Die Marktmechanismen sind außer Kraft gesetzt!

Hans A. Bernecker Börsenbriefe GmbH
Veröffentlicht von Hans A. Bernecker Börsenbriefe GmbH am 05.06.2012
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Aktionärsbrief

Aktienkurse, KGVs, Renditen und andere Kennziffern haben ihre Aussagekraft verloren, da sie nicht das freie Spiel der Marktkräfte widerspiegeln, sondern manipuliert sind. Das gilt insbesondere für die Bondmärkte. Die Renditen bilden nicht mehr die Risikoprämien ab, die Investoren verlangen, um dem entsprechenden Schuldner Geld zu leihen.


 

Das gilt für Anleihen von guten und schlechten Schuldnern. Ren- diten von 5,7 % (Italien) oder 6,4 % (Spanien) mögen die betreffenden Länder vor große Probleme stellen, sich dauerhaft am Kapitalmarkt zu refinanzieren, aber Tatsache ist, dass diese Renditen durch geldpolitische Eingriffe künstlich niedrig gehalten werden. Dass die wenigen am Kapi- talmarkt verbliebenen AAA-Schuldner wie Deutschland für zehnjährige Papiere lediglich noch knapp 1,2 % Rendite bieten müssen, ist eine di- rekte Auswirkung dieser Politik. Hier spielen Renditeüberlegungen für die Investmententscheidung keinerlei Rolle mehr, sondern ausschließlich eine 100 %ige Risikovermeidungsstrategie.

„Preise sind Signale!“ Diesen Satz hören BWL-Studenten oft in ihrer ersten Vorle- sungsstunde. Aber wenn Märkte so manipuliert sind wie derzeit, sind die Kurse, die am Markt zustandekommen, keine Gleichgewichtspreise mehr, die Angebot und Nachfrage zum Ausgleich bringen. Somit haben sie jegliche Signalkraft verloren und öffnen einer Fehlallokation von Kapital Tür und Tor.

Ohne private Investoren kann kein Markt funktionieren! Derzeit haben sich aber fast alle privaten Anleger vom Markt zurückgezogen bzw. fahren eine Risikovermeidungs- strategie, indem sie z. B. deutsche Staatsanleihen kaufen. Das ist eine Pervertierung der Marktmechanismen, denn gerade privates Kapital ist eigentlich prädestiniert dafür, das Risiko zu suchen, um so Überrenditen zu erzielen.

Aktien sind die Leidtragenden dieser Entwicklung. Gute Zahlen werden aus Risikover- meidungsgründen vollständig ausgeblendet. Selbst sehr gute Unternehmensmeldungen schaffen es nicht, den Aktienkursen nachhaltig Auftrieb zu verleihen. Die Staatsschul- denkrise und die daraus erwachsenen Risiken dominieren die Märkte gänzlich.

Eine positive Perspektive für den Aktienmarkt ist bis auf Weiteres nicht zu erkennen.

Neuerliche Stützungsaktionen durch die Notenbanken dürften allenfalls vorübergehend für Kurszuwächse sorgen. Lediglich langfristig agierende Anleger können sich damit trösten, dass die Aktienkurse auf Sicht von mehreren Jahren deutlich über ihren jetzigen Niveaus notieren werden. Auf Sicht für die nächsten Monate fällt die Prognose dagegen höchst ernüchternd aus, denn ein Befreiungsschlag ist zunächst nicht zu erwarten. Fast wäre es wünschenswert, sämtliche staatliche und geldpolitische Stützungsaktionen auf- zugeben, um so den Marktkräften wieder freien Lauf lassen zu können. Das würde zwar sowohl am Aktien- als auch (und besonders) am Anleihenmarkt für ein heftiges, aber reinigendes Gewitter sorgen. Aber danach hätten die Kurse ihre Signalwirkung zurück- erlangt und die Märkte wären wieder vollständig funktionsfähig. 

 

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