Der Politik und den Märkten gelingt es einfach nicht, einen Schlusspunkt für die Schuldenthematik in Europa zu finden

CURT L. SCHMITT Informationsdienste
Veröffentlicht von CURT L. SCHMITT Informationsdienste am 30.04.2011
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Frankfurter Börsenbrief

Das ist durchaus brisant, denn die Wirtschaft macht letztlich die Politik. Und je länger es dauert, bis in der Wirtschaft und auch an den Finanzmärkten der Dreh in der Stimmung vollzogen wird, umso dünner wird die politische Eisdecke unter so mancher Regierung. Der Rechtsruck in Finnland ist durchaus symptomatisch und ein wichtiges Signal. Die konservative Nationalpartei kam auf 44 Mandate und war damit der eigentliche Sieger der Parlamentswahl. Die Regierungsbildung dürfte sich schwierig gestalten und auch noch etwas hinziehen, doch letztlich wird sich die politische Couleur verändern. Da Rettungspakete im Eurokontext (wie z.B. zuletzt für Portugal) ein einstimmiges Votum verlangen, wird die Politik damit zu einem nicht kalkulierbaren potenziellen Störfaktor und damit auch zu einer Gefahr in das generelle Vertrauen in diesen Stützungsrahmen.


 

In einem solchen Rahmen wird es noch unwahrscheinlicher, dass Investoren in bestimmte Problembereiche des Marktes zurückkehren nach der überraschenden Entzauberung des Mythos „Euro als Haftungsgemeinschaft“. Ohne den Markt aber kann letztlich auch der Turnaround in dieser Thematik nicht erfolgen. Nur über die Notenbanken oder die Politik ist diese Herausforderung nicht zu lösen. Und mit dem derzeitigen Sachrahmen verschärft man das Risiko, dass gezielt gegen einzelne Länder spekuliert wird. Immerhin ist das von Hedge-Fonds verwaltete Geldvolumen gegen Ende des ersten Quartals über die Schwelle von 2.000 Mrd. Dollar gegangen. Höher hatte das Anlagevolumen der Hedge-Fonds vorher nie gelegen. Das ist eine gewaltige spekulative Macht, die man nicht unterschätzen sollte, auch wenn die Ausrichtungen und Strategien natürlich sehr unterschiedlich sind.

Geradezu eine Einladung für die internationale Spekulation: Indikativ für die Qualität des Rentenmarktes ist der jüngere Verlauf in Portugal. Die portugiesischen Banken gaben das Signal, dass sie künftig nicht mehr Staatsanleihen ihres Landes aufnehmen können. Nur einen Tag später macht Lissabon den Gang nach Canossa bzw. nach Brüssel. Herumgereicht wird, dass zwischen einzelnen Schuldenagenturen in der Eurozone und den Banken strenge Vereinbarungen gelten, nach denen die Banken bei Auktionen von Staatsanleihen Material abnehmen müssen. Auch soll es Vorschriften für den Sekundärmarkt geben. Halten sich die Banken nicht an die Spielregeln, können sie bei künftigen Transaktionen (z.B. Privatisierungen) links liegen gelassen werden. Des weiteren wird darüber spekuliert, dass das Gebotsvolumen von Staatsanleihen-Emissionen frisiert wird. Banken geben höhere Volumengebote ab und sorgen damit für sportlichere „Bid-to-Cover“-Ratios. Damit wird dem Markt mehr Nachfrage vorgegaukelt als tatsächlich vorhanden ist. Dass entsprechende Mechanismen im Hintergrund laufen, ist nicht so verwunderlich, aber wenn darüber öffentlich spekuliert wird, ist das eine entscheidende Ansage, die im Zweifelsfall privates Kapital auf Abstand hält oder sogar zu entsprechenden Short-Spekulationen einlädt.

Steter Tropfen höhlt den Stein. Um eine Aufbruchsstimmung zu erzeugen und den Käuferstreik in einzelner Marktsegmenten zu brechen, benötigt man eine kalkulierbare Basis und einen nachhaltigen Strom positiver Entwicklungen oder mind. einen Rahmen mit positivem Ermessensspielraum. Die Rating-Agenturen mögen ihren Job nach der peinlichen Blamage im Rahmen der US-Finanzkrise durchaus ernst nehmen, aber im jetzigen Umfeld wird teilweise Öl ins Feuer gegossen. Ein jüngerer Fall war Irland. Die Rating-Agentur Moody‘s setzte die Bewertung um zwei Stufen auf Baa3 herab. Damit ist der vormalige „celtic tiger“ nur noch eine Bewertungsstufe vom „Ramsch-Status“ entfernt und hat die gleiche Bonitätsnote wie Tunesien. Die RatingHerabstufung ist ein Schlag ins Gesicht für die irische Regierung, die Vollgas beim Sparkurs gibt. Immerhin wollen die Iren bis 2015 eine Entlastung des Staatsetats um 15 Mrd. € schaffen, was etwa 10 % der jährlichen Wirtschaftsleistung entspricht. Doch diese schmerzhafte Sparbemühung wird am Markt nicht honoriert, was innenpolitisch verständlicherweise Frust erzeugen dürfte. Sowohl bei „Nehmer-“ als auch bei „Geberländer“ dürfte der innenpolitische Frust in den kommenden Jahren deutlich zunehmen und für das Euro-Projekt zu einer wirklichen Herausforderung werden. 

 

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