Die politischen Fliehkräfte in der Eurozone werden größer

CURT L. SCHMITT Informationsdienste
Veröffentlicht von CURT L. SCHMITT Informationsdienste am 26.04.2012
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Frankfurter Börsenbrief

Auf Frankreich hatten wir bereits hingewiesen, wo sich das Hollande-Szenario konkretisiert. Bedenklich ist der Umstand, dass die politische Linke (Jean-Luc Mélenchon) und die Rechte (Marine Le Pen) im ersten Wahlgang zusammen mehr Wählerstimmen auf sich vereinen konnten als die Hauptkandidaten Sarkozy und Hollande jeweils allein.


 

Das ergänzende Signal kommt aus den Niederlanden mit dem Scheitern der Regierung Mark Rutte, die bei den Haushaltsplanungen über den rechtsorientierten Geert Wilders stolperte. Das ist wahltaktisch cleveres Kalkül von Wilders und wird ebenfalls zu einer Stärkung der politischen Randkräfte in den Niederlanden führen. Damit verliert Deutschland voraussichtlich einen wichtigen Verbündeten beim Sparkurs zur europäischen Krisenbewältigung, auch wenn die Niederlande mit einer Defizitquote von etwa 4,7 % der Wirtschaftsleistung wenig Manövriermasse im Korsett der Maastrichter Regeln haben. Schlaglichter wie diese kommen in den politischen Chefetagen der Eurozone an. Die Aussage ist:

Wer zu sehr auf den deutschen Sparkurs setzt, riskiert seinen Job. Und hier sollte man den Pragmatismus und das Eigeninteresse der Politiker keinesfalls unterschätzen. Anders ausgedrückt: Das deutsche Sparkonzept ist in Europa ein Auslaufmodell, Deutschland steht vor einer Isolierung. Eine bessere Balance zwischen Sparen und Wachstum ist in der Sache richtig, aber von großer Wichtigkeit ist, dass das politische Pendel nicht zu sehr auf die andere Seite ausschlägt. Ein kritischer Faktor für die nachhaltige Behandlung der Ursachen (nicht nur der Symptome) in der Euro-Problematik ist weiterhin eine bessere Balance in der inner-europäischen Wettbewerbsfähigkeit. Dies ist essentiell, um die Leistungsbilanzdefizite der Südländer zu kompensieren und damit auch das malade Target 2-System wieder von einem nicht wirklich legitimierten Kreditsystem zu einem Zahlungssystem zu machen. Wir hatten auf diese immer noch virulente und sogar immer brisantere Thematik bereits hingewiesen. Mit dem betragsmäßig immer größeren Risiko, das auf Deutschland entfällt, ergibt sich eine zunehmende Erpressbarkeit des Gläubigers durch die Schuldner.

In dieser unklaren Gemengelage haben Stimmungsindikatoren in der deutschen Wirtschaft nur eingeschränkte Aussagekraft. Für die Unternehmen ist die Visibilität schlichtweg zu gering, um sich weit aus dem Fenster zu lehnen mit eindeutigen Festlegungen. Bei den Markit-Einkaufsmanagerindizes (Umfrage unter etwa 1.000 Unternehmern) ergab sich ein gemischtes Bild: Während das Bild bei den Dienstleistern sogar minimal frühlingshafter wurde (+ 0,5 auf 52,6 Punkte), fiel das Stimmungsbarometer im verarbeitenden Sektor um 2,1 auf 46,3 Punkte und damit noch tiefer in den Kontraktionsbereich hinein. Der ZEW-Index als Stimmungssignal von Finanzmarktexperten schaffte zuletzt den fünften Anstieg in Folge mit einer Verbesserung um 1,1 auf 23,4 Punkte. Bei der Einschätzung der aktuellen Lage ging es sogar um 3,1 Punkte aufwärts auf 40,7 Punkte. Dies passt schon eher zum Stimmungsrahmen gemessen am ifo-Geschäftsklimaindex (Umfrage unter etwa 7.000 Unternehmern), wo zuletzt sogar eine weitere Stimmungsverbesserung angesagt war: + 0,1 auf 109,9 Punkte. Damit ist das höchste Niveau seit Juli letzten Jahres markiert. Inzwischen haben sich auch die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute auf ein Wirtschaftswachstum von 0,9 % in diesem und sogar von 2,0 % im kommenden Jahr eingeschossen. 

 

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