FACEBOOK: GEFÄLLT MIR!
Diese Woche sind erste Details zum geplanten Börsengang von Facebook bekannt geworden. Am 18. Mai soll der große Tag sein, da soll die Notierung der Aktien unter dem US-Kürzel FB an der Nasdaq beginnen. Für den Emissionspreis wurde eine Kursspanne von 28-35 USD je Aktie angegeben.
Es gibt ca. 2,75 Mrd. Facebook Aktien. Ich will nicht
ausschließen, dass Facebook die runde Ziffer einer
Marktkapitalisierung von 100 Mrd. USD beim Emissionspreis
erreichen wird, was einem Emissionspreis von 100/2,75 = 36,36
USD entspricht. Es würde mich also nicht wundern, wenn der
Emissionspreis kurz vor Handelsbeginn, typischerweise am Tag
zuvor, nochmals um ein oder zwei USD über die bisherige
Obergrenze angehoben wird.
Schon vor dem Börsengang werden über private Plattformen
Facebook Aktien gehandelt, derzeit steht der Kurs bei 42-44
USD.
Für uns hier in Europa ist der Emissionspreis jedoch ziemlich
unwichtig, da wir kaum mit einer Zuteilung rechnen können.
Lediglich die Deutsche Bank ist beim Emissionskonsortium dabei,
dürfte aber nur eine kleine Zuteilung erhalten, die dann an die
besten Kunden des Hauses verteilt wird.
Positiv überrascht bin ich von zwei Informationen, die an die
Öffentlichkeit drangen: Zum einen werden insbesondere Online-
Broker große Tranchen erhalten, die sodann ihre überwiegend
Privatanleger bedienen können. Typischerweise teilen sich die
großen Broker wie Goldman Sachs, Morgan Stanley und J.P. Morgan
den Kuchen unter sich auf und bedienen ihre überwiegend
institutionellen Anleger wie beispielsweise Fondsmanager. Doch
hier hat Mark Zuckerberg offensichtlich andere Prioritäten
vorgegeben.
Und zum anderen werden insgesamt 337,3 Mio. Aktien angeboten,
also 12,3% der ausstehenden Aktien. Das ist weit mehr als die
von mir erwarteten 5%, über die ich mich bereits hier im
Heibel-Ticker aufgeregt hatte.
Mit der Ausgabe von 12,3% der Aktien dürfte ein Großteil des
Hungers der Börsianer zunächst einmal gestillt werden können.
Es wird also keine künstliche Nachfrage geschaffen, die direkt
nach dem IPO den Kurs nach oben treibt, da institutionelle
Anleger ihre gewünschte Portfoliogröße zukaufen.
900 Millionen Nutzer zu 100 Milliarden USD Marktkapitalisierung
– ist ein solcher Wert gerechtfertigt?
Daimler ist 54 Mrd. USD wert, das Traditionsunternehmen Siemens
immerhin 80 Mrd. USD und unser Weltmarktführer für
Unternehmenssoftware SAP kommt auf 77 Mrd. USD. Kann ein gerade
einmal acht Jahre altes Unternehmen aus Silicon Valley da schon
100 Mrd. USD wert sein?
Der Umsatz ist im ersten Quartal um 45% auf 1,06 Mrd. USD
angewachsen, der Gewinn fiel um 12% auf 205 Mio. USD. Auf’s
Jahr gerechnet ergibt das ein KGV 12e von 120! Hier steht die
Bewertung in keinem Verhältnis zu aktuellen Wachstums- und
Gewinnraten.
Um die 100 Mrd. USD zu rechtfertigen müssen wir uns
Internetgiganten wie Amazon oder Google anschauen.
Wie kein zweites Unternehmen hat Amazon es geschafft, die
Kundenmeinungen zu Produkten einzubinden und dadurch die
Vertrauensbasis für Produkte zu steigern. Für viele Käufer sind
die amateurhaften Bewertungen wichtiger als professionelle
(häufig bezahlte) Testergebnisse. Amazon ist derzeit 102 Mrd.
USD wert.
Google ist unangefochtener Marktführer bei Suchanfragen und
liefert gemeinsam mit den Suchergebnissen auch passende Werbung
(AdWords) aus. So wird dem Nutzer genau die Werbung zugespielt,
die ihn interessieren könnte und dazu noch genau dann, wenn er
sich dafür interessiert. Google ist 196 Mrd. USD wert.
