Insider-Skandal

Stephan Heibel
Veröffentlicht von Stephan Heibel am 23.11.2010
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Heibel-Ticker Börsenbrief

Wo soll ich zuerst hinschauen? Auf den unglaublich schnell anwachsenden Skandal um den systematischen Zukauf von Insiderinformationen in den USA, die unglaublich schnell anwachsenden Spannungen zwischen Nord- und Südkorea, den unglaublich schnell anwachsenden Schuldenberg der EU oder den unglaublich großen Bauch meiner Frau? Nun, zuerst kommt stets meine wundervolle Frau, daher nochmals die Erinnerung: Die Aktion Glückskinder anlässlich der erwarteten Geburt meiner Tochter könnte jederzeit enden. Das ist das Schöne an der Natur: Egal, was in Irland, Korea oder den USA passiert, wenn meine Frau heftig zu schnaufen beginnt, kehre ich den Märkten den Rücken, und hoffentlich sehr kurze Zeit später endet die Sonderaktion Glückskinder.


Bis dahin können Sie noch das Jahresabo des Heibel-Ticker PLUS für 100 Euro bestellen (statt normalerweise 120 Euro). Zusätzlich erhalten Sie noch eine Laufzeitverlängerung um zwei Wochen, sofern Mutter und Baby gesund aus dem Kreissaal kommen. Ich habe dieses Sonderangebot ≥Aktion Glückskinder„ genannt, da sich meine Frau und ich wie zwei Glückskinder fühlen, die ein Geschenk erwarten. Meine Prognose: Die Euro-Blase wird noch einige Jahre weiter anwachsen. Die Insider-Blase wird noch einige Monate weiter anwachsen. Die Korea-Spannungen werden einige Tage in Anspruch nehmen, um sich wieder einmal in Luft aufzulösen. Der Bauch meiner Frau kann eigentlich gar nicht mehr größer werden. Aber das habe ich in den vergangenen Wochen schon mehrfach behauptet. Doch über den Zeitpunkt der Geburt spekuliere ich nicht ˆ das ist Biologie und meine ≥Modelle„ sind dafür nicht geeignet ;-) Gestern nun ist der Dow Jones im Tagesverlauf um bis zu 1,3% eingebrochen. Meldungen über Untersuchungen der Staatsanwalt in Sachen Insider-Handel ≥im größten Umfang der Börsengeschichte„ haben der US-Presse zufolge ≥die Kurse belastet„. In Deutschland wurde dieser Umstand gar nicht wahrgenommen oder zumindest nicht auf den erfolgten Ausverkauf bezogen. Hierzulande machte man die Irlandkrise dafür verantwortlich, obwohl dort ja gerade eine ≥Lösung„ präsentiert wurde. Selten habe ich ein solches Durcheinander von Ereignissen und deren Auswirkung auf die Kurse gesehen. Daher hier nun meine Einschätzung als unterwöchiges Update. Sie haben meine Ausführungen zu Prof. Issings Essay am vergangenen Freitag gelesen. Vielleicht haben Sie auch sein Essay selbst gelesen, den Link hatte ich mitgeschickt. Mein Fazit daraus: Die Politik wird auch das Irland-Problem vorerst erfolgreich ≥lösen„ und die gefundene Lösung entsprechend dem Volk präsentieren. Das Tankschiff namens Euro wurde zwar von einem irischen Fischerboot gerammt, doch es ist dadurch kaum vom Kurs abgekommen. Spekulanten rüsten sich nun für Portugal. Nach Griechenland hat es etwa ein Jahr gedauert, bis nun Irland zu Fall gebracht wurde. Ich denke, bei Portugal sind die Abläufe eingespielt, es wird weniger als ein Jahr dauern. Irland selbst jedoch ist aus Sicht der Spekulanten ausgespielt, die Positionen wurden (vielleicht werden noch) glatt gestellt und man bereitet sich auf den nächsten Spielzug vor. Die Euro-Probleme haben mit dem gestrigen Ausverkauf an der Wallstreet jedoch wenig zu tun. Vielmehr war die Meldung über die Untersuchungen in Sachen Insiderhandel dafür die Ursache. Schauen wir uns das einmal genauer