Die schwierige konjunkturelle Situation in FRANKREICH birgt auch Chancen

Hans A. Bernecker Börsenbriefe GmbH
Veröffentlicht von Hans A. Bernecker Börsenbriefe GmbH am 23.07.2014
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Aktionärsbrief

Nachdem noch zur Jahrtausendwende Deutschland als „Kranker Mann Europas“ bezeichnet worden ist, wurde mittlerweile der Staffelstab endgültig an Frankreich übergeben. Europas zweitgrößte Volkswirtschaft steht so schlecht da wie seit vielen Jahren nicht mehr. Das zeigt sich vor allem an der „harzigen“ Entwicklung am Arbeitsmarkt. Die Zahl der Arbeitslosen steigt seit Jahren und ist im Mai auf ein neues Rekordhoch von 3,4 Mio. geklettert. Allein seit Amtsantritt des Präsidenten Francoise Hollande im Mai 2012 ist die Zahl der Arbeitssuchenden um knapp eine halbe Million gestiegen. Und das, obwohl er im Wahlkampf die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu einem grundlegenden Thema gemacht hatte. Als Konsequenz ist Hollande beim Volk so unbeliebt wie kein Präsident zuvor.


Aber der Arbeitsmarkt ist schon seit längerem die Achillesferse der französischen Wirtschaft. So gehören beispielsweise die Lohnkosten zu den höchsten in Europa. Blickt man auf die Lohnstückkosten - einem guten Gradmesser für Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit - sind sie in Frankreich seit 1999 um über 40 % gestiegen, während der Zuwachs in Deutschland lediglich 10 % betragen hat. Die europäische Schuldenkrise hat die unbefriedigende Wettbewerbsfähigkeit Frankreichs noch zusätzlich verstärkt, haben doch Länder wie Spanien, Portugal oder Griechenland grundlegende Reformen gestartet, welche die betroffenen Länder wettbewerbsfähiger gemacht haben. Frankreich wurde dadurch noch weiter abgehängt. Die mangelhafte Wettbewerbsfähigkeit lässt sich auch an der Entwicklung der französischen Exporte ablesen. Bereits seit 2004 importieren die Franzosen mehr als sie ausführen, wobei sich dieses Leistungsbilanzdefi zit seitdem stetig verschlechtert hat. 2014 dürfte Frankreich diesbezüglich im europäischen Vergleich als Schlusslicht abschneiden.

Doch trotz dieser schlechten Rahmendaten bieten sich Chancen am französischen Aktienmarkt. Auch in Spanien und Italien sind die Kurse wie Phönix aus der Asche gestiegen, als eigentlich niemand mehr einen Pfi fferling auf sie setzen wollte. Diese Entwicklung könnte auch französischen Aktien bevorstehen. Die generellen Voraussetzungen dazu sind gegeben. So liegt der französische Aktienmarkt mit einer Marktkapitalisierung von 2,2 Billionen € weltweit auf Platz 4. Die Bewertung ist dagegen moderat. So gehört das Kurs-/Buchwert-Verhältnis des MSCI Frankreich mit 1,6 zu den niedrigsten in Europa. Nur der italienische Markt ist noch niedriger bewertet. Zudem liegt das KBV im Vergleich der letzten zehn Jahre am untere Ende der Bandbreite, was ein gewisses Erholungspotenzial erkennen lässt. Das KGV entspricht mit 12,5 aber dagegen eher dem langjährigen Durchschnitt. Hier lassen die bis auf Weiteres historisch niedrigen Zinsen aber eine Bewertungs-Expansion zu.

Luft nach oben gibt es auch bei der Eigenkapitalrendite. Sie liegt deutlich unter der von anderen europäischen Ländern. Der 20jährige Durchschnitt rangiert aber am unteren Ende der üblichen Bandbreite, was ebenfalls Erholungspotenzial erwarten lässt. Nimmt man an, dass sich die Eigenkapitalrendite wieder ihrem langjährigen Durchschnitt annähert, würde das für eine Gewinnsteigerung von 40 % bei französischen Unternehmen führen. Das zumindest hat die Credit Suisse errechnet. Mehr Aufwärtspotenzial haben demnach nur niederländische und spanische Aktien.

