Die Flucht der Märkte aus dem Risiko heraus treibt groteske Blüten und schafft Ansteckungsgefahren

CURT L. SCHMITT Informationsdienste
Veröffentlicht von CURT L. SCHMITT Informationsdienste am 29.09.2011
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Frankfurter Börsenbrief

Ein wesentlicher Seismograph dafür war in jüngerer Zeit der Devisenmarkt. Tagesvolumen immerhin etwa 4 Billionen Dollar, wobei bei etwa 85 % der Handelsaktivitäten auf der einen Seite des jeweiligen Währungspaares der US- Dollar steht. Auf Rang 2 folgt der Euro mit einem Anteil von 39 %, dahinter liegen der Yen (Anteil 19 %) und das brit. Pfund mit 13 %. Wer nur auf den Euro gegen den Dollar schaut, verpasst völlig das Bild, denn in den letzten Wochen gab es einen richtigen Ausverkauf bei einer ganzen Reihe von Emerging Market-Währungen. Besonders schwach zeigte sich gegenüber dem US-Dollar der südafrikanische Rand mit grob 20 % Kursverlust seit dem 01. August 2011.


 

Ebenfalls markant schwächer war der brasilianische Real mit grob 18 % Kursabschlag. Das ist schon bemerkenswert, immerhin ist es noch gar nicht so lange her, dass die Stärke dieser Währungen eher als Belastung wahrgenommen wurde. Inzwischen haben sich eine Reihe von Notenbanken aus Emerging Markets bereits auf die andere Seite des Marktes gestellt und interveniert, um zumindest das Tempo der Abwertung etwas abzufedern.

Die großen Devisenreserven sind ein Polster mit begrenztem Aussagewert. Die addierten Währungsreserven weltweit liegen bei ca. 9,7 Billionen Dollar. Etwa drei Viertel dieses Reserven-Mount Everest dürften dabei auf Emerging Markets entfallen. Dahinter stecken aber nicht nur Export-Überschüsse, sondern auch spekulative oder investive Kapitalzuflüsse. Diese sind aber keine verlässliche Größe, sondern können zumindest teilweise bei allgemeiner Verunsicherung wieder abgezogen werden. Zieht die Herde wieder ab und Notenbanken halten dagegen, so können Devisenreserven schnell abschmelzen. In der Krise 2008/09 gaben die Reserven von Emerging Markets beispielsweise um etwa ein Drittel nach. Aktuelles Beispiel ist Südkorea: Zwar konnten die Devisenreserven des Landes von 200 Mrd. Dollar gegen Ende 2008 auf etwa 310 Mrd. Dollar hochgefahren werden, aber die kurzfristige Auslandsverschuldung macht etwa die Hälfte der Devisenreserven aus. Etwas breiter betrachtet: Lagen die Nettokapitalzuflüsse in Emerging Markets im Jahr 2009 noch bei 715 Mrd. Dollar, so stiegen diese nach Angaben des IIF auf 1,1 Billionen Dollar im darauf folgenden Jahr, also ein Sprung um grob 50 %. Dazu passt: Nach einer jüngeren Umfrage von Bank of America / Merrill Lynch hatte ein Drittel der befragten Investoren eine Übergewichtung in Emerging Market-Aktien. Diese Übergewichtung dürfte auch mit den jüngeren Schwächeanfällen kaum vollständig abgebaut sein.

Wie gehen die Länder bzw. Notenbanken mit einem solchen Rahmen um? Verfestigen sich die Abflüsse, drohen Übersprungeffekte auf die Realwirtschaft. Eine Achillesferse ist das Zinsniveau. Insgesamt ergab sich bei Emerging-Market-Anleihen allein in diesem Monat ein Kursabschlag um etwa 8,4 %. Damit ist der Jahresgewinn weitgehend ausgelöscht worden und so manche CarryTrade-Konstruktion dürfte massiv durcheinander gewirbelt worden sein. Während die Aufwertung einzelner Währungen sozusagen ein Rendite-Sahnehäubchen auf die teils ohnehin interessanten Renditedifferenzen waren, so wird die Währungsentwicklung auf einmal zu einem Renditefresser. Verliert eine Währung zu schnell an Wert, so kann dies über den Import (z.B. von Rohstoffen) zu einem Inflationsbeschleuniger führen. Steuern die Notenbanken mit einem verschärften Zinskurs dagegen, ergibt sich der übliche Bremseffekt. Aber auch bei der Finanzierung von Investitionen kann eine reduzierte Kapitalzufuhr aus dem Ausland das Tempo deutlich reduzieren in einer Welt, wo Emerging Markets die einzigen wirklichen Fantasieträger für das globale Wirtschaftswachstum sind. 

 

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