Die Wahrheit über China

Hans A. Bernecker Börsenbriefe GmbH
Veröffentlicht von Hans A. Bernecker Börsenbriefe GmbH am 21.08.2013
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Aktionärsbrief

In den letzten Wochen drehte sich viel um China. Zuletzt sorgte der chinesische Finanzminister Lou Jiwel für Aufregung und zahlreiche Untergangsszenarien in der Presse. Am Schlusstag des zweitägigen Wirtschafts- und Strategiedialogs Chinas und der USA bestätigte Pekings Finanzminister die schlimmsten Befürchtungen über Chinas Wirtschaft. Es geht abwärts. Das robuste Wachstum ist seit 10 Jahren der Treibstoff für die Börsen, die Notwendigkeit das Land trotz aller wirtschaftlichen, politischen und sozialen Probleme zusammenzuhalten.


Nur noch 7 %. Nach den mühsam erreichten 7,5 % BIP-Wachstum im ersten Halbjahr bereitet sich Peking auf einen Einbruch im zweiten Halbjahr vor. Dabei gelten 7 % nicht mehr als unterste Grenze - ein Schock, war man doch in den letzten Jahren Wachstumsraten von 10 % und mehr gewöhnt. Der Handelseinbruch im Juni, besonders im Export, der die Triebkraft chinesischen Wachstums ist, war der Auslöser dieser Prognose. Jetzt macht sich die ganze Welt Sorgen, dass China´s abstürzende Wachstumsdynamik zu einem sehr großen Problem für die Weltwirtschaft werden könnte. Wir sehen dem relativ gelassen entgegen.

China kann gar nicht anders. Wir gehen sogar davon aus, dass Wachstumsraten von 7 % nicht haltbar sind. Stellen Sie sich eher auf 4 % ein, auch wenn dies zunächst schockierend klingt. Das hohe Wachstum der vergangenen Jahre wurde durch eine unglaublich hohe Kreditausweitung getrieben. Ein großer Teil der daraus resultierenden Investitionen erzeugt heute jedoch kaum noch wirtschaftlichen Mehrwert, sondern bloß gefährliche Schulden im System. Deshalb muss sich das Kreditwachstum in den nächsten Jahren signifikant verringern. Und das wird es auch.

Rebalancing für China. Für die Chinesen geht es nun darum, den Wandel von einer investitionsgetriebenen Volkswirtschaft hin zu einer konsumgetriebenen zu erreichen. Warum ist das so wichtig? Der Konsum der privaten Haushalte macht derzeit gerade mal 35 % des BIP in China aus. Der weltweite Durchschnitt liegt rund doppelt so hoch. Der Plan sieht vor, innerhalb von 10 Jahren diesen Anteil auf 50 % zu hieven. Selbst das wäre noch mit Abstand der niedrigste Wert aller bedeutenden Volkswirtschaften. Ein durchschnittliches jährliches Wirtschaftswachstum von 7,5 % würde dann aber eine Zunahme von 11 % p. a. des Konsums erfordern, um diese Zielgröße zu schaffen. Das ist unrealistisch. Bei einer BIP-Dynamik von rund 4 % müsste das Konsumwachstum nur noch bei 5 bis 6 % jährlich liegen, um die Ziele zu erreichen. Das klingt schon realistischer. Die Voraussetzung dafür:

Die verfügbaren Einkommen müssen weiter deutlich erhöht werden. Deren Anteil am BIP liegt bei rund 50 %. Das ist einer der tiefsten je verzeichneten Werte für China. In den vergangenen Jahren stiegen die verfügbaren Einkommen im Schnitt um 7 %. Dieses Wachstum muss mindestens aufrechtgehalten werden. Das ist viel wichtiger als das BIP selbst. Wenn also der Konsum schneller wachsen soll als das BIP, müssen per Definition die Investitionen weniger schnell wachsen. Dazu wird China die hohen versteckten Transferzahlungen der Haushalte an den Staat umkehren müssen. Ressourcen vom Staat müssen an die Privatwirtschaft übertragen werden. Das nennt man Strukturreformen. Wie auch die Europeripherie, wird China diesen Prozess durchlaufen müssen.

Was bedeutet dies für die Aktienmärkte? Wenn die Investitionen zu Lasten des Konsums runtergefahren werden, wird es für die zyklischen Investitionsgüterbranchen schwerer. Maschinenbau und Chemie müssen sich wohl damit abfinden, dass die Wachstumsdynamik im Exportgeschäft mit China deutlich sinken wird. Gerade der zyklische Maschinenbau wird das nicht gerne hören. Auf der anderen Seite sollten sich auf Konsum ausgerichtete Unternehmen wenig Sorgen machen. Die Nachfrage nach Kosmetika, Nahrungsmitteln, Autos oder anderen Luxusgütern wird auch in Zukunft überdurchschnittlich hoch sein. Denn China hat gar keine andere Wahl, als den Konsum weiter anzukurbeln. Trendinvestments wie Nestlé, Mondelez, L´Oréal, Yum Brands, VW, der Aroma-Spezialist Symrise oder auch Hugo Boss schwächeln derzeit zwar, dürften aber auch in Zukunft ihre Chinakarte voll ausspielen.

Fazit: Die pauschale Aburteilung von Aktien mit hohem Chinaanteil wird also der Realität nicht gerecht. Sollte es bei solchen Titeln aufgrund weiterer schlechter Konjunkturnachrichten aus China zu deutlicheren Rücksetzern kommen, wäre das die Chance, die Sie am Schopfe packen sollten.
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