Wird LTE zum Dukatenesel für die Mobilfunk-Netzbetreiber?

Hans A. Bernecker Börsenbriefe GmbH
Veröffentlicht von Hans A. Bernecker Börsenbriefe GmbH am 11.09.2013
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Aktionärsbrief

Die Voraussetzungen dafür scheinen günstig, steigt doch das mobil genutzte Datenvolumen durch den Siegeszug von Smartphones und Tablet-PCs weiterhin sprunghaft an. Die Nutzung des mobilen Internets verändert sogar das Verhalten der Nutzer in anderen Lebensbereichen. Eine Umfrage des Bundesamtes für Straßen in der Schweiz hat beispielsweise ergeben, dass Jugendliche weniger das Fahrrad, aber dafür Straßenbahn, Bus und Bahn verstärkt nutzen, da sie so ihr Smartphone besser nutzen können. Das mag dem einen oder anderen befremdlich anmuten, aber auch in anderen Ländern bevorzugen jüngere Leute mittlerweile textbasierte Kommunikationsformen gegenüber der reinen Sprachtelefonie. Das hat z. B. die britische Regulierungsbehörde für Telekommunikation, Ofcom, festgestellt. Zudem nutzen vor allem jüngere Menschen, trotz aller Diskussionen um Datensicherheit, verstärkt Onlinedienste, die persönliche Daten im Internet ablegen und verfügbar machen. Überdies wird auch die gleichzeitige Nutzung von Fernsehen und Onlinediensten immer populärer.


All das sollte der Telekommunikationsbranche eigentlich eine vielversprechende Ausgangsbasis bescheren. Steigender Datenkonsum sollte doch eigentlich den Markt beleben und die Gebühreneinnahmen der Mobilfunkanbieter steigern. Allem voran steht aber erst einmal der Netzausbau, damit diese Datenvolumina überhaupt geschultert werden können. Kein Mobilfunkanbieter kommt also um den Ausbau des LTE-Netzes herum. Aber bekommen sie für die hohen Investitionen auch ein angemessenes „Return on Investment“? Hier sind die Meinungen gespalten. Viele Skeptiker beispielsweise erinnern sich an die Versteigerung der UMTS-Mobilfunkfrequenzen zur Jahrtausendwende, die dem deutschen Staat insgesamt 50,8 Mrd. € eingebracht haben und Anbietern wie z. B. Mobilcom das Genick gebrochen haben. Ein solches Debakel ist derzeit aber nicht zu befürchten, hat die Versteigerung der LTE-Lizenzen 2010 insgesamt nur 4,4 Mrd. € eingebracht. Neben den weitaus niedrigeren Frequenzkosten ist aber auch der technische Aus- und Umbau bestehender UMTS-Netze auf LTE-Technik deutlich günstiger als seinerzeit der Neuaufbau der UMTS-Netze. Last but not least sind auch die Betriebskosten für das LTE-Netz niedriger. Trotz der erforderlichen Investitionen also eine komfortable Ausgangslage für die Mobilfunkanbieter, sollte man meinen.

Nun haben aber erste Beispiele in wettbewerbsintensiven Märkten wie Großbritannien oder Skandinavien gezeigt, dass für LTE-Angebote keine nennenswerte Preisprämien am Markt durchsetzbar sind. Und das liegt nicht daran, dass die Kunden das Angebot verschmähen. Im Gegenteil: In Schweden und Finnland verbraucht der durchschnittliche Mobilfunknutzer ein jährliches Datenvolumen von 15 Gigabyte. Dennoch konnten keine Preissteigerungen durchgesetzt werden. Die Kunden erhalten also ein besseres Produkt, ohne mehr dafür bezahlen zu müssen.

Möglicherweise ist also die Hoffnung der Branche, die Preiserosion mittels LTE zu stoppen, unbegründet. So erwartet der Marktbeobachter Strand Consult ebenso wie J.P. Morgan den Markteintritt neuer virtueller Anbieter, die ohne ein eigenes Netz zu haben, Kapazitäten der etablierten Wettbewerber einkaufen und sie zum Discountpreis an die Endkunden weiterverkaufen.

Zudem ist der Trend, dass Telekommunikations- und Content-Dienstleistungen zunehmend miteinander verschmelzen, für die etablierten Mobilfunkanbieter ein Risiko. Oftmals investieren gerade die ehemaligen Monopolisten ohne eine klare Vorstellung, wie sie an der neuen Technologie und dem sich wandelnden Markt ertragsmäßig partizipieren können. Zudem gefährden neue mobile Anwendungen für internationale Sprach- oder Bildübertragung die etablierten, einkömmlichen Geschäftsmodelle. Beispielsweise bietet SWISSCOM, die sich selbst als reinen Netzzugangsbetreiber defi niert, in Großstädten bereits ein innovatives Produkt für günstige Telefonate an. In Metropolen stellt man den Kunden kostenlose WiFi-Zugänge zur Verfügung, über die man sehr kostengünstig telefonieren kann. Solche sogenannten „Over-the-Top“-Anwendungen machen den Netzanbietern Wertschöpfung streitig. Das hat zur Folge, dass die Ausgaben der Kunden für Mobilfunktelefonie weiter sinken, obwohl sich die Konsumausgaben in Westeuropa mittlerweile längst stabilisiert haben.

Trotz einiger Parallelen lassen sich dennoch nicht alle Länder über einen Kamm scheren. Laut J.P. Morgan sind Länder mit überdurchschnittlich hohen Mobilfunkpreisen und unterdurchschnittlichem BIP für harte Preiskämpfe prädestiniert. Dazu gehören Italien, Frankreich, Spanien, Portugal und Großbritannien.

In Ländern wie Deutschland, Dänemark und Österreich sieht es dagegen etwas besser aus. Hier sind die Preise für Mobilfunkleistungen bereits auf einem sehr niedrigen Niveau, während sich die BIPs verhältnismäßig robust entwickeln. Hier besteht also eher die Möglichkeit, dass die Kunden ein Mehr an Leistungen auch mit einem Mehr an Gebühren zu honorieren bereit sind.

Fazit: Es ist unwahrscheinlich, dass LTE zu einem Debakel wird wie UMTS. Die neue Technik alleine ist jedoch kein Grund, Telekommunikationstitel zu kaufen. Erst die Einbettung der neuen Technologie in eine ganzheitliche wettbewerbsfähige Strategie wird zu einer nachhaltigen Steigerung der Ertragskraft führen. Einer der Kandidaten, wo das am ehesten gelingen könnte, ist VODAFONE. Die Briten wollen Mobilfunk-, Fest- sowie Kabelnetz unter einem Dach vereinen, weshalb man nun z. B. für 11 Mrd. € Kabel Deutschland schluckt. Weitere aussichtsreiche LTE-Kandidaten sind BT GROUP sowie SWISSCOM.
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