Auf der Weltbühne werden einige wichtige Stellschrauben neu adjustiert.

CURT L. SCHMITT Informationsdienste
Veröffentlicht von CURT L. SCHMITT Informationsdienste am 12.05.2011
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Frankfurter Börsenbrief

In den Medien ist dies teilweise kaum präsent, aber es ist hochgradig relevant für das „Big Picture“ und mithin lange Trends, sowohl in der Wirtschaft als auch in der Politik:


 

1. Die chinesische Produktionswirtschaft wird vom eigenen Erfolg überholt. Im Jahre 1990 lag der Anteil der chinesischen Produktion im verarbeitenden Gewerbe gerade mal bei 3 % der weltweiten Produktionsleistung in diesem Marktsegment. Daraus wurden bis 2010 immerhin 19,8 %, und damit überholte man die USA als wichtigsten Produktionsstandort für das verarbeitende Gewerbe (Anteil 19,4 %). Die Produktivität chinesischer Arbeitskräfte hat sich in den vergangenen Jahren zwar in etwa verzehnfacht, liegt aber selbst damit noch bei wohl weniger als einem Drittel des Produktivitätsniveaus in den USA. Der Gegenwind wird tendenziell größer, denn für die kommenden fünf Jahre wird für die Branche in China ein jährliches Lohnplus von 17 % unterstellt. Für die USA werden es voraussichtlich nur etwa 3 % Lohnplus sein. Lohnkosten stehen für etwa 20 bis 30 % der gesamten Produktionskosten und sind der eigentliche Wettbewerbsvorteil für die China-Produktion. Denn die Rohstoffkosten sind in den USA oder anderen etablierten Märkten nicht wesentlich höher als in China. Mit anderen Worten:

In einigen Marktsegmenten dürfte sich der chinesische Wettbewerbsvorteil bis etwa 2015 mehr oder weniger in Luft aufgelöst haben. Wenn man dann noch die politischen Risiken einbezieht und die Preisrisiken für die Logistik, dann ist es auch kein Wunder, dass bereits eine Reihe von US-Unternehmen Investitionsprojekte für die USA aufgelegt haben. Im ersten Quartal war das verarbeitende Gewerbe mit einer geschätzten Wachstumsrate von annualisiert 9,1 der schnellstwachsende Teil der US-Wirtschaft. Natürlich wird dies in absehbarer Zeit auch Folgen für den amerikanischen Arbeitsmarkt haben. Kurzum: Produktionsverlagerungen nach China werden tendenziell abnehmen bzw. sich auf die einfache Fertigung von Massenwaren konzentrieren. In den USA dagegen dürfte die anspruchsvolle Produktion eher zunehmen. Dazu passt:

2. Die internationalen Kapitalströme werden ausgeglichener. Erwartet wird, dass die chinesischen Direktinvestitionen im Ausland bis 2020 auf mehr als 1.000 Mrd. Dollar anwachsen werden. Dies steht schon im großen Kontrast zur bisherigen Entwicklung, wo Kapital aus etablierten Märkten teils in so großer Höhe in Richtung Emerging Markets floss, dass die dortigen Notenbanken in Schwierigkeiten kamen, der Inflation angesichts der Zuflüsse und damit steigenden lokalen Geldmengen und den damit verbundenen Risiken von Finanzblasen Herr zu werden. Die internationalen Kapitalströme werden also stärker multi-direktional. Und es wäre nur logisch, wenn demnächst eine Reihe von Übernahmeversuchen durch chinesische Unternehmen erfolgen würde. Dies ergänzt den Rahmen, den wir bereits in der letzten Ausgabe an dieser Stelle darstellten.

3. Die politische Gewichtung des Mittleren Ostens in der US-Politik steht vor einer Neugewichtung. Der hohe Ölpreis erhöht den Druck, endlich alternative Energien für die globale Mobilität zu finden und ist damit ein wichtiger Katalysator. Obama strebt langfristig eine Kürzung der Ölimporte um ein Drittel an. Der Druck in diese Richtung dürfte zunehmen, nicht nur aus Umweltgesichtspunkten, sondern auch aus politischen Gründen. Im März importierten die USA etwa 11,3 Mio. Barrel pro Tag. Damit werden etwa 54,5 % des US-Marktes mit importiertem Öl bedient. Im März 2010 indes betrug der Anteil noch 60,8 %. Öl aus der Region des persischen Golfes hatte per Januar einen Anteil an den Importen von 11,4 %. Im Januar 2010 waren es noch 13,8 %. Das heißt:

Die Abhängigkeit der US-Wirtschaft von ausländischem Öl wird tendenziell sinken. Gibt Obama noch mehr Gas beim Klimaschutz (z.B. auch im Rahmen des Wahlkampfes), dann könnte sich diese Entwicklung sogar beschleunigen. Denkbar wäre eine forcierte Ausweitung der heimischen Produktion, schärfere Umweltauflagen für LKWs und PKWs, verstärkter Einsatz von Bio-Treibstoffen und natürlich auch generell mehr Einsatz von alternativen Energiearten. Dies ist nicht nur eine Frage der Politik, sondern natürlich auch der technologischen Kompetenz also ein Gebiet, auf dem man die USA niemals unterschätzen sollte. Jedenfalls: Je geringer die Abhängigkeit der USA von Öl aus der Golfregion, desto kleiner dürfte tendenziell der Einfluss werden, den die USA in der Dauerkrisenregion suchen wird. 

 

Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Frankfurter Börsenbrief

Lettertest Newsletter

Gratis Probeabos, Rabatt Couponaktionen
Newsletter Umschlag