Fehlinterpretationen
Die Märkte erlebten einen fulminanten Start ins Jahr 2012, und wenn sich Ihr Einkommen nach Jahresperformance richten würde, dann würden auch Sie zu diesem Zeitpunkt Gewinne sichern und sich auf einen ruhigen Sommer mit weniger „Leverage“, also weniger riskanten Positionen vorbereiten.
Noch vor zwei Wochen war das Portfolio des Heibel-Tickers mit
14% im Plus während der DAX schon bei 21% stand. Heute steht
unser Portfolio bei plus 15,2%, der DAX hat nur noch 15% seit
Jahresbeginn zugelegt. Wäre es also auch für Ihren Autor nun
der richtige Zeitpunkt, alles zu liquidieren und sich nach den
anstrengenden vergangenen Jahren einmal einen schönen Sommer zu
leisten?
Ganz ehrlich? Nein. Das ist die Denke von Tradern, von
Hedgefonds und von Spekulanten. Mit unserem diversifizierten
Portfolio sind wir überdurchschnittlich gut durch die Krisen
der vergangenen Jahre gesegelt. Das hat unsere Nerven geschont,
und so werden wir auch weiterhin mit kleinen Schritten unser
Portfolio stets an die aktuellen Gegebenheiten anpassen.
Doch dieses besonnene Vorgehen ist an der Börse eher selten zu
sehen. Und so ist in dieser Woche die Skepsis gegenüber einer
Fortsetzung der Rallye aufgekommen. Mehrere Ereignisse haben
für Verunsicherung gesorgt.
So sprach US-Notenbankchef Ben Bernanke davon, die lockere
Geldpolitik nicht weiter zu lockern. Er wolle zunächst
abwarten, ob die bislang eingeführten Maßnahmen ausreichen, um
nicht nur die Wirtschaft zu stabilisieren sondern nun auch den
Arbeitsmarkt anzukurbeln.
Wenn Sie einen Grill anfachen und Brennspiritus auf die Kohle
geschüttet haben, dann warten Sie doch auch zunächst einmal ab,
ob die Kohle nun selbst auch Feuer fängt, bevor Sie in die
angefachte Flamme einen weiteren Becher Spiritus schütten,
oder? Nichts anderes tut Bernanke.
Doch Spekulanten sind enttäuscht darüber, dass kein QE3
(quantitativ easing III. – dritte Runde der Geldlockerung)
verkündet wurde und verkaufen ihre Aktienpositionen...
...oder haben etwa nur die Medien diesen vermeintlichen Grund
aufgetan, nachdem die Kurse im Minus waren? In meinen Augen
braucht es kaum einen Anstoß um Spekulanten zum Realisieren
ihrer Gewinne zu veranlassen. Bernanke zumindest hat in meinen
Augen keinen ausreichenden Grund geliefert, zumal wir uns
sicher sein können, dass er zur Stelle sein wird, wenn die
Wirtschaft wider Erwarten erneut zu straucheln beginnen sollte.
Dann war schon eher die Umsatz- und Gewinnwarnung von Sandisk
ein Grund für einen Ausverkauf: Der Hersteller der SSD
Festplatten (Flash-Drives) hat seine Prognose für das laufende
erste Quartal deutlich gesenkt. Eine heftige Überraschung, hat
man doch gedacht, dass Sandisk als größter Anbieter der SSDs
automatisch am Erfolg von Apples iPads und iPhones
partizipieren würde.
Doch weit gefehlt: Apple ist ein Kunde, der seine Zulieferer
nicht gerade mit Samthandschuhen anfasst. Wir alle haben doch
schon davon gehört, dass Unternehmen von der Zuliefererliste
Apples flogen allein aus dem Grund, weil sie öffentlich Details
über den Vertrag bekanntgegeben haben. Da ist es nicht schwer
vorstellbar, dass Sandisk zwar große Volumina an Apple liefert,
aber zu Preisen, mit denen sich kaum ein Gewinn erzielen lässt.
Den Gewinn müssen Apple-Zulieferer häufig dann bei anderen
Kunden erzielen. Vielen ist dies auch ein Leichtes, da man dank
der großen Volumina durch den Apple-Auftrag über geringere
Stückpreise verfügt als die Konkurrenz. Und das hätte
eigentlich auch bei Sandisk zu einem guten Kundenstamm führen
müssen.
