Das ist seit Jahresbeginn der Fall. Die Analysten von Emerging Portfolio Fund Research (EPFR) haben berechnet, das zwischen dem 02. und 09. Februar drei Milliarden US-Dollar aus Emerging-Markets-Titeln abflossen. In der Woche zuvor waren es sogar mehr als sieben Milliarden Dollar. Zwar waren auf Schwellenländer spezialisierte Fonds vor dem jüngsten Mittelabfluss noch mit 720 Milliarden Dollar investiert, doch die Trendumkehr ist eindeutig. 2010 gab es noch Zuflüsse in Höhe von 95 Milliarden Dollar. Diese Entwicklung hinterlässt auch an den Aktienmärkten Spuren. Der MSCI Emerging Markets Index verzeichnete im Januar ein Minus von 2,7 Prozent. Die Börsen in Mumbai und Shanghai mussten zuletzt spürbar Federn lassen. Diese neue Skepsis hat mehrere Gründe. Der aktuelle Aufhänger für die zuletzt starken Abflüsse waren nach Ansicht vieler Experten die Unruhen in der arabischen Welt. „Sorgen, dass sich die Unruhen in Ägypten auch auf den Rest des Nahen Ostens übertragen und anschließend die globale Konjunkturerholung beeinträchtigen könnten, ließen Anleger den Ausstieg suchen“, schrieb Schwellenland- Guru Mark Mobius kürzlich in einem Marktkommentar. Für Cameron Brandt vom EPFR war die jüngste Zuspitzung der Ereignisse im Nahen Osten nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte: „Bei denjenigen, die ohnehin über Veränderungen nachdachten, haben die Ereignisse in Ägypten den letzten Anstoß gegeben“, sagte er der „Financial Times“. Die Entwicklung im Nahen Osten ist zudem eng verwoben mit der wiederkehrenden Inflation. Schon vor der Finanzkrise hatten die Menschen in Schwellenund Entwicklungsländern unter dem teils rasanten Preisanstieg für Nahrungsmittel und Rohstoffe generell zu leiden. Ende 2010 lag die Teuerungsrate in China und Indien bei 4,6 bzw. 8,4 Prozent. Ohne Interventionen wird sich an dieser Situation nichts ändern. Der wirtschaftliche Aufschwung soll weitergehen, doch ein Anhalten der Inflation könnte den Unmut der Bevölkerung erregen. Außerdem würde der Binnenkonsum, in den meisten Ländern noch ein zartes Pflänzchen, abgewürgt. Für Mobius zeigt der Erfolg hier seine Kehrseite: „Länder in Lateinamerika und Asien legten allgemein unvermindert starke makroökonomische Daten vor und verliehen damit Sorgen um eine Überhitzung und Inflationsängsten in großen Volkswirtschaften wie China und Brasilien erneut Auftrieb.“ Eine Vielzahl von Regierungen hat bereits reagiert. China hob erst kürzlich den Leitzins an, Brasilien drehte bereits 2010 an der Zinsschraube. Diese Gegenmaßnahmen könnten andererseits noch mehr Geld ins Land locken. Mobius sieht die Gefahr noch nicht gebannt: „Obwohl wir erwarten, dass die Emerging Markets 2011 insgesamt fest tendieren, bleiben ihre Volkswirtschaften wohl dem Inflationsdruck durch die Kapitalzuflüsse ausgesetzt, die durch die lockere Geldpolitik in den entwickelten Märkten ausgelöst werden. Angesichts der nach oben tendierenden Rohstoffpreise dürfte dies eine ständige Herausforderung für die Schwellenländer darstellen.“ Allerdings ist damit zu rechnen, dass auch Frankfurt, London und Washington in diesem Jahr die Leitzinsen erhöhen. Hierzulande ist Inflation bereits ein Thema, auch wenn zwei Prozent noch innerhalb eines tolerablen Rahmens sind. Ein Zinsschritt durch die EZB könnte den Kapitalfluss ins Ausland jedenfalls dämmen. Hohe Zinsen erhöhen die Anreize, in der Heimat zu investieren. Momentan schichten viele Fondsmanager bereits innerhalb ihres Portfolios um. Dabei entdecken sie offenbar ihre alte Liebe wieder. Derzeit fließt das Kapital nach Japan, in die USA und nach Europa. Fonds mit Fokus auf den Industrienationen haben zuletzt Mittelzuflüsse verzeichnen können, allein in der vorletzten Woche 6,6 Milliarden US-Dollar. Nicht ohne Grund hat der Dax seit Jahresbeginn mehr als vier Prozent zugelegt. Diese Entwicklung muss aber nicht nur der Sorge um die Entwicklung in den Schwellenländern geschuldet sein. Mikio Kumada, Global Strategist bei der LGT Capital Management, verweist auf die Stärke der hiesigen Player: „Unternehmen aus den entwickelten Industriestaaten schaffen es, auch bei moderatem Umsatzwachstum hohe Gewinnsteigerungen zu erzielen. Viele ihrer Schwellenländer- Rivalen hinken in der Produktivität zurück und setzen stattdessen weiter auf Preiswettbewerb und tiefe Margen bei hohem Umsatz- und Mengenwachstum. Ihre Gewinne wachsen langsamer als die Umsätze.“ Dennoch sollten Anleger ihre Investments jetzt nicht hektisch aus den Schwellenländern abziehen. Der wirtschaftliche Aufstieg geht schließlich weiter und auch an den Aktienmärkten zeigt die Kurve langfristig nach oben. „Auf lange Sicht – etwa in den nächsten zehn oder 20 Jahren – werden sicherlich weiter brasilianische, russische, indische und chinesische Firmen zu den weltweit führenden Unternehmen aufsteigen“ ist sich Kumada sicher. Inzwischen gibt es erste Anlageprodukte, die das Thema Schwellenländer mit Inflationsschutz verbinden. Swiss & Global Asset Management beispielsweise lancierte kürzlich den Julius Bär Emerging Markets Inflation Linked Bond Fund, der im Bereich der inflationsgebundenen Anleihen investiert. Der Lupus Alpha Structure Emerging Markets setzt auf ETFs und Futures. Dank eines Wertsicherungskonzepts sollen die Verluste im Falle einer negativen Marktentwicklung auf zehn Prozent begrenzt werden. Experten empfehlen zudem eine größere Streuung bei Investments in Emerging Markets: Anstelle einer reinen Konzentration auf BRIC sollten Märkte wie Südafrika oder Indonesien nicht außer Acht gelassen werden.
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