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CURT L. SCHMITT Informationsdienste
Veröffentlicht von CURT L. SCHMITT Informationsdienste am 31.05.2012
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Frankfurter Börsenbrief

Käufer der kürzlich begebenen zweijähriggen deutschen Staatsanleihe waren bereit, Geld praktisch zum Nulltarif in den deutschen Staatssäckel einzuzahlen und real (inkl. der Inflation von zuletzt 2,1 %) draufzuzahlen.


 

Auf der Speisekarte steht derzeit also statt „risikofreiem Zins“ nunmehr ein „rendite-freies Risiko“. Doch wäre es etwas vorschnell, hieraus zu folgern, dass sich damit die perfekte Anleihenwelt für Deutschland ergibt. Denn ein solches Ungleichgewicht in der Rendite dürfte in so mancher politischer Führung der Eurozone mind. für Stirnrunzeln sorgen und eine Frontenbildung bei Gesprächen verstärken. Bei fünfjähriger Laufzeit haben spanische Staatsanleihen einen Rendite-Aufschlag von etwa 487 Basispunkten, italienische von ca. 443 %, Portugal segelt 1.426 Basispunkte höher, Irland um 668 Basispunkte. Politisch betrachtet bedeutet dies Fliehkräfte, die es derzeit eher schwieriger als einfacher machen, das europäische Schiff wieder flott zu bekommen.

Insofern wäre es falsch, sich in Bezug auf Deutschland in falscher Sicherheit zu wiegen. Die besagte Auktion war 1,7-fach überzeichnet. Und dass man mit einem Volumen von 4,5 Mrd. € nicht noch mehr GratisGeld in die Kasse holte, ist ebenfalls ein Signal. Unterschätzen Sie also bitte nicht die „Flüssigkeit“ des deutschen Anleihenmarktes. Gerade die letzten Jahre haben hinreichend aufgezeigt, dass die Liquidität eines überzogenen Marktes innerhalb kurzer Zeit regelrecht wegbrechen kann, denn die Meinungsvielfalt ist recht gering. Wenn zu viele Bullen dann gleichzeitig durch die Kurstür wollen, wird es eng bzw. die Kurse werden schwach, weil kaum jemand dagegenhält. Der Glaube an „heilige Kühe“ ist eine Illusion. Die Frage ist also:

Kann es einen Punkt geben, ab dem sich die Käufer nicht nur verweigern, sondern sogar in einen Gegenangriff übergehen? Abgesehen davon, dass durchaus eine Reihe von politischen Akteuren nicht böse wäre, wenn Deutschland in seiner

Verhandlungsposition geschwächt würde, müsste man auch nicht allzu tief graben, um hierfür Argumente zu finden. Dazu gehört nicht nur die Diskrepanz zwischen deutscher Konjunkturstärke und Zins, sondern auch das Risiko, das in den jetzigen Luftkursen für deutsche Staatsanleihen enthalten ist. Halten Sie sich vor Augen: Deutschland wird in 2012 voraussichtlich auf eine Staatsverschuldung von 82,2 % der Wirtschaftsleistung kommen. Das wäre nach aktueller Schätzung eine höhere Quote als im Falle von Spanien (80,9 %), Frankreich liegt bei voraussichtlich 90,5 %. Das ist zwar eindeutig mehr, aber eben auch kein unüberwindbarer Vorteil für die deutsche Seite. Im Falle einer stärkeren Vergemeinschaftung von Risiken würde die Kreditwürdigkeit quasi über Nacht einen Schlag erhalten und mithin möglicherweise auch das AAA-Rating wackeln. Ein temporärer Käuferstreik am deutschen Anleihenmarkt mit entsprechendem Zinsaufschlag ist natürlich auch für so manche Versicherungsund Bankbilanz eine relevante Größe. Es ließe sich also wohl ohne große Mühe eine Story stricken, wenn man es darauf anlegt.

Die Versicherungsprämien für deutsche Staatsanleihen bilden die Situation derzeit realistischer ab. Denn die zeigten zuletzt steil aufwärts und liegen inzwischen bei ca. 100 Basispunkten. Interessanterweise sind auch für Großbritannien und die USA die Ausfallversicherungen gestiegen, doch Versicherungen für Deutschland sind derzeit die teuersten unter den genannten Kandidaten. Das ist ein Signal, das man auf dem Radarschirm verfolgen sollte. 

 

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