Das ist jedoch nicht der Fall, wie wir diesen Mittwoch
erfuhren. So grübeln nun Investoren darüber, ob die
Umsatzwarnung auf eine geringere Nachfrage durch Apple
zurückzuführen ist, oder ob Sandisk seinen strategischen
Vorteil einfach nicht gewinnbringend umsetzen kann.
Meine Meinung? Letzteres. Egal welchen Bericht über die iPhone-
und iPad-Nachfrage ich lese, die Absatzzahlen übersteigen
jegliche Erwartungen. An Apple liegt es nicht. Somit ist wohl
schlechtes Management bei Sandisk verantwortlich für die
Misere.
Eine mutige Behauptung, denn ich stehe damit wieder einmal
recht einsam da. Doch ich finde diese Interpretation
nachvollziehbar, insbesondere vor dem Hintergrund der Meldungen
über Absatzprobleme bei der Konkurrenz, die wir im Bereich der
Touchpads immer wieder erhalten.
Erinnern Sie sich an die Berichte der Touchpad-Flut zum Ende
des vergangenen Jahres? Produzenten hatten weitaus größere
Mengen an Bauteilen geordert, als sie letztlich dann für ihre
Produktion abriefen. Es stellte sich heraus, dass der gesamte
Touchpadmarkt mit Ausnahme der iPads betroffen war. iPads
hatten den Markt überrollt.
Dass Sandisk heute noch unter dieser Entwicklung leidet, wirft
ein schlechtes Licht auf das Management. Inzwischen hätte man
sich auf die Dominanz des iPads einstellen müssen und
vorsichtiger planen sollen. Wie gesagt, die Interpretation,
dass Sandisks Umsatzwarnung eine schwäche im Touchpadmarkt
signalisiere, halte ich für einen Fehler. Nach Bernanke der
zweite Fehler.
Und es gab noch einen dritten Fehler, der sich standhaft in den
Medien hält, insbesondere in den angelsächsischen Medien, deren
Spanischkenntnisse schlecht sein müssen.
Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy hat von einer
extrem schwierigen Situation für sein Land gesprochen. „Spanien
befindet sich in einer wirtschaftlichen Situation mit extremen
Schwierigkeiten, ich wiederhole, extremen Schwierigkeiten“,
sagte er auf einer Parteisitzung in Malaga. „Wer das nicht
versteht, macht sich etwas vor...die Alternative“
(Schuldenschnitt, Anm. Ihres Autors) „sei unendlich schlimmer“.
In den Medien wird nun davon gesprochen, dass der spanische
Premier sein Land auf einen Schuldenschnitt vorbereite, indem
er bereits offen darüber spreche.
Anlass für die erneuten Sorgen über Spanien ist eine Auktion
dieser Woche, bei der von 2,5 bis 3,5 Mrd. Euro geplantem
Emissionsvolumen mit 2,59 Mrd. Euro nur die untere Marke
erreicht wurde. Der Zinssatz der bis Oktober 2016 laufenden
Anleihe betrug 4,319% nachdem eine vergleichbare Auktion vor
einem Monat noch für 3,376% an den Mann gebracht werden konnte.
Ja, Spanien hat Probleme. Ja, die Arbeitslosigkeit beträgt dort
über 20%. Und ja, es gibt auch in meinen Augen eine Reihe von
berechtigten Kritikpunkten an Spaniens Vorgehen (zu zaghaft)
sowie an der Strategie der EU. Doch mit keinem Wort hat der
spanische Premier sein Volk auf einen Schuldenschnitt
vorbereitet. Vielmehr hat er Durchhalteparolen verbreitet.
Im Detail hat sich wieder einmal kaum jemand die Worte
angeschaut. Lediglich die Fehlinterpretation wurde weiter
verarbeitet, und so stand am Ende des Tages oftmals sogar ein
falsches Zitat in der Schlagzeile: „Spaniens Premier hält
Schuldenschnitt für die bessere Alternative“.
Wenn Hedgefonds auf 20% Kursgewinn sitzen, dann brauchen sie
manchmal gar keinen Grund um zu verkaufen. Man verkauft einfach
und überlässt es den Medien, nach Gründen zu suchen. Diverse
Fehlinterpretationen sind die Folge.
Fehlinterpretationen, für die wir Europäer jedoch leider die
Türen öffnen. Statt endlich Konjunkturprogramme für die
überschuldeten Club-Med Länder aufzulegen, wird nur über die
Höhe des Hilfsfonds ESM diskutiert. Ein Hilfsfonds, der von
erfolgsverwöhnten Spekulanten als neuer Spekulationsort
betrachtet wird. Je größer, desto besser. Bei den
Milliardensummen, die von Hedgefonds inzwischen verschoben
werden, gibt es ja kaum noch gleichwertige Gegenspieler, und
der ESM sorgt dafür, dass ein Spiel gegen überschuldete EU-
Staaten nicht schon nach wenigen Tagen endet sondern vielleicht
über Monate andauern kann.
