Hat die „Smart-Watch“ das Zeug zum neuen Mega-Trend?
Vor einigen Wochen gab es Unruhe in der Branche, als bekannt wurde, dass Apple ein Patent für eine „smarte“ Uhr mit einem gewölbten Display als Ziffernblatt zum Patent angemeldet hat. Traditionell erregt es immer Aufsehen, wenn Apple sich in einem neuen Produktsegment breitmacht. Gerne wird aber vergessen, dass Apple mit seinen technischen Visionen nie der Erste, trotzdem aber dafür bisher stets der Beste war. Auch die Idee der Smart-Watch ist nicht neu. Tatsächlich gibt es seit Entwicklung der Quarz-Uhr mit LCD-Digitalziffern Bemühungen, die Armbanduhr stetig intelligenter zu machen. So gab es bereits 1983 mit der „Seiko Data 2000“ eine Armbanduhr, mit der man Text über eine Tastatur eingeben konnte. 1999 folgte dann die „Samsung SPH-WP10“, der ersten Armbanduhr, mit der man telefonieren konnte. 2004 lancierte schließlich Swatch die „Paparazzi“, die zusammen mit Microsoft entwickelt worden war. In dem Gerät war Microsoft Outlook integriert und zeigte Infos wie Nachrichten, Sportresultate, Wettervorhersagen oder Ausgehtips auf dem Display an.
Auch in der jüngsten Vergangenheit gab es neue Smart-Watches. So besaß das Gerät von Sony einen berührungsempfi ndlichen Bildschirm und viel technischen Schnickschnack. Zumindest bei Freaks war sie beliebt, konnte sich bei einem breiteren Publikum aber nie durchsetzen. Das Projekt „Pebble“ von Eric Migicovsky war dagegen schon in der Anfangsphase ein furioser Erfolg. Über die Online-Spendenplattform „Kickstarter“ sollten im vergangenen Jahr ursprünglich 100.000 $ als Anschubfinanzierung eingeworben werden. Tatsächlich sind es 10,3 Mio. $ geworden! Von den über 68.000 Unterstützern, die gespendet haben, wählten 60 % die Option, eine „Pebble“ zum Preis von 115 $ vorzubestellen. Jetzt werden die ersten Uhren ausgeliefert. Ob sich das Produkt über die Anfangseuphorie hinweg tatsächlich am Markt etablieren kann, muss abgewartet werden. Ein Erfolg erscheint aber in diesem Fall zumindest möglich.
Eine der drängendsten Fragen ist, ob Smart-Watches die traditionelle Uhrenindustrie unter Druck bringen kann. Bereits in den siebziger Jahren hatte man den in Japan lancierten Siegeszug der Quarz-Digitaluhr völlig unterschätzt und war deshalb in eine bedrohliche Krise geraten. Sicherlich spielt eine Rolle, weswegen der Kunde überhaupt eine Uhr kauft. Handelt es sich um eine sehr teure Uhr, wird sie in der Regel als Schmuckstück und als Statussymbol gekauft. Wer Geld für solch teure Uhren übrig hat, wird die Kaufentscheidungen also völlig unabhängig voneinander treffen, so dass die Smart-Watch zumindest bei dieser Käuferschicht nicht die traditionelle Uhr zu verdrängen imstande ist. Anders sieht es im günstigeren Segment aus. Hier wird der Kunde in der Regel kaum Geld für eine weitere Uhr erübrigen, nachdem er sich für eine Smart-Watch entschieden hat.
Entscheidend ist aber auch, ob neue Marktsegmente in der Uhrenbranche überhaupt das erforderliche Erfolgspotenzial mitbringen. Fest steht, dass sich spätestens seit dem Siegeszug der Handys niemand mehr eine Uhr kauft, um darauf nur die Zeit ablesen zu können. Andere Motive stehen im Vordergrund, wie z. B. die bereits erwähnte Verwendung als Schmuckstück oder als Statussymbol. Jüngere Menschen tragen allerdings heutzutage kaum noch Uhren. Smart- Watches könnten für diese potenzielle Kundenschicht aber interessant sein, wenn man darüber per Facebook ständig die Verbindung zu Freunden halten kann oder Chat-Nachrichten per Whats- App direkt auf dem Display am Handgelenk angezeigt werden. Das Smartphone bliebe zwar die Hauptschaltzentrale, könnte aber meistens in der Tasche bleiben, weil die wichtigsten Nachrichten drahtlos an die Smart-Watch übertragen werden und dort ohne umständliche Kramerei gelesen und möglicherweise sogar beantwortet werden können.
Letztlich wird aber auch die Frage der Stromversorgung über Erfolg und Mißerfolg der Smart-Watch entscheiden. In der Vergangenheit sind Geräte oft am Markt gefl oppt, weil die Akkuleistung nicht ausreichend und das Gerät nicht sinnvoll einzusetzen war. Auch die Ladetechnik spielt eine Rolle. Je unkomplizierter der Ladevorgang, desto alltagstauglicher wird das Gerät sein. Die seit kurzem verfügbare Technik, mit der Geräte kontaktlos aufgeladen werden können, dürfte von der Branche wohl favorisiert und weiterentwickelt werden.
Welche Anbieter gibt es aktuell am Markt und wie kann der Anleger davon profitieren? Noch ist der Markt zersplittert und die großen Konzerne stehen erst am Anfang. Die italienische i‘m sowie die US-amerikanischen Firmen Metawatch und ConnecteDevice liefern bereits Uhren aus, sind aber nicht börsennotiert, ebenso wie Eric Migicovsky mit seiner Pebble-Watch.
• Bei APPLE (865 985; 405 $) wird die iWatch über Wohl und Wehe des Unternehmens mitentscheiden. Der einstige Shooting-Star hat vor einigen Monaten die Gunst der Anleger verloren, als ruchbar wurde, dass das iPhone seine Vormachtstellung auf dem Smartphone-Markt verloren haben könnte. Wird die iWatch ein Erfolg, hat sie das Zeug dazu, bei Apple die nächste Evolutionsstufe zu zünden. Durststrecken wie derzeit hat es bei Apple schon öfter gegeben, wie z. B. als der iPod auf dem Höhepunkt der Erfolgswelle schwamm und vom iPhone noch nichts bekannt war. Trotz der niedrigen Bewertung erscheint uns ein Einstieg zum jetzigen Zeitpunkt aber noch zu riskant.
• Auch GOOGLE (A0B 7FY; 813,75 $) will bei Smart-Watches mitmischen. Vorher aber wird es „Google Glasses“, die vernetzte Brille von Google, geben. Die Erfolgsaussichten sind ungewiss. Über Googles Smart-Watch-Projekt gibt es zudem noch keine Details. Ohnehin ist die Aktie derzeit auf dem Rückzug, so dass zunächst erst einmal eine Stabilisierung abgewartet werden sollte.
• SWATCH (865 126; 528 CHF) hat sich bereits in der Vergangenheit als erfolgreicher Trendsetter bewiesen. Das Unternehmen wächst und ist hochprofitabel. Das Thema Smart-Watch ist zudem wie gemacht für Swatch! Bereits jetzt bietet man eine Uhr mit einem gekrümmten Touchscreen an. Mit Apple hat man sich u. a. darüber ausgetauscht, wie die Akkuleistungsfähigkeit in einer Uhr verbessert werden kann. Winkt hier vielleicht sogar ein gemeinsames Smart-Watch- Projekt? Die Aktie ist aber nicht nur deswegen ein Kauf. Ein KGV von knapp 16 bietet allerdings auch Rückschlagspotenzial.