Welche Aktien profi tieren von einer wirtschaftlichen Erholung Frankreichs am besten?

• ATOS (877 757; 58,84 €) ist ein IT-Dienstleister im Akquisitionsmodus. Nach zuletzt mehreren Rückschlägen sollte nun die 620 Mio. € schwere Akquisition des Traditionsunternehmens Bull gelingen. Die Annahmefrist läuft Ende Juli aus. Gelingt der Deal, würde das fusionierte Unternehmen zum größten europäischen Anbieter von Cloud-Dienstleistungen avancieren. Auch das Segment Cyber Security würde dadurch gestärkt werden. Durch den Verkauf der Payment-Sparte Worldline legt man den zukünftigen Fokus mehr auf internetbasierte Anwendungen. Positiv: Trotz der überdurchschnittlichen Präsenz auf dem europäischen Markt und der verhaltenen Entwicklung im Bankensektor hat es Atos in den vergangenen Jahren geschafft, die operative Marge stetig zu steigern. Mit einem KGV von 12 ist die Aktie im Branchenvergleich günstig bewertet.

• ESSILOR (863 195; 74,79 €) hatten wir in den letzten Jahren bereits öfter positiv herausgestellt. Hierbei handelt es sich um den weltweit führenden Anbieter von Kontaktlinsen und Brillengläsern. Das Unternehmen ist mit einer Marktkapitalisierung von knapp 16 Mrd. € ein echtes Schwergewicht. Auch wenn die Entwicklung des Aktienkurses seit Sommer letzten Jahres relative Schwäche zeigt, zeichnet sich ESSILOR durch Nachhaltigkeit und Stabilität aus. So ist die Eigenkapitalrendite in den vergangenen 10 Jahren nie unter 15 % gefallen. Die Rendite des Gesamtkapitals lag immer über 12 %. Seit 2005 wurde die Dividende kontinuierlich angehoben. Das ist auch für 2014 und 2015 zu erwarten. Die Krisenresistenz des Geschäftsmodells manifestiert sich auch in der EBITDA-Marge, die in den letzten 12 Jahren nie unter 21 % gefallen ist. So viel Qualität hat allerdings ihren Preis: Das KGV ist mit 24 anspruchsvoll, womit die Aktie nicht für risikoscheue Anleger geeignet ist.

• PERNOD-RICARD (853 373; 85,43 €) ist nach Diageo der weltweit zweitgrößte Spirituosenanbieter. Das Unternehmen ist mit einem Umsatz von 8,5 Mrd. € und einer Marktkapitalisierung von knapp 23 Mrd. € eine echte Hausnummer. Das Unternehmen hat es fertiggebracht, die EBITDA-Marge im Laufe der letzten zehn Jahre von 18 % auf 28 % zu steigern. Um zu Diageo aufzuschließen (33 %), muss allerdings noch einiges Potenzial freigesetzt werden. Zuletzt kam das Geschäft wegen eines stagnierenden Absatzes in China etwas unter Druck. Das KGV von 17 ist ebenfalls nicht billig. Die Dividendenrendite von 2 % ist nicht spektakulär, aber seit 2009 ist die Dividende jedes Jahr erhöht worden.

• VALLOUREC (852 809; 33,43 €) gehört zu den weltweit wenigen Anbietern nahtloser Stahlrohre höchster Qualität. Das Geschäft war in den letzten Jahren allerdings schwierig. Mehrfach hat man die Erwartungen verfehlt. 2014 dürfte der Gewinn sogar rückläufig sein. Vallourecs Produkte werden aber auch für Tiefsee-Ölbohrungen sowie Fracking verwendet, was einiges an Wachstumspotenzial verspricht. Ein KGV von knapp 14 liegt noch im Rahmen. Die Dividendenrendite liegt bei 2 %. Vallourec ist die spekulativste aller vier hier vorgestellten Frankreich-Empfehlungen.
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