Die Politik hat dieses Problem vorübergehend erkannt, als man
begann, das Spielfeld mit neuen Regularien auszustatten – auch
gegen den Widerstand Englands! Doch die Transaktionssteuer ist
heute wieder in weite Ferne gerückt. Das entschiedene Vorgehen
Deutschlands, das Spekulanten tatsächlich einige Monate davon
abhielt, gegen EU-Staaten zu spekulieren, hat sich in Luft
aufgelöst... und so kommen die Spieler zurück.
Keine strengeren Regularien, keine Konjunkturprogramme.
Stattdessen: Sparzwang in sämtlichen Club-Med Ländern, die zu
sozialen Spannungen führen. Forderungen nach Steuererhöhungen
in den Club-Med Ländern, die auch an die Rücklagen der
gebeutelten Bürger gehen. Gleichzeitig wird insbesondere hier
in Deutschland stets das Inflationsgespenst an die Wand gemalt,
so dass die Geldpolitik doch bitteschön möglichst restriktiv
bleiben solle.
Also zuerst sparen, Steuern erhöhen und Geld verknappen. Nach
wie vor höre ich nichts über eine Konjunkturhilfe für die Club-
Med Länder oder strengere Regularien für die Finanzmärkte.
Wundern Sie sich da, dass die europäischen Finanzmärkte ein
leichtes Opfer für internationale Spekulanten sind?
Einen wirklichen Grund gab es dennoch in dieser Woche: Heute
wurden Zahlen zur Industrieproduktion in Deutschland
veröffentlicht. Diese fielen schlechter aus als erwartet.
Deutschland ist die Lokomotive Europas, der Fels in der
Brandung. Wenn nun selbst Deutschland, das seinen Erfolg
stärker denn je auf den Export baut, Probleme bekommt, dann
geht es mit dem Rest Europas ganz schnell zu Ende, folgern
internationale Anleger.
Schauen wir einmal, wie sich die einzelnen Indizes diese Woche
entwickelt haben:
WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES:
INDIZES 29.03.12 DIFF
Dow Jones 13.075 -0,5%
DAX 6.784 -1,3%
Nikkei 9.768 -3,4%
Euro/US-Dollar 1,315 -1,1%
Euro/Yen 108,186 -1,1%
10-Jahres-US-Anleihe 2,24% 0,1
Umlaufrendite Dt 1,50% 0,0
Feinunze Gold USD $1.623,75 -2,0%
Fass Brent Öl USD $123,28 0,8%
Kupfer in US$/to 8.396 0,4%
Baltic Dry Shipping I 926 0,4%
Der Goldpreis ist um 2% eingeknickt und notiert nur noch knapp
über 1,600 USD/Oz. Diese Marke wird von Charttechnikern als
wichtig bezeichnet, ein Unterschreiten könnte einen weiteren
Ausverkauf nach sich ziehen.
Von mir aus gerne, sind meine Gedanken dazu, dann können wir
noch günstiger nachkaufen. Denn auch wenn Bernanke vorerst kein
QE3 unternimmt, so sind die Geldmengen international doch alles
andere als rückläufig. Und selbst wenn Indien den Kauf von Gold
rationiert, so ist das mit Sicherheit kein geeignetes Mittel,
um den Goldpreis zu drücken. Politische Börsen haben kurze
Beine, sagt man, und so ist ein Ausverkauf im Gold in meinen
Augen eine Nachkaufgelegenheit. Je heftiger, desto besser. Wenn
Sie immer nur schrittweise einkaufen gehen, laufen Sie nicht
Gefahr, irgendwann kein Pulver mehr zu haben.
Die Entwicklungen an den Rohstoffmärkten betrachte ich mit
einem weinenden und einem lachenden Auge. Kupfer und Öl steigen
wieder weiter an. Das ist auf der einen Seite ein nicht
überraschendes Zeugnis für die weltweit intakte Konjunktur.
Doch auf der anderen Seite laufen wir bei diesen Preisen
Gefahr, dass die Konjunktur abgewürgt wird. Insbesondere ein
hoher Ölpreis wirkt wie eine zusätzliche Steuer.