an. Vor etwa einem Jahr wurde Raj Rajaratnam, Gründer des Hedgefonds Galleon Group, wegen Insiderhandels verhaftet. Es war ein erstes Indiz dafür, dass der New Yorker Bundesstaatsanwalt Preet Bharara das Thema Insiderhandel unter die Lupe nahm. Der Galleon Group wurde vorgeworfen, Insidern von börsennotierten Unternehmen gegen Bezahlung Insiderinformationen entlockt zu haben. ≥Gegen Bezahlung„ bedeutet in einem solchen Umfeld mindestens einmal eine sechsstellige Summe. Rajaratnam ist inzwischen gegen Kaution frei, seither sollen seine Mitarbeiter Meldungen zufolge einige Strategien des Hedgefonds gegenüber der Staatsanwaltschaft aufgedeckt haben. Hört sich für mich nach Kooperation an. Rajaratnam betonte immer wieder, dass er keineswegs das Gesetz gebrochen habe sondern lediglich die verfügbaren Informationen nutzte. Sie sollten hier wissen, dass ≥verfügbar„ mit einem Sternchen versehen ist. Im Kleingedruckten werden Sie dann auf die notwendige Bezahlung dieser Information hingewiesen. Die Größenordnung kennen Sie ja nun. In den Meldungen werden nun zwei Dinge miteinander vermischt. Auf der einen Seite wird die berechtigte Ermittlung gegen Insiderhandel beschrieben. Wenn Insider ihren Informationsvorsprung zum eigenen Vorteil genutzt haben und sei es eben auch nur durch das Verkaufen von Infos, dann ist das gesetzeswidrig. Auf der anderen Seite echauffiert sich die US- Boulevardpresse über die Beträge, die in diesem Umfeld gezahlt werden und bezeichnet das als ungerecht dem Privatanleger gegenüber. Welcher Privatanleger kann schon einen sechsstelligen Betrag auf den Tisch legen, nur um ein Kopfnicken oder Kopfschütteln eines CEOs zu erhalten? Doch in diesem Verfahren kommt eben auch zum Vorschein, dass wirklich wertvolles Research, an dem hochbezahlte Analysten teilweise mehrere Wochen sitzen, schnell mal 10-30 Tausend Euro kostet. Auch solche Summen sind für Privatanleger nicht bezahlbar. Doch das ist nur ein kleiner Teil der Ausgaben von Hedgefonds. Die um ein vielfaches größeren Beträge gehen in die Entwicklung von Handelssystemen. Systeme, die möglichst alle kursrelevanten Informationen verarbeiten und in Echtzeit zu einer Handelsempfehlung kommen. Privatanleger fühlen sich heute in einer gefährlich sicheren Position. Es stehen bunte, flimmernde Handelsbildschirme zur Verfügung. Die SEC-Meldungen kommen in Echtzeit rein, nicht nur Echtzeitkurse, auch Echtzeitcharts und sogar Echtzeit- Charttechnik mit entsprechenden Handelssignalen stehen heute vielen Privatanlegern zur Verfügung. Doch diesem ≥Abfall„ der Finanzbranche stehen individuell programmierte Handelssysteme gegenüber. Hedgefonds zahlen Millionenbeträge, um ihr Büro möglichst nah an der NYSE bzw. NASDAQ zu haben, damit die Kabelleitungen zum Handelscomputer der Börsen möglichst kurz sind und dadurch ein paar Bruchteile einer Sekunde gegenüber dem Wettbewerber gewonnen werden. Wie will der Privatanleger von zu Hause dagegen konkurrieren? Anders als beim Investieren, wo wir auf eine Verbesserung des Geschäfts des Unternehmens setzen und daraus einen Kursanstieg ableiten, gilt für das Spekulieren oder Trading, dass es sich um ein Nullsummenspiel handelt. Hier geht es um Kursbewegungen innerhalb weniger Sekunden, nicht um einen langfristigen Trend. Und diese sekundenorientierten Spekulanten bestimmen einen Großteil des Handelsvolumens am Tag. Am Ende des Tages wird abgerechnet. Am Ende der Woche kommt der Kunde, der das Geld gegeben hat und fragt nach der