Zinsmanipulation an Libor und Euribor

Veröffentlicht am 30.09.2012

Was macht man wenn einem die aktuellen Zinssätze nicht passen und man seine Finanztransaktionen mit günstigem Fremdkapital finanzieren will? Man drückt die Zinsen einfach runter! Ob das so einfach geht – für die Großbanken anscheinend schon. Barclays hat es bereits zugegeben, andere halten sich noch bedeckt.


Libor (London Interbank Offered Rate) und Euribor (Euro Interbank Offered Rate) sind mit die wichtigsten Kennzahlen wenn es um die Ermittlung von aktuellen variablen Zinskosten geht. Dabei gilt der Libor für internationale Geschäfte, der Euribor, wie der Name schon vermuten lässt, für Geschäfte im Euroraum.

Zur Ermittlung des Libor melden die 16 führenden Großbanken ihre Interbankenzinssätze (d.h. die Zinssätze zu denen sich die Banken untereinander Geld leihen) an den britischen Bankenverband BBA (British Bankers Association). Bereinigt um den höchsten und niedrigen Wert gilt dann das Mittel als aktueller Libor. Die Daten werden an die BBA vertraulich übermittelt – was liegt da Nahe? Genau, man meldet bewusst unrealistisch niedrige Zinsen und wenn der ein oder andere Banker auch mitspielt, gibt es im Ergebnis einen schön niedrigen Libor bzw. Euribor.

Als Ergebnis sind seit Monaten oder Jahren auch die Anlegerkonditionen für Fest- und Tagesgelder so niedrig, dass es nicht einmal mehr als Inflationsausgleich ausreicht. Experten schätzen das Volumen der durch die manipulierten Zinssätze getätigten Transaktionen auf mehr als 100 Billionen Dollar. Eine Vielzahl von KAG (Kapitalanlagegesellschaften) reichen aktuell Sammelklage gegen die Großbanken ein, darunter auch die deutsche Bank.

Das letzte bisschen Vertrauen der Finanzmarktteilnehmer, dass in den letzten Jahren auf ein Minimum geschrumpft ist, ist nun zu Nichte gemacht – und das in einer Branche die wie keine andere auf das Vertrauen ihrer Kunden angewiesen ist. Besonders die britische Regierung zeigt sich sehr schockiert, hier hatte man die Banken immer an der langen Leine gelassen, schließlich gibt es auch kaum noch andere nennenswerte Industrien. Man habe „die Gier über alle Bedenken gestellt und unsere Wirtschaft in die Knie gezwungen“ so der britische Schatzkanzler George Osborne nach dem Outing von Barclays.

Es ist schon sehr traurig, was wir hier die letzten Jahre erleben und man darf sich fragen, wie dieses Vertrauen je wieder hergestellt werden soll, wie die Kunden zukünftig ihr mühsam Erspartes den Banken noch anvertrauen sollen oder welche Reformen und Regulierungen es in dieser Branche gibt. Im ein oder anderen Kommentar fordern die Kunden,  schärfere Regulierungen durch die BaFin, den Rückzug von Politikern aus Aufsichtsräten und eine stärkere Haftung für Wirtschaftsprüfer.

Eine andere Möglichkeit könnte es sein, die Menschen wieder autonomer über ihre Finanzgeschäfte entscheiden zu lassen und eine Auseinandersetzung mit der Materie zu fördern – weder sind Banken die einzige Möglichkeit sein Geld anzulegen noch sollen sie es sein. Die Fokussierung von Banken auf ihren eigentlichen Geschäftszweck als Zahlungsdienstleiser und die Beschäftigung mit der Frage „was tue ich mit meinem Geld“ würde uns allen sicher nicht schaden.

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