Während die einen noch „verhaftet“ sind in Krisenszenarien, denken andere bereits an eine „industrielle Revolution 3.0“

CURT L. SCHMITT Informationsdienste
Veröffentlicht von CURT L. SCHMITT Informationsdienste am 03.05.2012
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Frankfurter Börsenbrief

Der britische „Economist“ bringt wirklich interessante Ansätze ins Spiel, die dazu einladen, über den aktuellen Tellerrand weit hinauszudenken. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um eine Neudefinition des Produktionsprozesses in einem globalen Format und mit neuen Spielregeln. Natürlich werden in einem solchen Rahmen unglaubliche Gewinne gemacht, Arbeitsplätze und neue Unternehmen aufgebaut sowie auch gesellschaftliche Muster neu gesetzt.


 

Wie weit derlei Umbruchprozesse gehen können, zeigten bereits die ersten beiden industriellen Revolutionen auf. Die erste setzte im späteren 18 Jahrhundert in Großbritannien ein und revolutionierte vor allem die Textilindustrie. Die Mechanisierung ermöglichte wesentlich effizientere Produktionsprozesse als die frühere „Handarbeit“. Die zweite industrielle Revolution ist zeitlich anzusetzen mit dem frühen 20. Jahrhundert, als Henry Ford die Automobilproduktion mit seiner Fließbandarbeit revolutionierte und eine Massenherstellung zu immer niedrigeren Kosten ermöglichte. Was kommt jetzt?

Die industrielle Revolution 3.0 wird sich anlehnen an neue Denkmuster, die sich aus dem Web 2.0 ergeben. Halten wir fest: 1. Die direkte Anbindung über das Internet hat maßgeblich in vielerlei Hinsicht zur Globalisierung beigetragen. Natürlich zum einen im Produktionsprozess. Die Öffnung von Märkten (z.B. Osteuropa, China) sorgte für die erforderliche personelle Infrastruktur. Kapital und damit Technik waren reichlich vorhanden bzw. konnten generiert werden. Ein Kernaspekt des Systems sind Skaleneffekte, also Kostenvorteile durch eine Umlage von Fixkosten in der Massenproduktion. Steigende Lohnkosten (z.B. in China) oder auch steigende Transportkosten fressen einen Teil der Kostenvorteile einer Auslandsproduktion aber inzwischen wieder weg, abgesehen von rechtlichen und technologischen Risiken (Know-how-Diebstahl), die mit einer solchen Strategie verbunden sind. Die politischen Systeme unserer Tage brauchen Arbeitsplätze vor allem im Inland. 2. Die totale Vernetzung im „Social Web“ führt zu einer Emanzipation des Einzelnen. Damit erst wurde der (leider großteils verunglückte) arabische Frühling erst möglich. Die Unzufriedenheit mit den etablierten Parteien angesichts der offensichtlichen Ohnmacht vor wirtschaftlichen Zwängen verstärkt den Reiz, aus althergebrachten Strukturen auszubrechen. Wo dies gesellschaftlich und politisch hinführen wird, ist offen. Denkbar aber ist, dass sich neue Strukturen entwickeln, möglicherweise auch über nationale Grenzen und ethnische Zugehörigkeiten hinweg. Was bedeuten diese beiden Trendrichtungen für künftige betriebswirtschaftliche Modelle?

Individualisierung und Dezentralisierung sind die beiden großen Stichworte. Mit verschiedenen Ansätzen lässt sich das industrielle Rad quasi zurückdrehen. Beispiel: Eine sehr interessante Technologie, die ein Meilenstein werden könnte, sind sog. 3D-Drucker. Ähnlich wie bei gewöhnlichen Papierdruckern werden damit Einzelstücke hergestellt, nur eben nicht in 2D, also auf Papier, sondern mit verschiedenen Materialien und in körperlicher Form. Der „Druck“ erfolgt additiv, also durch Hinzufügen von einzelnen mikroskopisch kleinen Schichten und eben nicht im klassischen subtraktiven Verfahren, wo mittels Fräsen überschüssiges Material entfernt wurde. Im additiven Verfahren ist entsprechend eine deutlich höhere Materialeffizienz gegeben. Anders gesagt: Es lassen sich Materialkosten einsparen und Umweltbelastungen reduzieren. Außerdem wird die Produktion damit hochflexibel. Es müssen keine sündhaft teuren und langwierig zu erstellenden Prototypen gebaut werden. Der Druck kann aus CAD-Anwendungen heraus erfolgen. Man kann also viel eher maßgeschneiderte Produkte erstellen oder sogar vom Kunden selbst am virtuellen Reißbrett erstellen lassen. Sollte sich diese Technologie durchsetzen, muss Produktion nicht mehr in chinesischen Fabriken stattfinden, sondern quasi wieder vor der eigenen Haustür natürlich mit deutlich optimierten Transportkosten und deutlich weniger Risiken. Da Skaleneffekte ebenso unwichtiger würden, könnten Kleinunternehmer quasi aus der Garage zu Produzenten im Kleinformat aufsteigen, mit all den vielfältigen Innovationsmöglichkeiten, die aus einer solchen Demokratisierung der Produktion entspringen könnten. Weitere Ansätze für eine Dezentralisierung ergeben sich in der Energieerzeugung (viele kleinere, aber intelligent gesteuerte Heimkraftwerke statt Großkraftwerken, z.B. via Solar oder mit Blockheizkraftwerken, der Nutzung von Erdwärme und der EnergieSpeicherung z.B. in Form von Wasserstoff). 

 

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