Die Differenzierungsfähigkeit der Märkte ist ein gutes Zeichen

CURT L. SCHMITT Informationsdienste
Veröffentlicht von CURT L. SCHMITT Informationsdienste am 17.11.2011
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Frankfurter Börsenbrief

Die Meldungen der jüngsten Tage hatten das Zeug für einen regelrechten Crash. Mit Bärenkraft wird derzeit an den Grundfesten der europäischen Staatsfinanzierung gerüttelt. Nicht nur die Problemländer stehen dabei unter Beschuss, sondern auch Kernländer. Damit wackelt letztlich auch die Kreditwürdigkeit der European Financial Stability Facility (EFSF) und damit eine wichtige Trumpfkarte der Politik. Unter einem weitgehenden Käuferstreik leidet nicht nur Italien, wo die Renditen teils wieder jenseits von 7 % lagen.


 

Auch Frankreich und Österreich weht der Wind ins Gesicht. Hier stiegen nicht nur die Renditen, sondern auch die Kreditausfallversicherungen (CDS). Im Bezug auf französische Engagements war zu vernehmen, dass besonders asiatische Adressen auf der Abgeberseite standen. Bezüglich Italien sollen es besonders auch asiatische Notenbanken sowie Adressen aus den USA und dem Mittleren Osten gewesen sein, die auf der Verkäuferseite standen. Die europäischen Banken haben dem wenig entgegenzusetzen angesichts der drohenden Eigenkapitalunterlegung von Staatsanleihen und dem Druck, die Aktivseiten der Bilanzen zu verkleinern. Im Falle italienischer Institute scheinen Liquiditätsschwierigkeiten dazugekommen zu sein. Die strategischen Möglichkeiten der Politik engen sich damit ein. Die Rufe nach einem Blankoscheck der EZB werden lauter. Und genau darauf wird es wohl letztlich auch hinauslaufen nach einer gewissen Inszenierung, um den Restrukturierungsdruck für Problemländer zu wahren.

Unter den problematischen Möglichkeiten ist dies wohl die griffigste, um dem Markt einen gewissen Boden einzubauen. Das alternative Risiko-Szenario (dass sich Staaten gar nicht mehr über den Primärmarkt refinanzieren können) wird definitiv mit allen Mitteln bekämpft werden selbst wenn man dafür Marktmechanismen und Prinzipien über Bord werfen muss. Auch wenn die Politik es bisher regelmäßig nicht nachhaltig schaffte, den Markt zu überzeugen, so sollte man die Entschlossenheit im Bezug auf das europäische Projekt nicht unterschätzen. Letztlich gilt dies auch für die deutsche Politik, die selbstverständlich das Zünglein an der politischen Waage Europas darstellt.

Die innere Stärke der Aktienmärkte deutet zunehmend ein markantes Erholungspotenzial an. Ein wichtiger Stützungsfaktor in jüngerer Zeit dürften sehr substanzielle Käufe von Index-ETFs besonders auch durch asiatische Staatsfonds gewesen sein. Diesen Adressen darf man ein bewusst langfristiges Interesse unterstellen. Insofern ist auch nicht mit schnellen Rückverlagerungen zu rechnen. Bei Schwäche wären sogar weitere Positionsaufstockungen denkbar. Bis die europäischen Finanzinstitute verstärkt auf die Kaufseite gehen, werden noch eine Reihe von Quartalen vergehen. Zu schwerfällig sind die internen Mechanismen. Aber die Logik ist klar: Verlieren die Staatsanleihen den Heiligenschein der absoluten Sicherheit, dann steigt die relative Attraktivität der Aktienmärkte als Investitionsmöglichkeit in Substanz, mit vielfach niedriger Bewertung und mitunter auch hohen Dividendenrenditen.

Die Unternehmen zeigen sich unterdessen ausgesprochen spendabel bei Aktienrückkäufen. US-Unternehmen brachten im bisherigen Jahresverlauf Aktienrückkaufprogramme im Volumen von mehr als 453 Mrd. Dollar auf den Weg. Das ist das höchste Niveau seit 2007. Umgesetzt wurden in den ersten drei Quartalen Rückkäufe im Volumen von ca. 376,5 Mrd. Dollar. Natürlich spricht dies nicht unbedingt für große Kreativität in den Unternehmensführungen (denn man könnte die Mittel ja auch in Wachstum und Expansion investieren). Auch dürfte so mancher Rückkauf nicht ganz uneigennützig im Hinblick auf mögliche Bonus-Regelungen in den Vergütungen vollzogen werden. Gleichwohl ergibt sich damit die Möglichkeit steigender Gewinne je Aktie und insofern auch sinkender Gewinnbewertungen. Außerdem signalisiert das Zuversicht in das Kurspotenzial der jeweiligen Aktie. 

 

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