Sollte es also in den nächsten Wochen einmal zu einem
Ölpreisrückgang kommen, dann würde ich darin nicht gleich den
Vorboten einer weltweiten Rezession sehen, sondern vielmehr
eine erfreuliche Korrektur auf ein verträglicheres Niveau.
Davon abgesehen sehe ich die Chancen für einen deutlichen
Ölpreisrückgang als sehr gering an. In der Monatsbetrachtung
(Kapitel 04) habe ich Ihnen zudem eine mögliche Begründung für
den großen Preisunterschied zwischen dem US-Texas-Öl und dem
Nordseeöl geliefert.
Schauen wir einmal, wie sich die Stimmung unter Anlegern und
Analysten entwickelt:
SENTIMENTDATEN
Analysten
Empfehlungen (Anzahl Empfehlungen):
Kaufen / Verkaufen
16.03.- 23.03. (233): 53% / 13%
23.03.- 30.03. (229): 46% / 18%
30.03.- 05.04. (153): 47% / 12%
Kaufempfehlungen der Analysten
HamburgHafen Log., Daimler, ProSiebenSat1
Verkaufsempfehlungen der Analysten
Research in Motion, Philips Electr., Vossloh
Privatanleger
12. KW: 62% Bullen (152 Stimmen)
13. KW: 70% Bullen (193 Stimmen)
14. KW: 65% Bullen (177 Stimmen)
Kaufempfehlungen der Privatanleger
Credit Agricole, Total, Soitec S.A.
Verkaufsempfehlungen der Privatanleger
Q-Cells, Gemalto N.V., Autodesc
Die Sentiment-Daten wurden in Zusammenarbeit mit Sharewise
erstellt:
http://www.sharewise.com?heibel
Die Bullen bleiben in Ihren Höhlen während erste Bären ihren
Sieg feiern. Die Stimmung gibt derzeit beides her, sowohl ein
Ende der kurzen Korrektur, als auch eine Fortsetzung. Ich
werde im nächsten Kapitel auf meine Einschätzung zu dieser
Frage eingehen.
TOP ANALYSTENZIELE
Sie wollen wissen, was die Analysten im Einzelnen für Aussagen
treffen und wo sie die größten Chancen sehen? Ich habe für Sie
ab sofort jede Woche eine Übersicht der Analysen mit den
höchsten Kurszielen ausgearbeitet. Die Liste zeigt ganz einfach
an, wo das aktuelle Kursziel des Analysten prozentual am
meisten über dem aktuellen Kurs liegt:
Firma Analyse vom Kurs Ziel Upside
PVA TEPLA 03.04 3,78€ 6,40€ 69,31%
4SC AG 02.04 2,49€ 4,00€ 60,64%
COMMERZBANK 03.04 1,76€ 2,70€ 53,41%
METRO AG 02.04 27,57€ 40,00€ 45,09%
TUI AG 04.04 5,40€ 7,80€ 44,44%
SALZGITTER 04.04 39,43€ 56,00€ 42,02%
HEIDELDRUCK..02.04 1,41€ 2,00€ 41,84%
Es handelt sich um Analysen aus dieser Woche. Bitte genießen
Sie diese Übersicht mit Vorsicht. Sie wissen ja, dass häufig
auch ein Eigeninteresse des Analysten für eine rosa Brille
sorgen kann, weshalb Analysteneinschätzungen tendenziell
optimistischer ausfallen als es die Realität anschließend
erlauben würde. Aber die Übersicht gibt einen Eindruck darüber,
wo die Erwartungen mit dem aktuellen Kurs am weitesten
auseinander liegen. Wer letztlich Recht haben wird, der Analyst
oder die Anleger, die den Kurs machen, ist in jedem Einzelfall
individuell zu beurteilen.
Zuletzt hatte ich einmal im September 2010 einen Nachruf
geschrieben. Damals auf Hewlett Packard, der Kurs ist
inzwischen von 43 auf 23 USD gefallen, und Dell, der Kurs
konnte sich bei 16 USD halten.
Beginnen wir heute mit Yahoo!: Eine tolle Firma mit unglaublich
wichtigen Web-Diensten. Ich nutze beispielsweise Yahoo! Finance
täglich. Doch seit 2009 pendelt der Kurs um 15 USD, und alle
sechs Wochen lese ich Analysen, die von einer Bodenbildung
sprechen. „Jetzt bricht die Aktie nach oben aus...“, ist im
englischsprachigen Internet immer wieder zu lesen.
