Der MACD – Ein Klassiker unter den Trendfolgern
Bereits im Jahr 1979 stellte Gerald Appel mit dem MACD einen Indikator vor, der aufgrund seiner vielseitigen Verwendungsmöglichkeiten schnell einen Platz unter den Standardwerkzeugen der technischen Analyse fand. Wenngleich er inzwischen zu den Klassikern unter der Vielzahl an Indikatoren zählt, kann der MACD nach wie vor wertvolle Hinweise bei der Analyse einer Trendbewegung liefern.
Die Abkürzung MACD steht für Moving Average Convergence/Divergence, was so viel bedeutet wie das Zusammenbzw. Auseinanderlaufen von gleitenden Durchschnitten. Die Verwendung von gleitenden Durchschnitten als Basis für den MACD macht ihn zu einem trendfolgenden Indikator, auch wenn er gewisse Eigenschaften eines Oszillators aufweist. So kann der Indikator nicht nur einen Trendwechsel anzeigen, sondern gibt auch Auskunft über Richtung und Stärke einer Trendbewegung.
Berechnet wird der MACD aus der Differenz zweier exponentiell geglätteter gleitender Durchschnitte (EMA). In der Standardeinstellung wird ein auf 26 Tage basierender EMA von einem aus zwölf Tagen berechneten EMA subtrahiert. Zur Signalgebung wird ein weiterer exponentiell geglätteter 9-Tages-Durchschnitt des MACD als Signallinie (im Chart als rote, gestrichelte Linie dargestellt) berechnet. Hinsichtlich der Periodeneinstellung ist der MACD sowohl auf Tagesals auch auf Wochenoder Monatsbasis, ja selbst ohne weiteres auf Stundenbasis anwendbar. Die besten Ergebnisse erzielt der Indikator jedoch auf Wochenbasis. Die Standardeinstellungen der Perioden können beliebig geändert werden, um den MACD der eigenen Tradingoder Investmentstrategie anzupassen. So kann statt der für 26, zwölf und neun Tage berechneten EMAs auch eine schnellere Einstellung verwendet werden, die beispielsweise die Berechnung der EMAs auf Basis von acht, 17 und neun Tagen vorsieht. Hier kann jeder Trader nach Lust und Laune experimentieren, sollte sich aber in der Suche nach der optimalen Einstellung nicht verlieren. Zudem gilt es zu bedenken, dass eine schnellere Periodeneinstellung zwar mehr und frühere Signale mit sich bringt, aber im gleichen Zuge auch die Anzahl der Fehlsignale steigt. Eine hohe Anzahl von Fehlsignalen wird der Indikator aufgrund seiner Konstruktion auch in trendlosen Phasen liefern, wenn der Kurs eines Basiswertes längere Zeit per saldo seitwärts läuft.
Die Anwendung des MACD
Die erste Information über die Trendverfassung des jeweils analysierten Basiswertes erhält man bereits beim Blick auf den Verlauf des MACD. Während ein MACD im positiven Bereich einen Aufwärtstrend anzeigt, signalisiert ein negativer MACD einen Abwärtstrend. Vergrößert sich dabei der Abstand zwischen der MACD-Linie und derSignallinie,verstärktsichderTrend–verringertsichderAbstand, wird der Trend schwächer. Auch der Abstand des Indikators von seiner Mittellinie gibt Auskunft über die Stärke des vorherrschenden Trends. Diese erhöht sich mit zunehmendem Abstand von der Mittellinie. Ein sehr großer Abstand von der Mittellinie deutet nach einer langen Trendbewegung auf eine überkaufte bzw. überverkaufte Verfassung hin, die einen Trendwechsel einleiten kann. Hier weist der MACD eine Eigenschaft auf, die sonst charakteristisch für Oszillatoren ist. Die eigentliche Signalgebung erfolgt durch den Schnitt der MACD-Linie mit ihrem langsameren Trigger. So entsteht ein Kaufsignal, wenn der MACD die Signallinie von unten nach oben kreuzt. Kreuzt der MACD seine Signallinie von oben nach unten, wird ein Verkaufssignal generiert.
Eine weitere viel versprechende Anwendungsmöglichkeit des MACD ist die Suche nach Divergenzen, die ein frühes Warnsignal für einen bevorstehenden Trendwechsel darstellen. Eine Divergenz liegt dann vor, wenn der Verlauf des MACD und der Kursverlauf des Basiswertes voneinander abweichen. So markiert die Kursnotierung bei einer bullischen Divergenz ein neues Tief, während der MACD kein neues Tief mehr ausbildet. Bei einer bärischen Divergenz markiert der Kurs ein neues Hoch, wohingegen der MACD sein Vorgängerhoch nicht mehr erreicht. Je nachdem wie auffällig die Divergenz ausgeprägt ist, desto stärker ist auch ihre Aussagekraft.
