Advanced Inflight Alliance: Turbulente HV

Veröffentlicht am 09.06.2010

Bis knapp vor 24 Uhr ging die Hauptversammlung des Inflight-Entertainment- Konzerns Advanced Inflight Alliance AG (AIA) diese Woche. Es gab ja auch einiges zu bereden, nachdem vor kurzem der Architekt und Ex-Vorstand der Gesamtgruppe Otto Dauer vom Aufsichtsrat entlassen wurde (BetaFaktor.de 09/10b).


Dauers Nachfolger (und frühere Aufsichtsrat) Dr. Rüdiger Berndt machte auf der HV nicht nur einen ungeschickten Eindruck; er ist auch mit dem Plan gescheitert, ein ihm genehmes Kontrollgremium zu installieren. Übrigens war dies das erste Aufsichtsratsgremium, das von der Hauptversammlung tatsächlich gewählt wurde, die vorigen wurden gerichtlich bestellt. Auf der Aktionärsversammlung outete sich ein kommender Ankeraktionär – die Münchner Private-Equity-Gesellschaft Auctus Capital Partners AG (www.auctus.com). Wie wir von mehreren Aktionären erfahren haben, trat Auctus wohl bereits mit konkreten Angeboten an Inhaber größerer Aktienpakete heran. Am Ende könnte durchaus die Komplettübernahme des Unternehmens stehen. Spannend wird es nun zu sehen, wie lange sich Vorstand Dr. Berndt noch halten kann. Fürs zweite Halbjahr kündigte er weitere Kostensenkungsmaßnahmen an, für 2011 »verspreche ich deutliche Kostenreduktion «. Alles verbunden mit dem Seitenhieb, dass das vorige Management zu viel Kosten verursacht habe. Auf die AktionaÅNrsrückfrage, wie den beispielsweise die Fixgehälter nun ausgestaltet seien, musste man zugeben: 278.000 EUR alt für Dauer, 360.000 EUR neu für Dr. Berndt. Und für neuen CFO 240.000 EUR, alter CFO bekam 208.000 EUR. (Freilich fallen für 2010 Erfolgshonorare weg, da Dr. Berndt ja erst vor wenigen Monaten antrat.) Für relativ unwahrscheinlich halten wir eine baldige Rückkehr von Dauer. Seine Klage könnte AIA im Erfolgsfall 2 bis 3 Mio. EUR kosten, wofür der Vorstand offenbar nach wie vor keine Rückstellung bilden will (Beta- Faktor.de 15/10b). Schon alleine des Friedens willens und aus Imagegründen sollte die Gesellschaft rasch ein offensives Vergleichsangebot machen, was natürlich bei fristloser Kündigung aus wichtigem Grund schon beinahe einem Schuldeingeständnis gleichkommt – daher bleiben die Fronten wohl verhärtet. Wie wir Dauer einschätzen, wird zumindest keine Ruhe einkehren, solange Berndt am Ruder ist. Am Ende könnten aus den ganzen Querelen die Aktionäre als lachende Sieger vom Platz gehen: Wenn nämlich Auctus Ernst macht mit den Ankündigungen, Pakete zu erwerben. Wir rechnen schon sehr bald mit den ersten Meldungen wegen Schwellüberschreitungen. Dr. Ingo Krocke, Vorstandsvorsitzender von Auctus, machte auf der HV jedenfalls einen kompetenten Eindruck, der weiß, wo es langgehen kann mit AIA. Er hält die Firma für massiv unterbewertet: »Wir wären enttäuscht, wenn der Kurs sich in zwei Jahren nicht verdoppeln würde.« Dieser Satz war allerdings das einzige Beigeschmäckle in der ansonsten sehr guten Rede von Dr. Krocke. Denn warum winkt jemand mit tollen Kurssteigerungen, wenn er selbst noch auf der Käuferseite ist. Wir schätzen, dass Auctus das Unternehmen grundsätzlich privatisieren und von der Börse nehmen will. Allerdings fiele dann der steuerliche Verlustvortrag in Deutschland – immerhin rund 64 Mio. EUR – bei Übernahme von mindestens. 50% ganz weg; wenn Auctus zwischen 25 und 50% kauft verfällt er quotal. Die Profite werden allerdings überwiegend im Ausland erwirtschaftet, hier hilft der deutsche Verlustvortrag nur insoweit, als es gelingt, Gewinne ins Inland zu verschieben – das geht nur in sehr begrenztem Umfang. Den Dividendenabschlag von 10 Cent/Aktie konnte der Wert noch am selben Tag wieder wettmachen. Offensichtlich spüren die Aktionäre, dass mit Auctus Ruhe einkehren kann, und dass es nun wieder mehr ums operative Geschäft gehen könnte – das ja wirklich erfolgreich verläuft.

Lettertest Newsletter

Gratis Probeabos, Rabatt Couponaktionen
Newsletter Umschlag