Doch Yahoo! ist so komplex, dass eigentlich niemand so recht
weiß, was für eine Strategie hinter dem Sammelsurium an
Angeboten steckt. Und wenn ich mir dann die Investitionen der
Wettbewerber anschaue, die Strategien, die Innovationen und
Tests, dann ist Yahoo! von einer Auferstehung wesentlich weiter
entfernt als wir von Ostern.
Es ist nur zu menschlich nach dem Halm zu greifen, der die
eigene Position im Portfolio endlich nochmals ein wenig anheben
soll. Doch darauf würde ich bei Yahoo! nicht warten.
Research in Motion hat noch 77 Millionen Kunden, die das
Blackberry überwiegend für ihre geschäftlichen Belange nutzen.
Treue Kunden, die mit Sicherheit nicht von heute auf morgen zum
iPhone, zu einem Samsung- oder HTC-Gerät wechseln. Können sie
nämlich nicht wegen der Vertragslaufzeiten :-), und ich
erwarte, dass von diesen 77 Millionen in zwei Jahren nur noch
wenige übrig sein werden.
So wie die Verträge auslaufen, so werden die Kunden von
Research in Motion weglaufen. Ein Unternehmen nach dem anderen
bietet seinen Mitarbeitern nun auch den Support für das iPhone
an, und so wird der dramatische Wechsel sich eben über einen
längeren Zeitraum hinziehen, wenngleich die Entscheidung bei
den meisten Kunden bereits gefallen sein dürfte.
Research in Motion wird den Pfad von Nokia und Motorola
beschreiten.
Kommen wir zum dritten Kandidaten, den Namen kenne ich noch
nicht genau. Doch ich habe so eine Vermutung.
Es mag sarkastisch klingen, wenn ich hier das Lied der zehn
kleinen Negerlein anstimme – doch Sie sollten die Wut hören,
die in meiner Stimme mitschwingt, wenn ich singe. Wut über die
Politik, die einmal mehr bewiesen hat, dass man auf sie nicht
zählen kann.
Planungssicherheit sollte das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG)
der Branche verschaffen, versprach Altkanzler Schröder. Nun,
die Planungssicherheit wurde von den Chinesen genutzt, um eine
gigantische Solarbranche aufzubauen, die mit deutschen
Stromzahlern finanziert wurde.
Inzwischen ist die chinesische Solarbranche so groß, dass
deutsche Wettbewerber keine Chance haben. Zudem wurden deutsche
Solarfirmen im Regen stehen gelassen als sie auf der Basis des
EEG ihre Investitionen planten und nunmehr durch die
beschleunigten Förderkürzungen den Boden unter den Füßen
entzogen bekamen. Es gibt keine Ausgleichsmaßnahmen der Politik
für diesen Betrug an der Branche.
So können wir nun zusehen, wie ein Solarunternehmen nach dem
anderen die Waffen streckt: Solon, Solar Millennium,
Solarhybrid und Ralos sind die ersten vier gewesen.
Diese Woche kam noch Q-Cells hinzu, der einst weltweit größte
Produzent von Solarmodulen. Ein Vorzeigeunternehmen
Deutschlands. Insolvent.
Fehlen noch Phoenix Solar, die ebenfalls diese Woche mit
schlechten Meldungen an die Presse gingen. Payom Solar und
Conergy (zappelt noch, und das schon seit Jahren). Da waren’s
nur noch zwei.
Zwei kleine Solarfirmen die gingen mal nach China (Centrotherm
macht dort über 90% seines Umsatzes). Dort wurde die Technik
abgekupfert, da war es nur noch eine.
Eine kleine Solarfirma, die stützte sich auf die Energiewende
(Solarworld bietet Carports mit Solardächern und in den Boden
versenkten Batterien zum Speichern als Kompaktlösung an). Doch
die Regierung ließ weiter Kohlekraftwerke bauen, da waren sie
alle weg...
...ja, anders als im bekannten Lied gibt es hier kein Happy
End, die Arbeitsplätze sind verloren. Insbesondere der Verlust
von Centrotherm und der Solarworld würden mich schmerzen, da
hier das Knowhow besonders wichtig für das Geschäft ist –
anders als bei Q-Cells, denn die Produktion selbst ist
letztlich nicht sehr kompliziert und kann am besten in
Niedriglohnländern erfolgen.
Zur Zeit bestehen die Energiewende wie die europäische Rettung
aus Sparmaßnahmen ohne Auffangprogramm. Ich hoffe, dass die
Politik diesen Fehler erkennt bevor Centrotherm und Solarworld
von der Bildfläche verschwinden.