Bundespräsident Köhler mit starker, sachlicher Kritik

Stephan Heibel
Veröffentlicht von Stephan Heibel am 04.10.2009
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Heibel-Ticker Börsenbrief

Während nun die politische Reise nach Jerusalem beginnt (mal sehen, wer am Ende auf welchem Stühlchen sitzt), hat sich unser Bundespräsident Köhler zu Wort gemeldet. Einmal mehr hat der ehemalige Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) die Finanzkrise als Monster und deren Auswirkungen als noch nicht ansatzweise besiegt bezeichnet. Der Politik machte er heftige Vorwürfe, sich bereits ins Tagesgeschäft zu verabschieden, ohne die Ursachen der Krise ordnungspolitisch angegangen zu haben.


Super! Kann ich da nur sagen. Wir haben einen Bundespräsidenten, der vom Fach ist und sich auch fachlich nicht zurück hält. Und dieser Bundespräsident warnt genau vor dem Problem, das ich ebenfalls sehe: Die Konjunkturhilfen waren groß genug, um der Wirtschaft über einen Zeitraum zu helfen, nach dem die öffentliche Wahrnehmung vergessen wird, dass die Finanzkrise des vergangenen Jahres nicht geheilt sondern gerade einmal mit einem Pflaster versehen wurde. Die Wunde wird wieder aufbrechen, wenn sie nicht ordentlich versorgt wird. Und meiner Einschätzung nach wird die Wunde erst ab 2013 aufbrechen, bis dahin könnten die Konjunkturhilfen einen Aufschwung initiieren, der sich selbst nährt und verstärkt und der die Politik irgendwann glauben lässt, dass unser Finanzsystem geheilt sei.

Es ist der Zeithorizont, der hier dafür sorgt, dass die Finanzkrise wohl doch nicht dazu führt, dass es international bessere Regeln geben wird. Wir haben einen Wirtschaftsaufschwung und wer will da noch unangenehme Themen ansprechen? Viel lieber sonnt man sich in dem Erfolg der Konjunkturhilfen. Alles andere wird in der Öffentlichkeit als Miesmacherei abgestraft.

Die Finanzkrise war in meinen Augen eben noch nicht schlimm genug, um zu drastischen Einschnitten im Weltfinanzsystem zu führen. Das habe ich im März bereits geschrieben und ich sehe auch heute noch keine wesentliche Besserung. Auch mein früherer Professor Issing, ehemaliger zweiter Mann bei Bundesbank sowie EZB, der nun die Deutsche Delegation führt, die sich mit entsprechenden Vorschlägen beschäftigt, lässt leider nichts von sich hören.

Und Bundespräsident Köhler sieht diese Kritik offensichtlich genauso. Er fordert eine energische internationale Ordnungspolitik für den Finanzsektor. Insbesondere die EU müsse sich seiner Ansicht nach stärker engagieren. Die Kosten der Finanzkrise seien, so Köhler noch längst nicht verteilt. Damit meint er vermutlich sowohl die Konjunkturprogramme, als auch die zu tragenden Unternehmensverluste.

Wenn ich also seit Monaten begeistert mit der Börsenrallye mitfahre, so übersehe ich dabei nicht die grundlegenden Probleme, die uns noch eine Weile beschäftigen werden. Dennoch wäre es dumm, die Rallye zu verpassen, nur weil es noch Aufgaben gibt, die zu bewältigen sind. Und in einem Punkt widerspreche ich den vielen Weltuntergangspropheten: Die Börsen werden nicht schon in den nächsten Wochen wieder auf Tauchstation gehen, sondern es wurde eine sich selbst nährende und verstärkende Rallye gestartet, die uns noch viel Freude bereiten wird.

Was natürlich nicht vor zwischenzeitlichen Korrekturen schützt.

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