DAX - Deutschen Großkonzernen auf der Spur

Veröffentlicht am 09.02.2009

Der DAX ist der wichtigste Börsenindex in Deutschland. Auch international wird er stark beachtet und gilt als Leitindex für den deutschen Aktienmarkt. Das Börsenbarometer repräsentiert die Wertentwicklung der dreißig größten in Frankfurt notierten Unternehmen Deutschlands. Ein Blick auf die Kurstafel im Frankfurter Handelssaal sollte ausreichen, um einen Eindruck zu gewinnen, wie es um die geschäftliche Entwicklung großer deutscher Konzerne bestellt ist.


Im DAX finden sich dreißig deutsche Standardwerte, die so genannten Blue Chips. Dabei handelt es sich um große, meist auch international etablierte Firmen, die als vertrauenswürdig und solide gelten und meist schon viele Jahre erfolgreich am Markt agieren. Entsprechend genießen sie in der Regel einen guten Ruf. Außerdem lassen die DAXMitglieder ihre Anleger an ihren Gewinnen über entsprechende Dividendenzahlungen teilhaben. Bei der Berechnung des DAX werden neben der Kursentwicklung der Konzerne auch die Dividendenzahlungen berücksichtigt, es handelt sich somit um einen Performance-Index. Der Index existiert seit 1988, eine historische Rückberechnung wurde aber bis ins Jahr 1959 vorgenommen. Der DAX wird von der Deutschen Börse börsentäglich ab 9 Uhr bis zum Beginn der Schlussauktion auf dem elektronischen Handelssystem Xetra ab 17.30 Uhr berechnet, basierend auf den Xetra-Kursen.


Mitgliedschaft in der ersten Börsenliga

Da der DAX sozusagen die erste Liga der deutschen Börse ist, lässt häufig bereits die Aussicht auf eine Aufnahme in den Index die Kurse der Aspiranten steigen. Allerdings müssen die Kandidaten diverse Kriterien erfüllen. Unter anderem müssen sie regelmäßig Finanzberichte, Unternehmenskalender und Ad-hoc-Mitteilungen veröffentlichen und Analystenkonferenzen veranstalten. Des Weiteren müssen sie ihren Sitz in Deutschland haben. Unter der Voraussetzung, dass ihre Aktien zum größten Teil in Frankfurt gehandelt werden, können auch Konzerne aus der EU im DAX notiert werden. Darüber hinaus sind die Streubesitz-Marktkapitalisierung sowie der Orderbuchumsatz wichtige Aufnahmekriterien. Einmal jährlich im September entscheidet die Deutsche Börse am so genannten ordentlichen Anpassungstermin über die Zusammensetzung des Index. Zudem finden jeweils im März, Juni und Dezember außerordentliche Anpassungstermine statt. An diesen wird überprüft, ob die Indexmitglieder noch zu den nach Börsenumsatz und Marktkapitalisierung 45 größten Unternehmen gehören. Sollte ein Unternehmen eine der beiden Bedingungen nicht mehr erfüllen, muss es den Index verlassen. Dann rückt ein Konzern nach, der auf der Rangliste der möglichen Kandidaten bei der Marktkapitalisierung nach Streubesitz mindestens Rang 35 und beim Börsenumsatz mindestens Rang 45 belegt. Der nächste außerordentliche Anpassungstermin ist für den 4. März 2009 angesetzt.


Deutschlands Wirtschafts-Elite und ein Pennystock

Nahezu sämtliche große Branchen des deutschen Wirtschaftslebens sind im DAX repräsentiert. Nach Sektoren bringen derzeit Chemiekonzerne mit einem Anteil von 16,7% das größte Gewicht auf die Waage. Größter Einzelwert aus diesem Bereich ist Bayer mit einem Gewicht von über 8%. Mit über 13% ist der Stolz der deutschen Wirtschaft, die Automobilindustrie, im DAX vertreten. Daimler, Volkswagen und BMW heißen die einzelnen Kandidaten, wobei derzeit der Autokonzern aus Bayern mit über 8% am höchsten gewichtet ist. Der Anteil von Industriewerten, repräsentiert durch MAN, Siemens und ThyssenKrupp, liegt bei über 11%. Nach Gewichtung liegt in diesem Bereich derzeit Siemens vorn. Darüber hinaus sind Unternehmen aus den Branchen Versorger, Transport und Logistik, Telekommunikation, Technologie, Software, Einzelhandel, Pharma und Gesundheit, Versicherungswesen, Banken, Finanzdienstleistungen, Konsumgüter sowie Grundstoffe im DAX enthalten. Übrigens ist der Technologiewert Infineon der erste und bislang einzige Pennystock im deutschen Leitindex. Der Sinkflug der Aktie begann bereits im Spätsommer 2007. Im Dezember letzten Jahres notierte das Papier nur noch bei 0,63 Euro. Anfang Januar konnte es wieder zwischenzeitlich über die 1-Euro-Marke klettern, fiel dann aber wieder auf Pennystock-Niveau zurück. Der Halbleiterhersteller leidet unter dem rapiden Preisverfall von Chips für PCs, Digitalkameras und ähnlichen Produkten. Zudem musste auch noch die Infineon-Beteiligung Qimonda Insolvenz anmelden.


