Wenig Handel erzeugt Volatilität

Stephan Heibel
Veröffentlicht von Stephan Heibel am 05.07.2009
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Heibel-Ticker Börsenbrief

Schauen Sie sich den Verlauf des DAX in der abgelaufenen Woche einmal an: Jeden Tag gegen 15:30 Uhr, also zur Börseneröffnung in den USA, hat der DAX seine Richtung geändert. Einmal mehr wird sichtbar, wie stark die allgemeine Richtung an den Börsen von den USA bestimmt wird.


Und einmal mehr wird daraus auch ersichtlich, dass ein Weltfinanzsystem ohne einen US-Dollar derzeit einfach nicht denkbar ist. Wer also auf einen Rutsch des US-Dollarkurses in die Bedeutungslosigkeit spekuliert, der sollte sich anschauen, wie stark unser System auf dem Greenback aufbaut.

Am heutigen Freitag ist der vorgezogene Feiertag (4. Juli) in den USA, die Börsen bleiben geschlossen. Somit ist heute nicht mit einem plötzlichen Richtungswechsel zu rechnen. Doch die Stimmungsschwankungen, die wir im Verlauf der Woche bereits durchgemacht haben, reichen mir auch schon.

Bullen und Bären wechselten sich ab: An einem Tag sah es aus, als rutschten wir erneut in eine Weltwirtschaftskrise ab. Der Ölpreis sackte unter 70 US-Dollar, Pharmaaktien stiegen und Industrieaktien fielen. Insbesondere die US-Arbeitsmarktdaten haben gestern für einen negativen Paukenschlag gesorgt. Es wurden im Juni weit weniger Arbeitsplätze geschaffen, als erhofft. Zweifel an der Effizienz sowie über das Volumen des Konjunkturprogramms kamen auf. Rufe nach einem zweiten Konjunkturpaket werden laut, koste es was es wolle.

An anderen Tagen wurden all diese Argumente als bekannt abgetan und zurückgefragt, was passieren würde, wenn nun tatsächlich ein zweites Konjunkturpaket auf den Weg gebracht würde. Oder was würde passieren, wenn nun einmal gute Arbeitsmarktdaten veröffentlicht würden. Dann nämlich wären die Kurse nicht mehr zu halten. Das Bewertungsniveau ist derzeit auf eine Warteposition eingestellt, doch sobald sich herauskristallisiert, ob wir weiter in eine schwere Rezession abrutschen oder aber ob ein Konjunkturaufschwung zu erwarten ist, dann werden die Kurse nach unten einbrechen bzw. nach oben schießen.

Ich erwarte in den nächsten zwei Monaten keine Entscheidung darüber. In meinen Augen stabilisiert sich der Immobilienmarkt. Insbesondere die drei Krisenstaaten der USA (Kalifornien, Florida, Nevada) verzeichnen KEINE fallenden Immobilienpreise mehr und gleichzeitig ein heftig ansteigendes Volumen an Immobilientransaktionen. Anders als an der Aktienbörse wird ein Boden am Immobilienmarkt nicht direkt durch steigende Immobilienpreise gekennzeichnet, sondern eben als Boden: Die Preise fallen eben nicht mehr. Und das ist nun der Fall.

Doch die USA haben Probleme genug: General Motors und die Automobilindustrie befinden sich im Ausnahmezustand. Eine zweite große Branche der Industrie, die Flugzeugindustrie, ist ebenfalls ins Straucheln geraten, denn Boeing hat erneut Probleme mit dem ersten Probeflug des Dreamliners bekannt gegeben. Zeit ist Geld, insbesondere bei dem kapitalintensiven Flugzeugbau, und die Verzögerung kostet wieder einige Arbeitsplätze.

Doch die Rettung der US-Wirtschaft kommt meines Erachtens ohnehin nicht aus den USA, das würde Jahrzehnte dauern. Vielmehr dürfen die Amis auf den Aufschwung im asiatischen Raum hoffen, denn dort findet noch immer ein Aufschwung statt – und dieser Aufschwung benötigt einen funktionierenden Absatzmarkt in den USA.

Für uns Europäer wird es ebenfalls spannend. Unsere Unternehmen sind in der Krise 2000 bis 2003 gesundgeschrumpft, jetzt flexibel und hochprofitabel. Sobald die Nachfrage aus Asien wieder etwas anzieht, stehen unseren Unternehmen gute Gewinne ins Haus. Doch auf dem Arbeitsmarkt haben die Krisen Spuren hinterlassen: Es arbeiten immer weniger Menschen und finanzieren damit immer mehr Arbeitslose. Die Kurzarbeit in Deutschland vertuscht dieses Problem – vermutlich bis zu den Bundestagswahlen. Es ist daher für uns Anleger wichtig, international ausgerichtete Unternehmen zu finden, gemischt mit krisenresistenten, und zu stark vom Inland abhängige Unternehmen zu meiden.
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