Die europäische Schuldenkrise könnte für Deutschland kurzfristig zu einem maßgeblichen Turbo-Effekt im Wirtschaftswachstum führen

CURT L. SCHMITT Informationsdienste
Veröffentlicht von CURT L. SCHMITT Informationsdienste am 02.12.2010
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Frankfurter Börsenbrief

An den Märkten wird dies nicht groß angeleuchtet, denn Negativ-Schlagzeilen schaffen häufig mehr Aufmerksamkeit. Doch es gilt gleichwohl. Halten wir fest:


Die europäische Schuldenproblematik wird die Märkte noch lange beschäftigen. Die Irland-Hilfe ist nur eine Episode in dieser Betrachtung. Wir thematisierten vor zwei Wochen bereits die „Entzauberung“ des europäischen Bondmarktes, und genau dieser Prozess wird nun thematisch abgearbeitet. Portugal und Spanien sind die logischen Folgekandidaten bei dieser Krise, die sich ähnlich durch das System frisst wie seinerzeit die Subprime-Problematik. Portugal ist letztlich ein ebenfalls „kleiner Fisch“. Die Märkte dürften sich derzeit viel mehr auf Spanien als eigentlichen Testfall vorbereiten. Hier geht es um eine Volkswirtschaft, die etwa doppelt so groß ist wie Griechenland, Irland und Portugal zusammen. Es geht dabei nicht vorrangig um ökonomische Kennziffern, sondern vor allem um die Reaktion der Märkte im Umfeld einer breiten Vertrauenserosion. Nicht nur die Verschuldung der Länder ist das Problem, sondern auch die Struktur derselben. Zum einen, was die Mittelverwendung angeht (Investitionen in Produktivkapital oder Stopfen von Löchern in Bankbilanzen), aber es gilt auch im Bezug auf die Struktur der Gläubiger. Kurz gefasst: Viele Banken konnten nicht ohne Hilfe des Staates überleben, aber andererseits sind die nationalen Haushalte hochgradig auf den Bankenapparat angewiesen bei der Platzierung von neuen Anleihe-Emissionen. Ein Großteil der europäischen Staatsanleihen liegt im Finanzsektor, also bei Banken, Versicherungen und Pensionsfonds. Im Zuge von Basel III sowie der angedeuteten stärkeren Risikoübernahme ab 2013 droht ein Käuferstreik. Der jüngste Temperatursturz im € (innerhalb von ca. 4 Wochen um etwa 10 $-Cent) deutet darauf hin, dass intern. Kapital in hohem Maße aus der Eurozone abgezogen wurde. Damit ergibt sich ein gestiegenes Risiko, dass dem an sich gigantischen Anleihenmarkt demnächst Liquidität fehlen wird. Indikativ ist in diesem Zusammenhang, dass in jüngerer Zeit selbst bei einer deutschen Anleiheemission (10-jährige Bundesanleihen) nicht das ganze Volumen am Markt abgesetzt werden konnte. Dies tritt gelegentlich auf, ist aber ein seltenes Phänomen und gerade im jetzigen Umfeld erstaunlich, da Deutschland doch ein vermeintlich sicherer Hafen ist. Eine interessante Parallele ergab sich in China, wo man bei einer Emission von Schatzwechseln ebenfalls nur einen Teil des geplanten Emissionsvolumens unterbringen konnte. In jüngerer Zeit wagte sich auch Italien vor mit einer Emission. Diese gelang zwar, ging aber einher mit einem markanten Sprung im Risikoaufschlag. Damit ergibt sich für eine Reihe von europäischen Ländern auch weiterhin ein immens schwieriger thematischer Rahmen mit großem Abstrahlpotenzial wiederum für die komplette Finanzszene. In diesem Fall tangiert es auch maßgeblich die Altersversorgung vieler Menschen (z.B. bei Lebensversicherungen). So schwierig der Sachrahmen für die Eurozone auch sein mag - für Deutschland ergibt sich damit ein bemerkenswert spannender Sachrahmen. Dies ergibt sich aus vier Aspekten: 1.) Deutschland profitiert von seiner internationalen Aufstellung und dem hervorragenden Zugang zu Emerging Markets. Aufgrund der hohen technologischen Kompetenz ist die Nachfrage nach deutschen Produkten nicht sehr preissensibel. Durch die anhaltende Verbesserung der Arbeitsmarktstruktur hier in Deutschland fährt Deutschland als Produktivitäts-Kraftprotz durch die Welt. Dazu kommt 2.) der erwachende Konsum in Deutschland. Angesichts der Perspektiven und der Erwartungen und des nach wie vor gigantischen Geldvolumens der Deutschen liegt dies nahe (s. auch Seite 3). Punkt Nr. 3 ist der maßgebliche Rückenwind, der sich durch den schwachen Euro ergibt. Die Nervosität um die Eurozone drückt die europäische Gemeinschaftswährung erheblich unter das ansonsten realistische Niveau. Wäre Deutschland das einzige Euro-Land, dann dürfte die Gemeinschaftswährung durchaus im Bereich 1,70 bis 1,80 Dollar notieren - gegenüber aktuell gerade mal etwa 1,31 Dollar. Faktor Nr. 4 ist das europäische Zinsniveau. Angesichts des steilen deutschen Wachstums dürfte das deutsche Zinsniveau im Bereich 4 bis 5 % liegen. Stattdessen liegt die Rendite 10-jähriger Bundespapiere gerade mal bei etwa 2,7 %. Die deutschen Unternehmen können sich also derzeit sehr markant günstiger finanzieren, als dies rein auf Deutschland bezogen ansonsten zu erwarten wäre.
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