Die Mars-Mission „Curiosity“ rückt Raumfahrtunternehmen ins Rampenlicht
Das Geschäft mit dem All wird zukünftig an Bedeutung gewinnen. US-Präsident Obama betonte kürzlich, wie wichtig staatliche Investitionen seien, um den technologischen Vorsprung der USA zu sichern. Wird die 2,5 Mrd. $ teure Marsmission weiterhin erfolgreich fortgesetzt, dürfte sich der immense Budgetdruck, dem sich die Raumfahrtbehörde NASA in den letzten Jahren ausgesetzt sah, weiter verringern. Das wird auch den involvierten Unternehmen aus der Privatwirtschaft zugute kommen.
Auch bisher wurden private Unternehmen in staatliche Raumfahrtprojekte einbezogen. Ihr Beitrag wird aber in Zukunft zunehmen. Die US-Regierung will, dass sich die NASA zukünftig vor allem der langfristigen Forschung und Entwicklung widmet. Das Tagesgeschäft soll dagegen so gut wie möglich an Kooperationspartner aus der Privatwirtschaft ausgelagert werden.
Zum alltäglichen „Brot- und Buttergeschäft“ gehört derzeit der Transport von Personen und Versorgungsgütern zur Internationalen Raumstation ISS. Hier besteht für die Amerikaner besonderer Handlungsbedarf, nachdem im vergangenen Jahr der Raumtransporter Space Shuttle außer Dienst gestellt worden ist und die USA übergangsweise auf den russischen Progress-Raumfrachter angewiesen sind. Im Rahmen des „Commercial Orbital Transportation Services“ (COTS)-Programms wurde allerdings zwei US-Unternehmen der Auftrag erteilt, die zukünftige Versorgung der ISS sicherzustellen. Das eine ist SPACEX, das bereits seit zehn Jahren aktiv ist und erst im Mai dieses Jahres einen respektablen Erfolg feiern konnte, als mit dem Raumfrachter „Dragon“ das erste private Gefährt an der ISS andockte. Der Gründer von SpaceX ist der Unternehmer Elon Musk, dem Mitgründer von PayPal und Tesla Motors. SpaceX ist derzeit vollständig in privater Hand und muss laut Musk noch nicht zwingend an den Aktienmarkt. Ende 2013 aber könnte sich Musk ein Börsenlisting von SpaceX vorstellen.
ORBITAL SCIENCES (881 947; 13,40 $) hinkt dagegen leicht hinter SpaceX her. Allerdings wird man noch im Laufe des Augusts sein erstes Raumschiff in den Orbit schießen. Das erste Andockmanöver an die ISS ist dann zum Jahresende geplant. Orbital Sciences ist bereits seit 1990 an der NYSE notiert. Das Unternehmen stellt nicht nur Lösungen für den Raumtransport her, sondern entwickelt auch Satellitensysteme für die zivile, wissenschaftliche und militärische Nutzung. Die Satellitensparte profitiert derzeit vom dynamischen Wachstum der mobilen Telekommunikation. Sollte das COTS-Programm erfolgreich bewältigt werden, dürften weitere Aufträge der NASA folgen. Die Aktie ist mit einem KGV von 12 moderat bewertet, allerdings hat das Papier in den vergangenen Monaten relative Schwäche zum breiten Markt gezeigt.
MACDONALD, DETTWILER & ASSOCIATES (939 392; 58,06 CAD) ist 1995 von Orbital Sciences übernommen und 2000 separat an der Börse gelistet worden. MDA ist maßgeblich an der aktuell stattfindenden Mission des Mars-Rovers „Curiosity“ beteiligt. Für das Gefährt hat das kanadische Unternehmen einen Roboterarm und ein Röntgenspektrometer entwickelt, mit dem die chemische Zusammensetzung von Boden- und Gesteinsproben analysiert werden kann.
Neben der Marsmission arbeitet MDA aber auch an anderen interessanten Projekten. Beispielsweise an einem Orbiter, mit dessen Hilfe Satelliten gewartet und betankt werden können. Bisher war eine Reparatur von Satelliten unmöglich. Eine der wenigen Ausnahmen war das Weltraumteleskop Hubble, das durch insgesamt fünf Wartungsmissionen des Space Shuttles nicht nur betriebsbereit gehalten wurde, sondern durch die Installation einer Korrekturoptik einen Fehler im Hauptspiegel ausgleichen und so das Teleskop überhaupt erst mit seiner vollen Leistungsfähigkeit einsatzbereit gemacht werden konnte. Normalerweise müssen schadhafte Satelliten verloren gegeben werden. Auch ist der Einsatzzeitraum von Satelliten durch den endlichen Vorrat von Raketentreibstoff an Bord begrenzt. Gelingt es MDA trotz anfänglicher Rückschläge einen funktionsfähigen Reparatursatelliten zu entwickeln, wäre das wirtschaftliche Potenzial beträchtlich. Derzeit umkreisen ca. 3.000 Satelliten die Erde, die jeweils bis zu 1 Mrd. $ kosten. Auch wenn Reparaturmissionen immer noch teuer wären, wären sie doch günstiger, als den schadhaften Satelliten einfach aufzugeben. Die MDA-Aktie ist mit einem KGV von 11 verhältnismäßig günstig bewertet. Der jüngste Kursschub wurde ausgelöst, als MDA die Übernahme des Satellitenherstellers Space Systems/Loral gemeldet hatte.
Auch BOEING (850 471; 74,19 $) spielt im Reigen der Raumfahrtunternehmen eine wichtige Rolle. Allerdings macht die Sparte „Network & Space Systems“ nur ca. 10 % des Konzernumsatzes aus. Dennoch sind wegen der schieren Größe des Konzerns die Ressourcen im Raumfahrtgeschäft beträchtlich. Erst vergangene Woche hat die NASA entschieden, Boeing neben SpaceX und Sierra Nevada über 1 Mrd. $ zukommen zu lassen, mit der die Entwicklung eines ISS-Personentransporters fi nanziert werden soll. 2014 wird sich die NASA dann für einen der Vorschläge entscheiden. Boeing und SpaceX gelten als die beiden Favoriten.
Fazit: Konservative Anleger sollten Boeing bevorzugen. Wer es etwas spekulativer mag, entscheidet sich für Orbital Sciences. Die größte Chance, aber auch das größte Risiko (für den Fall, dass das Reparaturprojekt scheitern sollte), steckt indes in MacDonald, Dettwiler & Associates.