Wochenperformance. Wenn die Wochenperformance nicht stimmt, wird das Geld abgezogen und einem anderen Hedgefonds gegeben. Hedgefonds können daher nur mit einem Teil ihres Geldes investieren. Mit dem Großteil ihres Geldes müssen sie spekulieren, denn Wochenschwankungen werden von den Geldgebern nicht toleriert. Um sich in diesem kompetitiven Umfeld einen Vorteil zu verschaffen, über den Vorteil gegenüber den Privatanlegern hinaus, greifen offensichtlich einige Hedgefonds auf Insiderinformationen zurück. Diesem System soll also nun in dem bislang größten Verfahren gegen Insiderhandel Einhalt geboten werden. Zum einen wird dadurch den privaten Daytradern und Spekulanten wieder einmal vor Augen geführt, mit welch einfachen Mitteln sie hier gegen hochspezialisierte Profis antreten. Es bestätigt wieder einmal meine Warnung vor dem Spekulieren auf kurzfristige Kursschwankungen. Das klappt vielleicht neun Mal, doch beim zehnten Mal, wenn sich der Trader seines Systems sicher glaubt, geht es so stark nach hinten los, dass die zuvor erzielten Gewinne ausradiert werden. Ich denke und hoffe, dass das Spekulieren dadurch erfolgreich zurückgefahren wird. Zum anderen werden aber auch Sie, die Privatanleger, wieder einmal verunsichert. Denn wer fühlt sich schon in der Lage, in einem so kompetitiven und teilweise unfairen Umfeld zu bestehen? Gegen das teure Research der Profis haben Privatanleger nur wenig entgegen zu setzen. Und wenn dann auch noch unfaire Mittel wie der Zukauf von Insiderinformationen eingesetzt werden, dann könnten viele Privatanleger das Spielfeld Börse verlassen. Ich würde es Ihnen nicht verübeln. Doch ich sehe dies anders. Nicht umsonst habe ich im Heibel-Ticker noch nie Trades vorgestellt, die allein auf technischen Indikatoren basieren. Für mich muss immer eine fundamental attraktive Story dahinter stecken, die sich mittel- und langfristig ausspielen würde. Gegen die technischen Handelssysteme der Großbanken können wir nicht bestehen. Doch der Schwerpunkt des Heibel-Tickers liegt seit jeher auf dem Analysieren langfristiger Trends. Wenn wir solche gefunden haben, dann springen wir auf und fahren eine Weile mit. Wenn wir zwischenzeitlich ins Hintertreffen geraten, dann haben wir als Privatanleger die Freiheit, diesen Rückschlag ≥auszusitzen„. Unsere Geldgeber laufen uns nicht weg, wir sind es selbst. Voraussetzung für das ≥Aussitzen„ ist natürlich, dass sich währenddessen nicht die fundamentalen Rahmenbedingungen ändern. Wenn wir natürlich feststellen, dass unsere fundamentalen Annahmen nicht mehr stimmen, dann müssen wir die Position auch mit Verlust auflösen. Doch damit haben wir einen Vorteil gegenüber Hedgefonds, und diesen Vorteil sollten wir ausspielen. Wir können zwischenzeitliche Rückschläge aussitzen und riskieren damit nicht, einen überraschenden Kurssprung zu verpassen. Nach dem ersten Schock konnte sich der Dow Jones gestern berappeln und schloss fast ohne Verluste. Ein weiteres Zeichen dafür, in welch guter Verfassung die Börse derzeit ist. Heute wird es eine weitere Probe für die Bullen geben: Die Spannungen zwischen Nord- und Südkorea haben sich verschärft. Die USA fühlten sich genötigt, über Nacht die bedingungslose Unterstützung Südkoreas zu bestätigen. Ich sehe einen eventuellen Ausverkauf am heutigen Tage erneut eher als eine Kaufgelegenheit denn als Gefahr, weil die geschäftliche Entwicklung der Aktienunternehmen nicht in Frage gestellt ist.
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