Facebook kann noch gezielter Werbung platzieren und kann zudem
nicht nur auf amateurhafte Bewertungen bauen, sondern auf die
Meinung des jeweiligen Freundeskreises. Über das eigene
Facebook-Profil geben die Nutzer eine ganze Reihe von
persönlichen Informationen preis, an die weder Amazon noch
Google jemals dran kommen. Und wenn dann passend zu den eigenen
Interessen eine Werbung erscheint, verbunden mit einem „Gefällt
mir“ eines guten Freundes, dann dürfte der Werbeerfolg deutlich
höher sein als bei Amazon und Google.
900 Millionen Nutzer sind nicht 900 Millionen Kunden, Facebook
muss den Weg zum Portemonnaie seiner Nutzer erst noch erfinden.
Und derzeit testet Facebook verschiedenste Formen der
Bannerwerbung und Textwerbung ohne diese Angebote groß zu
vermarkten.
Auf der einen Seite können wir also sagen, Facebook hat noch
gar nicht begonnen, seine Nutzerbasis zum Öffnen des
Portemonnaies aufzufordern. Die eine Mrd. USD Umsatz ist mehr
oder weniger nur ein Nebenprodukt der Testphase.
Auf der anderen Seite ist aber auch zu bemängeln, dass Facebook
im Gegensatz zu Google und Amazon noch nicht bewiesen hat, dass
die große Nutzerbasis zur Umsatz- und Gewinnerzeugung
erfolgreich genutzt werden kann. Es gibt noch kein erprobtes
Geschäftsmodell.
Also: Ja, Facebook ist weit mehr wert als die 100 Mrd. USD,
wenn es dem Unternehmen gelingt, Werbung und persönliche
Interessen der Nutzer zusammenzubringen. Aber noch ist dies
nicht geschehen, und so muss Facebook mit einem
Bewertungsabschlag zu seinen Kontrahenten versehen werden.
Neben Facebook wirken Amazon und sogar Google schon fast wie
Internet-Dinosaurier. Google arbeitet seit Jahren daran,
ähnliche Informationen wie Facebook über seine Nutzer zu
gewinnen, doch irgendwie scheint Google schwerfälliger. Und
Amazon kämpft verbissen um die Akzeptanz seines e-Book Readers
Kindle.
Mark Zuckerberg hat kürzlich Instagram für eine Milliarde USD
gekauft, eine soziale Plattform zum Teilen eigener Bilder. Der
Kauf ging am Wochenende über die Bühne, er hat nicht einmal den
Aufsichtsrat informiert, geschweige denn gefragt. Auch nach dem
Börsengang wird Zuckerberg noch über 50% der Stimmrechte an
Facebook halten. Hier wächst ein Unternehmer heran, der sich in
der schnelllebigen Internetbranche bestens bewegen kann und
dadurch vielleicht einen Vorteil gegenüber seinen etablierten
Gegnern hat.
Es würde mich nicht wundern, wenn Facebook schon im weiteren
Verlauf dieses Jahres konkrete Modelle einführt, mit denen die
Werbemöglichkeiten auf Facebook besser vermarktet werden. Das
dürfte dem Börsenhype noch weiteren Antrieb geben und die Aktie
weiter nach oben treiben.
Ob es gelingen wird, in die Börsenbewertung von 100 Mrd. USD
hineinzuwachsen oder gar zum Wettbewerber Google aufzuschließen
und sich zu verdoppeln, wird sich erst in den nächsten Jahren
zeigen. Doch in den ersten Wochen nach dem Handelsbeginn dürfte
in meinen Augen die Phantasie, das Potential, die Nutzeranzahl
(Augenpaare) und all die nicht greifbaren Bewertungsmaßstäbe,
die einige noch aus der Internetblase kennen, für eine
anhaltend positive Stimmung gegenüber der Aktie sorgen.
Wie schon vor einigen Wochen gesagt: Solange die
Marktkapitalisierung von Facebook unter 100 Mrd. USD bleibt,
bleibe ich bei meinem „Gefällt mir“ zur Aktie.
Schauen wir einmal, wie sich die einzelnen Indizes diese Woche
entwickelt haben:
WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES
INDIZES 03.05.12 DIFF
Dow Jones 13.207 0,0%
DAX 6.694 -0,7%
Nikkei 9.380 -1,5%
Euro/US-Dollar 1,314 -0,1%
Euro/Yen 105,3585 -0,9%
10-Jahre-US-Anleihe 1,92% 0,0
Umlaufrendite Dt 1,33% -0,1
Feinunze Gold USD $1.633,45 -1,1%
Fass Brent Öl USD $115,89 -2,8%
Kupfer in US$/to 8.243 -0,5%
Baltic Dry Shipping I 1.157 0,8%
Es gab diese Woche unterm’ Strich keine heftigen Schwankungen.
