Auf zu neuen Ufern
Den Emerging Markets, allen voran China, gehört die Zukunft. 2050 wird das Reich der Mitte die größte Volkswirtschaft der Welt sein, gefolgt von Indien. Doch an den Börsen ist das längst eingepreist. Hohe Gewinne versprechen daher aufstrebende Länder, die bislang wenig Beachtung fanden.
Von dem dynamischen Wachstum, das in den aufstrebenden Volkswirtschaften erwartet wird, können Deutschland, die USA oder Europa nur träumen: In der Eurozone insgesamt dürfte das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im laufenden Jahr nach einer Schätzung der Europäischen Kommission nur rund 1,5% erreichen. Für die USA, einst der Musterschüler in Sachen Wachstum, wird laut US-Notenbank Federal Reserve (Fed) eine Steigerung zwischen 3,4% und 3,9% erwartet. Das wirtschaftliche Gewicht verschiebt sich dadurch immer rascher in Richtung Asien.
Kräfteverschiebung von historischem Ausmaß
Vergleicht man diese Zahlen nun mit den Prognosen für die Emerging Markets, wird der Unterschied rasch deutlich: Für die Gesamtheit der Schwellenländer geht der Internationale Währungsfonds (IWF) für das laufende und das kommende Jahr von einem Wachstum in Höhe von jeweils 6,5% aus! Die Volkswirtschaften China und Indien dürften in ihrer Wirtschaftsleistung sogar noch deutlich stärker zulegen können. Die zwei Länder werden laut Prognosen der Konjunkturforschungsstelle der ETH in Zürich (KOF) im Jahr 2011 um 8,7% beziehungsweise um 8,0% zulegen können. Chinesische Experten gehen sogar von einem Wachstum von rund 9,6% für ihr Land aus. Diese deutlichen Geschwindigkeitsunterschiede haben dramatische Folgen: Bereits im Jahr 2050 werden die heutigen Schwellenländer die Mehrzahl der 30 größten Volkswirtschaften stellen. Und China löst die USA an der Spitze ab. Zu diesen Ergebnissen kommt die kürzlich vorgestellte Studie „Die Welt im Jahr 2050“ der britischen Großbank HSBC.
Hohe Gewinne mit BRIC-Investments
Die Aktienmärkte haben diese Entwicklung jedoch bereits zu einem Gutteil vorweggenommen beziehungsweise spiegeln diese wider. Die Benchmark-Indizes der großen Schwellenländer haben sich in den vergangenen Jahren nämlich deutlich besser entwickelt als die der westlichen Welt. In den letzten zehn Jahren (1999–2009) warf der MSCIBRIC-Index eine kumulierte Gesamtrendite von 276% ab und bescherte Anlegern über die letzte Dekade damit eine annualisierte Rendite von knapp 15%. Der marktbreite amerikanische S&P-500-Index und die europäischen Blue-Chip-Indizes lieferten im gleichen Zeitraum unter dem Strich hingegen keinen Wertzuwachs. Der von den großen Industrienationen dominierte MSCI-World-Index verlor im gleichen Zeitraum rund 2%.
China und Indien sind ausgereizt
Doch es gibt noch eine weitere Relation, die Anleger beachten sollten. Die vier großen Emerging Markets haben nämlich nicht nur die großen westlichen Volkswirtschaften abgehängt, sondern konnten zwischen 1999 und 2009 auch ihre Peergroup weit hinter sich lassen: So weist der MSCI-BRIC-Index gegenüber dem MSCI-Emerging-MarketsIndex für diesen Zeitraum laut HSBC-Studie eine Outperformance von sage und schreibe 162% auf. Das macht sich natürlich auch bei den Bewertungen bemerkbar. Indische Aktien werden, gemessen am Sensex-Index, derzeit mit einem KGV von 17,4 gehandelt, chinesische Titel aus dem CSI 300 mit 18,5. Zum Vergleich: Das Kurs-Gewinn-Verhältnis der asiatischen Schwergewichte liegt damit deutlich höher als jenes amerikanischer (Dow Jones 14,3) oder deutscher Titel (DAX 13,1). Infolge der bereits stark gestiegenen Kurse konnten die Aktienmärkte in Indien und China in den vergangenen beiden Jahren nicht mehr in der höchsten Performance-Liga mitspielen. Mithilfe von Exchange Traded Funds lässt sich jedoch bequem und spesengünstig auf die Entwicklung aller Emerging Markets setzen. Beispielsweise mit dem iShares MSCI Emerging Markets Index Fund (WKN: A0HGZT). Dieser enthält mehr als 700 verschiedene Unternehmen aus über 20 unterschiedlichen Schwellenländern. Die Volksrepublik China kommt aufgrund der Berücksichtigung so vieler nationaler Märkte nur auf einen Anteil von rund 17% und selbst zusammengenommen stehen die Unternehmen aus den vier BRIC-Staaten nicht einmal für die Hälfte der Indexentwicklung.
