Deutsche Biotechwerte im Höhenrausch - einer sticht hervor

Hans A. Bernecker Börsenbriefe GmbH
Veröffentlicht von Hans A. Bernecker Börsenbriefe GmbH am 04.12.2013
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Aktionärsbrief

German Biotech ist in Mode. Paion stieg innerhalb eines Monats um über 170 %, Evotec hatte sich in der Spitze seit Sommer knapp verdoppelt, Wilex schossen in wenigen Wochen um 60 % in die Höhe. Formycon hat sich seit Jahresbeginn mehr als verdreifacht. Epigenomics schaffte fast eine Vervierfachung seit Ende Juli. Dagegen sieht das Plus bei Biotest in 2013 von 50 % fast mickrig aus. Wir fragen uns: Welche Anstiege sind nachhaltig und welche nicht bzw. wo lohnt sich trotz der starken Performance noch ein Kauf?


BIOTEST (WKN: 522 720; 72,10 €) - warum die Aktie dreistellig werden kann. Von unserem Musterdepotwert versprechen wir uns noch einiges. Das Beste steht hier erst noch bevor. Biotest steht für die Gewinnung von Plasmaproteinen aus Blutplasma. Plasmaproteine sind die Basis für viele Medikamentenentwicklungen zum Beispiel gegen Erkrankungen des Immunsystems, Infektionserkrankungen (z. B. Hepatitis B) oder Blutgerinnungsstörungen. Bei der Bekämpfung von Hepatitis B hält Biotest einen Marktanteil von 50 %. Insgesamt ist man im Proteinplasmageschäft weltweit die Nummer fünf.

Wachstumsmarkt par Excellence. Der Markt der Plasmaproteine verdoppelt sich alle 10 Jahre. Das entspricht einer Wachstumsdynamik von 7 % jährlich. Biotest wächst hier zweistellig bei EBIT-Margen von knapp 11 %. Hauck & Aufhäuser geht davon aus, dass Biotest die Marge bis 2020 auf 20 % ausbauen und den Umsatz bis dahin auf über 1 Mrd. € (2013 ca. 490 Mio. €) schrauben wird. Umsatz und Margenverdoppelung führen in den nächsten Jahren zu einer Gewinnexplosion. Zuletzt wurde bereits kräftig in neue Produktionskapazitäten investiert. Das Geschäft gilt als zuverlässiger nichtzyklischer Cashflow-Garant und wird derzeit mit KGV 19 per 2014 bezahlt. Das ist angesichts der Wachstumsdynamik ein moderater Bewertungsansatz. Die spanische Grifols, ein Konkurrent, wird gemessen am KGV ähnlich bewertet, ist aber mit einem Kurs-/Buchwert-Verhältnis von 5 wesentlich teurer (Biotest KBV: 2,1). Es kommt aber noch besser:

Das monoklonale Antikörpergeschäft wird im Kurs bislang nicht honoriert. Hier geht es um biotechnisch erzeugte Präparate, die fremde Zellen im menschlichen Körper erkennen und bekämpfen. Besonders bei Tumoren, aber auch z. B. bei rheumatoider Arthritis kommen diese Wirkstoffe zum Einsatz. Sehr weit ist Biotest hier mit einem Antikörper gegen rheumatoide Arthritis. Ein Auslizenzierungsvertrag mit „Big Pharma“ ist bereits in trockenen Tüchern. Je nach Entwicklungsfortschritt gibt es bis zu 480 Mio. € zuzüglich einer zweistelligen Umsatzbeteiligung. Das Produkt hat Blockbuster-Potenzial. Eine Zulassung gilt als relativ wahrscheinlich. Insider taxieren den fairen Wert dieses Bereiches auf 300 bis 400 Mio. €.

Fazit: Die Aktie sollte die 100 €-Marke knacken können. Wir sehen Richtung 2015 nochmals 40 % Potenzial. Sollte die Familie irgendwann verkaufswillig sein, sind die Stämme die bessere Wahl.

PAION (WKN: A0B 65S; 2,57 €) - 170 % in wenigen Wochen sind zu viel. Das dachte wohl auch der Aufsichtsrat Alan Gilbert Goodman und verkaufte in der letzten Woche 80.000 Aktien bei 2,58 €. Im Fokus steht der Hoffnungsträger Remimazolam mit Anwendung in den Bereichen Vollnarkose, Beatmung auf Intensivstationen sowie bei Darmspiegelungen. In allen drei Bereichen gelten Spitzen-Verkaufsvolumen von 500 Mio. $ für möglich. Davon stehen PAION rund 10 % zu. 2014 und 2015 wird Paion trotz Meilensteinzahlungen weiter tiefrote Zahlen schreiben. Die Zulassung von Remimazolam ist noch gar nicht erfolgt - wenn sie denn überhaupt erfolgen wird, aber die Umsätze und Gewinne aus den Verkaufserlösen sind in den aktuellen Unternehmensbewertungen bereits enthalten. Fazit: Der Kursanstieg wird kaum nachhaltig kein.

Im Gegensatz zu Paion ist WILEX (WKN: 661 472; 1,50 €) deutlich breiter aufgestellt. Eine mögliche Wirksamkeit des Nierenkrebswirkstoffs bei Patienten mit hohen CAIX-Werten im Tumorgewebe birgt Phantasie. Damit könnte Rencarex nun Früchte tragen und die Phase III erfolgreich abschließen. Das Spitzenumsatzpotenzial wird bei über 300 Mio. USD gesehen. Interessant ist aber auch das Antikörper-Geschäft, wo es zuletzt einen Lizenzdeal mit Roche gegeben hat. Für das Geschäftsjahr 2013/14 erwarten Analysten einen Verlust je Aktie von 0,45 €. Fazit: Sollte Rencarex zur Zulassung kommen, kann die Aktie Richtung 3 € steigen. Floppt der Wirkstoff, droht der Totalabsturz.

EPIGENOMICS (WKN: A1K 051; 6,30 €) - bald mit Zulassung? Die Kursavancen der letzten Monate basieren auf der möglichen zeitnahen Zulassung von Epi proColon(R), dem blutbasierten Test zur Früherkennung von Darmkrebs, durch die FDA. Das Marktpotenzial wird weltweit im hohen dreistelligen Millionenbereich gesehen. Epigenomics besitzt auch Patentrechte für eine Vielzahl von Biomarkern. Zudem vermarktet man ein Produkt für die Diagnose von Lungenkrebs, das auf Epigenomics‘ SHOX2-Biomarker basiert. Fazit: Breite Aufstellungen, aber immer noch hochgradig defizitär und regelmäßig mit Finanzierungsproblemen. Die Aktie hat Spielcasinocharakter.

Als Geheimtipp in Branchenkreisen gilt FORMYCON (WKN: A1E WVY; 7,60 €), ein Entwickler von Biosimilaren. Ende letzten Jahres hat man mit der Entwicklung des ersten eigenen Produktkandidaten in der Biosimilar-Sparte begonnen. Das ausgesuchte Originator-Produkt wird laut aktueller Marktstudien zum Zeitpunkt des Ablaufens seines Patentschutzes in einigen Jahren einen Jahresumsatz im mehrfachen Milliarden-US-Dollar-Bereich haben. Biosimilare sind biotechnologisch erzeugte, protein-basierte Nachahmer-Arzneistoffe, die nach Ablauf der Patentzeit eines Originalwirkstoffs zugelassen werden. Branchenkenner sehen darin einen neuen, sich verstärkenden Trend. Leider ist Formycon extrem intransparent, was der Aktie einen hohen spekulativen Anstrich verleiht. Fazit: Hochspekulativ.
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