Praktische Tipps im Umgang mit dem MACD
Als Trendfolger spielt der MACD seine Stärken besonders dann aus, wenn einem Kaufoder Verkaufssignal eine größere bzw. dynamische Trendbewegung vorausgegangen ist, beide Linien des Indikators somit über eine längere Zeit nahezu parallel gestiegen oder gefallen sind. Dementsprechend sollten sich Anleger verstärkt auf solche Signale konzentrieren, die möglichst weit entfernt von der Mittellinie generiert werden. Zwar zeugt eine weite Entfernung von der Mittellinie von einer starken Trendbewegung, gegen die zu spekulieren ein erhöhtes Risiko birgt. Diesem Risiko kann man aber durch konsequentes Moneyund Stopmanagement begegnen. Gleichzeitig nimmt die Chance bzw. die Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich die bestehende Trendbewegung ihrem Ende nähert, immer mehr zu, je weiter sich der MACD von der Mittellinie entfernt. Vor allem wenn der Indikator inzwischen auf einem Niveau notiert, bei dem es bereits in der Vergangenheit zu einer Trendwende kam, sollten Anleger die Eröffnung einer neuen Position mit kalkuliertem Risiko ins Auge fassen. Zusätzliche Erkenntnisse über die Verfassung der Trendbewegung kann in diesem Stadium ein Abgleich mit anderen Indikatoren bzw. Oszillatoren wie dem ADX oder dem RSI bringen. Zeigt beispielsweise der ADX ebenfalls ein reifes Trendstadium an oder notiert der RSI in einem Extrembereich, erhöht dies die Wahrscheinlichkeit für einen bevorstehenden Trendwechsel weiter. Auf jeden Fall sollten prozyklische Engagements zu diesem Zeitpunkt zurückgestellt und dem Stopmanagement für bestehende Positionen erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt werden. Nachdem der MACD im negativen Bereich ein neues Kaufsignal erzeugt hat, kann der Anstieg oder Fall unter die Mittellinie zum Aufstocken der Long-Positionen genutzt werden. Umgekehrt kann nach einem Verkaufssignal im positiven Bereich der Fall unter die Nulllinie zum Ausbau einer Short-Position genutzt werden.
Das MACD-Histogramm, das sich in den meisten Chartprogrammen per Knopfdruck einblenden lässt, bietet durch die Darstellung senkrechter Balken eine bessere Visualisierung der Differenz zwischen der MACD-Linie und der Signallinie. Wenn der MACD einen Aufwärtstrend anzeigt, in dem die MACD-Linie oberhalb der Signallinie verläuft, ist das Histogramm positiv, während es bei einem Abwärtstrend, wenn die MACD-Linie unterhalb der Signallinie verläuft, entsprechend negativ ist. Der Wechsel vom positiven in den negativen Bereich geht mit den Kreuzungen der Linien einher. Der Vorteil des Histogramms liegt darin, dass eine Abschwächung des vorherrschenden Trends aufgrund der Balkendarstellung besser erkennbar ist als bei der Betrachtung der MACD-Linien. Je mehr das Histogramm abnimmt und sich der Nulllinie nähert, desto mehr verliert die aktuelle Bewegung an Dynamik und umso näher rückt ein neues Kaufoder Verkaufssignal – je nachdem, ob das Histogramm im negativen oder positiven Bereich abflacht. Besondersaufmerksam sollten Trader werden, wenn sich der Kurs des Basiswertes und der MACD noch in dieselbe Richtung bewegen, während das Histogramm abzufallen beginnt. Eine solche Veränderung im Histogramm warnt frühzeitig davor, dass die aktuelle Trendbewegung an Schwung verliert und ein neues Signal bevorsteht.
Nicht immer kommt es dann auch tatsächlich zu einem Signal. Aber selbst einem verhinderten Signal kann der Anleger einen wertvollen Hinweis auf die weitere Kursentwicklung entnehmen. Beim bullish bzw. bearish failure bahnt sich jeweils ein neues Signal im MACD an. Kurz vor dem Kreuzen der Signallinie dreht die MACD-Linie jedoch wieder ab, sodass eine Signalgenerierung verhindert wird. Ebenso wie bei einem Fehlausbruch aus einer Formation folgt einem verhinderten Signal des MACD oft eine dynamische Bewegung in die ursprüngliche Trendrichtung, insbesondere, wenn das bullish oder bearish failure mit dem Ausbruch aus einer kurzfristigen Konsolidierungsformation wie einem Keil oder einer Flagge einhergeht.
Last but not least eignet sich der MACD aufgrund seiner Eigenschaft als Trendfolger hervorragend als Trendfilter in Kombination mit der Verwendung der schnelleren Signale eines Oszillators, wie z.B. der Stochastik. Aufgrund ihrer sehr geringen Korrelation mit dem MACD bietet die Anwendung von Oszillatoren einen echten analytischen Mehrwert hinsichtlich des Timings für den Positionsaufbau. Die Kaufbzw. Verkaufssignale der Stochastik werden dabei immer nur in Richtung des übergeordneten Trends wahrgenommen, d.h. Long-Positionen werden nur dann eröffnet, wenn sich der MACD in einem Aufwärtstrend befindet und umgekehrt.