Elf neue Anlegerfreunde
Besser entwickelt haben sich die Staaten der zweiten Reihe. Für diese wurde in einer Goldman-Sachs-Studie der Begriff „Next 11“ geprägt. Die Gruppe umfasst elf Staaten, die das Potenzial besitzen, bis 2050 ein höheres wirtschaftliches Gewicht zu erreichen als die aktuell sieben führenden Wirtschaftsnationen. Der Kreis umfasst Ägypten, Nigeria, Bangladesch, Indonesien, Pakistan, Südkorea, Vietnam, den Iran, Mexiko, die Türkei sowie die Philippinen. Tatsächlich weisen die Aktienmärkte einer ganzen Reihe dieser Kandidaten seit Anfang 2009 eine bessere Performance auf als die der BRIC-Staaten. Besonders deutlich haben sich die Notierungen in Chile, Kolumbien, Ägypten, Peru, den Philippinen, Thailand und der Türkei abgesetzt. Damit ist zumindest die Mehrzahl der elf Schwellenländer – spätestens seit dieser furiosen Kursentwicklung – kein Geheimtipp mehr: Kolumbianische Aktien weisen beispielsweise ein KGV von 17,8, kolumbianische von 24,4 und südkoreanische von 21,4 auf. Schnäppchen sehen anders aus. Dezidierte Aktienfonds, die es dem Anleger erlauben, das Thema gezielt zu spielen, sind demgegenüber jedoch Mangelware. Dabei haben die Märkte gerade in der Kombination durchaus ihren Charme. Durch die Streuung über elf Staaten ergibt sich eine bessere Streuung der Risiken und bestimmte einzelne Staaten aus der Gruppe sind für Privatanleger heute praktisch gar nicht zugänglich. Eine Möglichkeit ist der EasyETF BNP Paribas Next 11 (WKN: WKN:A0Q7TV) der Mitte 2008 lanciert wurde, bislang aber nicht überzeugen konnte – eine andere der brandneue Fonds Goldman Sachs N11 Equity Portfolio (WKN: A0Q8NZ).
Weiße Flecken verschwinden
Auf ihrer Suche nach echten Schnäppchen werden mittlerweile auch die letzten weißen Flecken auf der Investment-Landkarte von Spekulanten erschlossen. Natürlich steigen dabei die Risiken. Denn häufig befinden sich diese Länder in einer geografischen Randlage und/oder sind politisch instabil. Die potenziellen Gewinne sind jedoch für viele Anleger eine unwiderstehliche Verlockung. Ein Beispiel dafür ist die Mongolei. 2010 war der Leitindex MSE Top 20 mit einem Zuwachs von über 140% die heißeste Spekulation weltweit! Auch für diese Gruppe haben sich die Marketing-Strategen mittlerweile eine Bezeichnung ausgedacht: Sie werden als sogenannte Frontier-Märkte bezeichnet. Zu den Frontier Markets zählen unter anderem afrikanische Länder wie Ghana, Botswana, Namibia oder Nigeria sowie mittelund südamerikanische Staaten wie Argentinien, Kolumbien und Peru, aber auch zentralasiatische Republiken wie Kasachstan. Viele dieser Märkte sind im Vergleich zu den großen Schwellenländern noch vergleichsweise günstig zu bekommen. So wird der MSCI-Frontier-Markets-Index mit einem KGV von lediglich 9 gehandelt, während die Emerging Markets mit einem Wert von 12 im Schnitt deutlich teurer sind. Anleger, die auf diese Staaten setzen möchten, können dies mit dem db x-trackers S&P New Frontier (WKN: DBX1A9) realisieren.
Fazit
Auf der Suche nach den zukünftigen Champions in Sachen Wachstum und Performance dringen die Anleger in immer mehr Märkte vor. Oftmals entsprechen die Bedingungen jedoch bei Weitem nicht den Standards, die an westlichen Börsen gelten. Eigentumsrechte, politische Unruhen wie jüngst in Nordafrika, aber auch klimatische Entwicklungen und Wetterkatastrophen können den Einsatz in kürzester Zeit vernichten. Wer sich dieser Problematik bewusst ist, dem bieten breit diversifizierte Fonds eine gute Einstiegsmöglichkeit. Gerade in den ökonomisch unterentwickelten Märkten kann es sinnvoll sein, auf aktiv gemanagte Fonds zu setzen. Die Fondshäuser First State, Comgest und Aberdeen sind in diesem Segment eine gute Wahl.