Haben Landmaschinenhersteller bereits das Tal der Tränen hinter sich gelassen?

Hans A. Bernecker Börsenbriefe GmbH
Veröffentlicht von Hans A. Bernecker Börsenbriefe GmbH am 12.08.2015
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Aktionärsbrief

Die letzten Jahre waren nicht einfach für Branchenvertreter wie Deere, CNH Industrial und AGCO. Der Preistrend von Agrarrohstoffen zeigt steil nach unten. Beispiel: An der Chicagoer Terminbörse kostete ein Scheffel Mais im Sommer 2012 noch gut 8 $. Jetzt liegt der Preis noch nicht einmal mehr bei der Hälfte. Zum einen sind die global schwierigeren konjunkturellen Rahmendaten verantwortlich. Dazu kommen prallvolle Lager und die Aussichten auf eine erneut sehr gute Ernte in Nordamerika. All das lässt auch die Preise für Soja und Weizen immer weiter absacken. Last but not least gesellt sich der abstürzende Ölpreis dazu, der die Attraktivität von nachwachsenden Treibstoffen wie Bioethanol und Biodiesel mindert.


Als Reaktion auf diese Entwicklung haben sich viele landwirtschaftliche Großbetriebe eine Investitionsdiät verordnet. Begründet, denn die US-Agrarbehörde USDA schätzt, dass das Einkommen der großen Landwirtschaftsbetriebe 2015 um knapp ein Drittel auf ca. 74 Mrd. $ zurückgehen wird. Das entspräche dem niedrigsten Stand seit 2009. Das hat natürlich Folgen für die Hersteller von Landwirtschaftsmaschinen. Laut dem Branchenverband AEM sind in den ersten sechs Monaten des Jahres 18 % weniger schwere Traktoren verkauft worden, während der Absatz von Mähdreschern sogar um gut 40 % zurückgegangen ist. Einen kleinen Lichtblick gab es allerdings bei kleinen Traktoren sowie Maschinen für die Fleisch- und Milchproduktion. Folglich waren die Preise in diesem Bereich deutlich stabiler, was den Landmaschinenherstellern zugutekam und die schlechte Entwicklung im Großgerätebereich zumindest teilweise kompensieren konnte.

Dennoch bleiben die Herausforderungen für Landmaschinenhersteller hoch. Im Rahmen des scharfen Anstiegs der Rohstoffpreise gegen Ende des letzten Jahrzehnts hatten viele Bauern massiv in Maschinen und Ausrüstung investiert. Das führte dazu, dass laut einer Studie von Goldman Sachs in den USA die Traktorfl otte so jung ist wie seit 20 Jahren nicht mehr. Darüber hinaus platzen die Lager von Zwischenhändlern wegen eines enormen Bestands von gebrauchten Maschinen fast aus allen Nähten. Das senkt natürlich die Nachfrage nach neuen Geräten und belastet die Preise.

Die schwierige Situation hat tiefe Schrammen in den Bilanzen der Hersteller hinterlassen:

• DEERE & CO. (850 866; 96,50 $) sieht sich in Nordamerika im Geschäft mit schweren Landmaschinen mit dem schwersten Abschwung innerhalb der letzten 25 Jahre konfrontiert. Die Veröffentlichung der Zahlen für das 2. Quartal ist erst für den 21. August vorgesehen. Analysten rechnen mit einem Umsatzrückgang von 18 %, während der Gewinn sogar um 37 % unter dem Vorjahresniveau liegen soll. Die Schätzung für den Gewinn je Aktie liegt bei durchschnittlich 1,42 $.

• CNH INDUSTRIAL (A1W 599; 9,27 $) ist ein Hersteller von Nutzfahrzeugen aller Art und die Nr. 2 bei Landmaschinen. Das in Amsterdam ansässige Unternehmen ist aus der Fusion von CNH Global und Fiat Industrial hervorgegangen. Das Produktportfolio umfasst 12 Marken, zu denen u. a. Iveco, Case IH, Steyr, New Holland und Magirus gehören. CNH ist die Abkürzung für Case New Holland, wobei es sich um zwei Hersteller von Fahrzeugen für Landwirtschaft und Tiefbau handelt. Unter dem Begriff „Industrial“ werden Lastwagen und Busse von Iveco geführt. Im 2. Quartal hatte CNH Industrial einen Umsatzrückgang von knapp 22 % auf 6,96 Mrd. $ zu beklagen, was 500 Mio. $ unter der durchschnittlichen Analystenprognose lag. Der Gewinn ist sogar um 55 % auf 196 Mio. $ zurückgegangen. Der Gewinn je Aktie von 0,11 $ lag rund ein Drittel unter den Erwartungen. Der Umsatz in der Landwirtschaftssparte, die für rund die Hälfte des Gesamtumsatzes steht, ist um knapp ein Drittel gesunken.

• Bei AGCO (888 282; 57,08 $) lief es kaum besser. Das in Georgia/USA angesiedelte Unternehmen stellt ausschließlich Landmaschinen her. Das Unternehmen ist 1990 aus einem Management-Buyout hervorgegangen, im Rahmen dessen die nordamerikanischen Aktivitäten von Klöckner-Humboldt- Deutz mit der Landmaschinenmarke Deutz-Fahr zusammengeführt wurde. Die vier wichtigsten Marken des Konzerns heißen Challenger, Fendt, Massey Ferguson sowie Valtra. AGCO ist der weltweit drittgrößte Hersteller von Landmaschinen. Im 1. Halbjahr musste man einen Umsatzrückgang von 25 % auf 3,8 Mrd. $ hinnehmen, während der Gewinn mit 137 Mio. $ sogar um 50 % zurückfiel.

• Der Schweizer Konkurrent BUCHER INDUSTRIES (A0E AHZ; 228 CHF) hingegen zeigte sich dagegen verhältnismäßig wacker. Über die Tochter Kuhn Group beackert man eine Nische, die sich als relativ widerstandsfähig erweist. Hier werden kleinere Geräte wie Sämaschinen, Feldhäcksler oder Heuballenwickler hergestellt, die auch bei schwierigen Marktbedingungen recht konstant nachgefragt werden. Darüber hinaus bietet Kuhn aber auch Maschinen für die Milch- und Fleischproduktion an. Dieser Markt ist deutlich robuster und weniger anfällig für Konjunkturschwankungen als der Markt für große Landmaschinen. Glücklicherweise repräsentiert Kuhn das Kerngeschäft von Bucher. Entsprechend glimpfl ich kam man im 1. Halbjahr 2015 davon: Der Umsatz ist lediglich um 9% auf 1,3 Mrd. CHF zurückgegangen, während der Gewinn um 18 % auf 80 Mio. CHF gefallen ist.

Die Aktien der Branchenvertreter haben sich mittlerweile wieder von ihren Tiefs erholt. AGCO und CNH Industrial, die zuvor am tiefsten gestürzt waren, liegen seit Jahresbeginn am deutlichsten im Plus. Deere hat Nachholbedarf, wird aber durch den festen Dollar gebremst. Gelingt aber das Break bei knapp 100 $, dürfte die Aktie durchstarten. Bucher ist dagegen die solideste, aber auch unspektakulärste Variante. Zwar hemmt der gestiegene Franken, aber lediglich gegenüber dem Euro. Gegenüber dem US-$ hat der Franken per saldo kaum aufgewertet. Das im Vergleich zur Branche niedrige KGV von 14 sowie eine Dividendenrendite von 2,8 % machen die Aktie zusätzlich attraktiv.
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