Zwei Autobauer sorgen für Wirbel

Zu den weiteren DAX-Kuriositäten der jüngeren Zeit gehören sicherlich auch die spektakulären Kursturbulenzen der VWAktie, die im Oktober 2008 für Aufregung sorgten. Nachdem Porsche bereits Anfang letzten Jahres bei VW eingestiegen war, gaben die Stuttgarter im Oktober bekannt, ihren Anteil über Optionen auf rund 75% aufstocken zu wollen und erwischten damit zahlreiche Short-Seller, die auf Kursverluste bei VW gesetzt hatten, auf dem falschen Fuß. Was folgte, waren massive Short-Eindeckungen sowie ein rasanter Kursanstieg der VW-Aktie auf in der Spitze über 1.000 Euro. Damit war der Wolfsburger Konzern zwischenzeitlich mit einer Marktkapitalisierung von über 295 Mrd. Euro das teuerste Unternehmen der Welt. Allerdings verzerrten die heftigen Kursbewegungen von VW den DAX. Denn generell errechnet sich die Gewichtung der DAXMitglieder anhand des Orderbuchumsatzes und der Marktkapitalisierung der Aktien, die sich im Streubesitz (Freefloat) befinden, also frei am Markt handelbar sind. Bei jeder sekündlichen Neuberechnung des Indexstands wird die sich ständig ändernde Freefloat-Marktkapitalisierung ebenfalls neu berechnet. Allerdings war das Gewicht der VW-Aktie im DAX aufgrund des geringen Streubesitzes von knapp 6% deutlich gestiegen, denn zu diesem Zeitpunkt hielt das Land Niedersachsen 20% der Anteile, während Porsche über 42,6% der Stämme sowie über Cash-Optionen auf weitere 31,5% verfügte. Der veränderte Streubesitz wirkte sich also bereits in Echtzeit auf den VW-Kurs aus, während das Gewicht des Autobauers im Index nicht angepasst wurde. Die Deutsche Börse hätte die entsprechende Neugewichtung von VW erst beim nächsten turnusmäßigen Anpassungstermin vorgenommen.


Geändertes Regelwerk

Den Marktteilnehmern missfiel dies jedoch. Eine realistische Abbildung der Entwicklung des Gesamtmarktes sei nicht mehr gegeben, lautete die Kritik. Schließlich musste die Deutsche Börse reagieren und raffte sich zu einer Regeländerung auf. Seither kann ein Wert jetzt auch außerhalb der regelmäßigen Anpassungstermine aus dem DAX fliegen, wenn zum einen die Gewichtung einer Aktie an einem Handelstag 10% überschreitet und zum anderen die Volatilität der letzten 30 Handelstage bei über 250% liegt. Zudem kann die Deutsche Börse das Gewicht eines Einzelwerts in Ausnahmefällen kurzfristig auf 10% limitieren. Außerdem wurden die Mindestanforderungen verschärft, was den Anteil der Aktien angeht, die sich im Streubesitz befinden. Mussten sich bis zur besagten VW-Episode mindestens 5% der Anteilsscheine einer Gesellschaft im Freefloat befinden, wurde nun das Minimum auf 10% erhöht. Abgesehen von der bereits erwähnten neuen Regelung werden Änderungen im Streubesitz aufgrund von Änderungen in der Aktionärsstruktur sonst nur bei den Anpassungsterminen einmal im Quartal berücksichtigt.


Fazit:

Abgesehen von den spekulationsgetriebenen irrationalen Kursbewegungen bei der VW-Aktie, die das Börsenbarometer auf den Kopf stellten, hat sich der DAX in der Vergangenheit insgesamt durchaus darin bewährt, Anlegern ein Bild über die Entwicklung am deutschen Aktienmarkt zu verschaffen. Bei den Prognosen für das laufende Jahr sind sich die Experten unterdessen uneins. Optimisten sehen den DAX in der zweiten Jahreshälfte wieder deutlich über 5.000 Punkten, bis Ende des Jahres liegen die Schätzungen im Durchschnitt bei rund 5.200 Punkten. Doch solche Prognosen sind mit Vorsicht zu genießen: Mit ihren Ende 2007 abgegebenen Prognosen lagen die meisten Experten gründlich daneben, sahen doch nicht wenige den DAX zum Jahresende 2008 bei 8.000 Punkten. Tatsächlich verabschiedete sich der Index mit 4.810,20 Punkten und einem Minus von rund 40% aus dem Jahr.

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