DAX auf 7.000!
Veröffentlicht von
Hans A. Bernecker Börsenbriefe GmbH
am
08.12.2010
Fast wäre es bereits am vergangenen Freitag soweit gewesen: Seit Juli 2008 hatte der DAX nicht mehr die Marke von 7.000 Punkten überwinden können. Am letzten Freitag ist die Attacke dann nur 20 Punkte vor dem Ziel gescheitert.
Am Dienstag dieser Woche konnte dann aber schließlich Vollzug gemeldet werden. Beginnt bei 7.000 die „Todeszone“? Bergsteiger begeben sich ab dieser Höhe in einen Bereich, in dem der Körper solch extremen Belastungen ausgesetzt ist, von denen sich selbst austrainierte Klettersportler im Laufe des weiteren Aufstiegs nur unzureichend zu erholen imstande sind. Aber droht auch dem DAX bei Punkteständen über 7.000 die Höhenkrankheit? Kurzfristig mag der deutsche Aktienmarkt nun nach den jüngsten dynamischen Anstiegen etwas in Atemnot geraten. Immerhin hat der DAX innerhalb der vergangenen acht Wochen knapp 1.000 Punkte zugelegt. Was die Ausdauerkondition angeht, ist der DAX aber noch topfit. Im Vergleich zu seinem langjährigen Durchschnitt ist er derzeit Analystenschätzungen zufolge um 40 % unterbewertet. Und selbst wenn man die Tatsache berücksichtigt, dass der Konjunkturzyklus schon relativ weit fortgeschritten ist, ergibt sich immer noch eine Unterbewertung von 22 %.
Der deutsche Aktienmarkt sollte also noch mehr als ausreichende Reserven haben, um den Gipfelsturm erfolgreich abzuschließen. Zudem sind die hohen Cash-Reserven europäischer Unternehmen ein zuverlässiges Sicherungsseil. Schätzungsweise 700 Mrd US-Dollar haben die Firmen in ihren Kassen gebunkert. Damit ist die Nettoliquidität mittlerweile sogar höher als im Boom-Jahr 2007. Europäischer Rekordhalter dürfte derzeit Nestlé sein, die u. a. wegen des Alcon-Verkaufs an Novartis ca. 30 Mrd US-Dollar gebunkert haben dürften. Aber auch viele deutsche Unternehmen haben zweistellige Milliardenbeträge in der Kasse liegen, wie beispielsweise Siemens mit 14 Mrd €. Unabhängig von ihrer Verwendung ist die hohe Liquidität der Unternehmen ein zusätzlicher Treibsatz für die Aktienmärkte. Denn die Handlungsoptionen sind rar und die meisten davon wirken sich unmittelbar positiv auf den Aktienmarkt aus, wie z. B. Aktienrückkaufprogramme, Dividendenerhöhungen bzw. Sonderausschüttungen oder Übernahmen. Investitionen ins operative Geschäft dagegen wirken sich zumindest mittelbar positiv aus. Und solche Investitionspläne gibt es derzeit viele. So will VW, die derzeit knapp 20 Mrd € in der Kasse liegen haben, bis 2015 41,3 Mrd € in Sachanlagen investieren. Weitere 10,6 Mrd € sind für den Aufbau von Joint-Ventures in China vorgesehen. BASF hingegen will bis Ende 2015 insgesamt 9 bis 10 Mrd € in den Standort Ludwigshafen investieren.