Doch der Schein trügt, denn nach den ereignisreichen Wochen mit
jeder Mange Jahres- und Quartalszahlen bewegen sich einige
Aktien heftig nach unten und andere heftig nach oben. Die
positiven Unternehmensmeldungen überwiegen, werden jedoch von
wieder aufkommenden Euro-Sorgen überschattet.
„Sell in may and go away“, heißt es in den USA - verkaufe im
Mai und kehre der Börse bis September den Rücken. Doch das
haben viele Marktteilnehmer bereits im April gemacht, in
vorauseilendem Gehorsam und dadurch insbesondere den DAX
kräftig belastet.
Aktuell bewegen sich die Aktienindizes in einer engen
Handelsspanne seitwärts, und ich würde ein Ausbrechen abwarten,
bevor ich mich neu positioniere.
Weitere Details dazu lesen Sie in Kapitel 04 in der
charttechnischen Monatsbetrachtung.
Schauen wir einmal, wie sich die Stimmung unter Anlegern und
Analysten entwickelt:
SENTIMENTDATEN ÜBERRASCHEND BULLISCH
Analysten
Empfehlungen (Anzahl Empfehlungen):
Kaufen / Verkaufen
13.04.- 20.04. ( 94): 52% / 6%
20.04.- 27.04. (276): 46% / 15%
27.04.- 04.05. (198): 46% / 13%
Kaufempfehlungen der Analysten
BASF, Amazon, Daimler
Verkaufsempfehlungen der Analysten
Vestas Wind, Vossloh, SGL Carbon
Privatanleger
16. KW: 63% Bullen (192 Stimmen)
17. KW: 55% Bullen (171 Stimmen)
18. KW: 65% Bullen (166 Stimmen)
Kaufempfehlungen der Privatanleger
Green Mountain Coffee, Alcatel-Lucent, Vivendi
Verkaufsempfehlungen der Privatanleger
Deutsche Bank, Research in Motion, Belvedere S.A.
Die Sentiment-Daten wurden in Zusammenarbeit mit Sharewise
erstellt:
http://www.sharewise.com?heibel
Bei den Privatanlegern schwankt die Stimmung stark. Es kommt
mir vor, als klingt im Wochenrhythmus die Alarmsirene
abwechselnd mit der Entwarnung. Nach den Kursgewinnen das
Jahresbeginns ist die Zuversicht gestiegen, doch gleichzeitig
steigt auch die Angst, die erzielten Gewinne zu verlieren.
TOP ANALYSTENZIELE
Sie wollen wissen, was die Analysten im Einzelnen für Aussagen
treffen und wo sie die größten Chancen sehen? Ich habe für Sie
ab sofort jede Woche eine Übersicht der Analysen mit den
höchsten Kurszielen ausgearbeitet. Die Liste zeigt ganz einfach
an, wo das aktuelle Kursziel des Analysten prozentual am
meisten über dem aktuellen Kurs liegt:
Firma Analyse vom Kurs Ziel Upside
ADIDAS 03.05. 46,80€ 80,00€ 70,94%
DEUTZ 03.05. 4,96€ 8,00€ 61,29%
LUFTHANSA 04.05. 9,62€ 15,50€ 61,12%
Grammer 03.05. 15,86€ 25,00€ 57,63%
HOCHTIEF 03.05. 42,69€ 67,00€ 56,95%
DAIMLER 02.05. 40,20€ 63,00€ 56,72%
PORSCHE 02.05. 46,08€ 71,00€ 54,08%
LANXESS 02.05. 58,50€ 90,00€ 53,85%
METRO 04.05. 23,15€ 35,00€ 51,19%
Es handelt sich um Analysen aus dieser Woche. Bitte genießen
Sie diese Übersicht mit Vorsicht. Sie wissen ja, dass häufig
auch ein Eigeninteresse des Analysten für eine rosa Brille
sorgen kann, weshalb Analysteneinschätzungen tendenziell
optimistischer ausfallen als es die Realität anschließend
erlauben würde. Aber die Übersicht gibt einen Eindruck darüber,
wo die Erwartungen mit dem aktuellen Kurs am weitesten
auseinander liegen. Wer letztlich Recht haben wird, der Analyst
oder die Anleger, die den Kurs machen, ist in jedem Einzelfall
individuell zu beurteilen.